Fast zum Schluss der Ratsversammlung am 23. Oktober wurde noch eine Vorlage aufgerufen, die ein Thema behandelt, das immer mehr Leipzigern auf den Nägeln brennt: der soziale Wohnungsbau. Konkret: Die Leipziger Fachförderrichtlinie für die Bewilligungsmiete sollte angepasst werden. Das ist die Miete, die Bewerber für geförderte Wohnungen in Leipzig zahlen, die einen Wohnberechtigungsschein vorweisen können. Bislang lag diese Bewilligungsmiete im Neubau bei 6,50 Euro.

Der Grund dafür, dass jetzt so eine Vorlage noch vor Jahresende notwendig wurde, liegt darin, dass die Landesförderung für den sozialen Wohnungsbau in Sachsen tatsächlich keine sozial verträgliche Miete für die Menschen mit niedrigen Einkommen ermöglicht. Das war schon vorher so, da reichte die Landesförderung für den sozialen Wohnungsbau lediglich dafür, die marktübliche Miete von 13 Euro/m² auf 7,20 Euro abzusenken.

Das ist ein Mietpreis, der gerade für Haushalte mit niedrigen Einkommen kaum bezahlbar ist. Weshalb Leipzig eine eigene Fachförderrichtlinie auflegte, die zusätzliche Gelder bereitstellte, um die Miete für neue gebaute Sozialwohnungen dann doch noch auf 6,50 Euro/m² zu drücken.

Aber das genügt nun im Jahr 2024 nicht mehr, wie das Amt für Wohnungsbau und Stadterneuerung in seiner Vorlage formuliert: „Anlass der Änderung der kommunalen Fachförderrichtlinie ist die Änderung der FRL gMW. Die ursprüngliche Fassung der kommunalen FFRL stellt zwar auf eine flexible Angebotsmiete ab, hat aber eine Anfangsmiete von 6,50 €/m² festgelegt. Nunmehr wird die Angebotsmiete, die Grundlage der Ermittlung der Zuschussberechnung ist, mit einer vom SMR festgelegten prognostizierten jährlichen Mietkostensteigerung bis zum Jahr der Bezugsfertigkeit erhöht.

Aufgrund der ohnehin steigenden Angebotsmieten ist eine Erreichung einer Anfangsmiete von 6,50 €/m² Wohnfläche nicht mehr realisierbar. Die neue Fassung der kommunalen FFRL formuliert deshalb auch die Höhe der Anfangsmiete offener, um auf zukünftige Änderungen flexibler zu reagieren.“

Das ist zumindest vorsichtig formuliert. Denn tatsächlich reicht die zur Verfügung stehende Geldsumme nicht mehr, um auf die 6,50 Euro zu kommen. Das Land geht sogar davon aus, dass 7,59 Euro für geförderte Wohnungen machbar sind. Aber das ist für viele Leipziger Haushalte jenseits von Gut und Böse. Was am 23. Oktober nicht nur Linke-Stadträtin Juliane Nagel deutlich machte. Mit der Leipziger Zusatzförderung ist nun bei den 2024 abzuschließenden Verträgen für neue Sozialwohnungsbauprojekte nur noch eine Quadratmetermiete von 6,90 Euro möglich.

Aber auch dafür muss die Leipziger Fachförderrichtlinie neu justiert werden. Denn sie hat ja 6,50 Euro je Quadratmeter zum Ziel.

Zwei sehr späte Änderungsanträge

Was jetzt die Linksfraktion auf den Plan rief, die gleich zwei Änderungsanträge stellte. Einer bezog sich schon auf die nächsten beiden Jahre: Die Stadt sollte schon mal genug finanzielle Mittel bereitstellen, um dann bei Förderverträgen die 6,90 Euro je Quadratmeter zu sichern.

Der zweite ging dann schon einen Schritt weiter: „Der Oberbürgermeister wird beauftragt, den städtischen Zuschuss so weit zu erhöhen, dass bei gleicher Anzahl an Wohnungen, wie in der Vorlage beschrieben, ein Mietpreis von 6,50 Euro realisiert werden kann.“

Um welche Summe es sich da handeln würde, konnte auch Baubürgermeister Thomas Dienberg nicht sagen. Denn die Linksfraktion hatte beide Änderungsanträge erst am 23. Oktober in den frühen Morgenstunden eingereicht. Wie aber kann man über Anträge abstimmen, deren finanzielle Folgen nicht einmal bekannt sind?

Eigentlich gehörten beide Anträge deshalb in die Haushaltsverhandlungen der Stadt, stellte dann der SPD-Fraktionsvorsitzende Christopher Zenker fest und beantragte die Verweisung der Anträge ins Haushaltsverfahren. Da habe man so einen Antrag schon gestellt, warf die Linke-Fraktionsvorsitzende Franziska Riekewald ein. Jetzt ginge doch erst einmal darum, die 6,90 Euro/m² zu verhindern.

Thomas Dienberg erläuterte dann, warum das eben nicht ging – schon aus Zeitgründen nicht. Denn wenn Leipzig noch im Jahr 2024 alle verfügbaren Wohnungsbaufördermittel des Landes abrufen will (und die Zeit drängt!), dann lassen sich diese Mittel nur einsetzen, wenn am Ende eine Bewilligungsmiete von 6,90 Euro herauskommt. Das Problem: Wenn der Stadtrat 6,50 Euro/m² fordert, würden deutlich weniger Sozialwohnungen für dieses Geld gebaut werden können.

Die Wohnungsbaufördermittel reichen hinten und vorne nicht

Ein echtes Dilemma, in dem Leipzig schon seit Jahren steckt. Im Grunde seit neun Jahren, denn seitdem ziehen die Angebotsmieten in Leipzig unerbittlich an, wie auch Dienberg feststellte. Aber es entstehen viel zu wenige neue Sozialwohnungen. 2.200 müssten in Leipzig jedes Jahr neu entstehen, um den Bedarf zu decken. Tatsächlich wird nur eine Zahl von 200 bis 300 erreicht. Für mehr reichen die Landesfördermittel nicht.

Ein Punkt, der CDU-Stadtrat Karsten Albrecht auf den Plan rief, der in seiner Rede dann sehr seltsame Vorstellungen darüber äußerte, warum in Leipzig seit Jahren zu wenige Wohnungen neu gebaut werden. Für ihn sind Mietpreisbremse und Milieuschutzsatzung dafür verantwortlich. Da hat er wohl wirklich die falsche Rede aus der Tasche gezogen. Denn auch Dienberg bestätigte ja, dass in Leipzig nach wie vor Wohnungen gebaut werden – aber eben fast allein im hohen Mietpreissegment.

Wo es fehlt, das sind die neuen Sozialwohnungen. Und das ist übrigens deutschlandweit der Fall. Um den Bedarf zu decken, reichen die Dresdner Fördergelder nicht. „Und wir haben in den letzten Jahren immer alles abgerufen, was wir bekommen konnten“, so Dienberg.

Und genau deshalb wäre jetzt die Änderung der Fachförderrichtlinie so dringend, denn es gehe um Verträge, die alle noch im Jahr 2024 unterschrieben werden sollen, um die in diesem Jahr noch verfügbaren Fördergelder abrufen und wirklich einsetzen zu können. Auch wenn dann selbst mit der Leipziger Zusatzförderung am Ende 6,90 Euro/m² zustande kommen. Das läge freilich immer noch deutlich unter den aktuellen Leipziger Angebotsmieten, so Oberbürgermeister Burkhard Jung.

Zwei klare Voten

Ein saurer Apfel. Tatsächlich ging es am 23. Oktober nur über die Frage noch hin und her, ob die beiden Änderungsanträge der Linken ins Haushaltsverfahren verwiesen werden sollten oder nicht. Denn dort würden die Ratsfraktionen dann klären können – und auch müssen, wie viel Geld sie tatsächlich bereit sind, für die zusätzliche Förderung von neuen Sozialwohnungen einzusetzen.

Das Ziel steht ja weiter, 2025 und 2026 wieder eine Bewilligungsmiete von 6,50 Euro/m² anzuvisieren. Wie viel das den Stadthaushalt aber kosten wird, muss das Baudezernat noch ausrechnen. Und die Stadträtinnen und Stadträte müssen sich den Kopf zerbrechen darüber, ob sie diese Gelder bewilligen.

Sodass es am Ende eine recht klare Entscheidung der Ratsversammlung war, die beiden Änderungsanträge der Linken mit 54:6 Stimmen ins Haushaltsverfahren zu verweisen.

Und auch die Verwaltungsvorlage, die noch im Jahr 2024 abzuschließenden Verträge mit einer Zielmiete von 6,90 Euro/m² zu bewilligen, bekam mit 50:10 Stimmen ein klares Votum. Hier war es nun ausgerechnet die CDU-Fraktion, die dagegen stimmte, gefangen in ihrer Vorstellung, es müsste einfach nur genug gebaut werden, dann wären die Sozialmieten auch kein Problem.

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