Die heftigen Nachrichten von den Überschwemmungen in der spanischen Stadt Valencia dieser Tage zeigen einmal mehr, wie stark die Veränderungen sind, die mit der Klimaerwärmung auch auf Europa zukommen – mit Extremwetterereignissen, auf die europäische Städte allesamt nicht vorbereitet sind. Auch Leipzig nicht. Und die Bilder zeigen auch, wie dringlich die Anpassung der Städte an das extremere Klima ist. Aber wo steht Leipzig da eigentlich? Das wollte die Grünen-Fraktion im Stadtrat gern wissen.
„Die Hitzetage und Starkregenereignisse dieses Jahres zeigen, wie notwendig umfassende Klimaanpassungsmaßnahmen sind. Mit der Erarbeitung eines Gesamtkonzepts sowie eines Sofortmaßnahmenprogramms auf Initiative der bündnisgrünen Ratsfraktion sowie weiteren Einzelmaßnahmen und Förderrichtlinien hat sich die Stadt bereits auf den Weg gemacht. Weitere Maßnahmen wie eine Förderung von Entsiegelung und Begrünung sind noch nicht umgesetzt“, stellte die Grünen-Fraktion in ihrer Anfrage fest.
Und wurde dann deutlicher: „Die einzelnen Maßnahmen bergen dabei einen erheblichen Kostenaufwand, der nicht allein durch die Kommune zu finanzieren ist. Dem tragen EU, Bund und Freistaat durch eine Förderung von Klimaanpassungsmaßnahmen zunehmend Rechnung. Hierbei ist fraglich, in welchem Umfang diese Förderangebote für kommunale Projekte genutzt werden.“
Dazu fragte am 23. Oktober in der Ratsversammlung der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Dr. Tobias Peter, nach. Aber er staunte auch, dass eines der wichtigsten Förderprogramme der Stadt zum Klimawandel mittlerweile stark überzeichnet ist. Das betrifft die Förderung von Gründächern.
„Die Gründachförderrichtlinie wird optimal, in dem Sinne, dass die bereitgestellten Mittel in Höhe von 500.000 EUR ausgereicht werden, in Anspruch genommen“, hatte das Amt für Umweltschutz direkt zur Gründachförderrichtline geantwortet. Manchmal braucht die Umsetzung eines Programms einfach Zeit. Das passt nicht immer zu den engen Haushaltsvorgaben einer Stadt, die ihre Ausgaben zum Jahresende abrechnen muss.
Mittlerweile ist die Gründachförderung sogar überzeichnet, bestätigte Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal am 23. Oktober.
Das Umweltschutzamt hatte es so formuliert: „In der Gründachförderung ist das Antragsvolumen höher als die bereitgestellten Mittel in Höhe von 500.000 EUR. Nach derzeitigem Stand werden vsl. weitere 200.000 EUR benötigt. Die zusätzlich erforderlichen Mittel werden aus den für Entsiegelung und Hofbegrünung vorgesehenen Mitteln in die Gründachförderung übertragen. Die Förderung von Projekten zur Entsiegelung und Hofbegrünung konnte noch nicht erfolgen, weil die Anpassung der Fachförderrichtlinie noch nicht beschlossen worden ist.“
Womit man einen weiteren Grund dafür hat, warum so viele vom Stadtrat beschlossene Programme trotzdem nicht zeitnah umgesetzt werden: Es braucht fast immer erst auch eine beschlossene Fachförderrichtlinie.
Warten auf das Klimaanpassungskonzept
Wobei das wichtigste Konzept zur Leipziger Klimaanpassung ja sogar noch fehlt: Eigentlich sollte das Klimaanpassungskonzept schon Ende 2023 vorliegen. Das wird aber doch erst 2025 kommen. Doch es erweist sich als genauso komplex wie die künftige Wärmeplanung oder das Thema wassersensible Stadt. Alles Themen, mit denen sich Leipzig bis 2019, bis zur Ausrufung des Klimanotstands nicht wirklich beschäftigt hat. Und entsprechend lange dauert es, Konzepte zu entwickeln, mit denen wirklich gearbeitet werden kann.
Auch wenn Heiko Rosenthal betonte: „Wir arbeiten ja.“
Denn statt eines Klimaanpassungskonzepts bekam die Stadt erst einmal ein Sofortprogramm zur Klimaanpassung mit 17 verschiedene umsetzbaren Maßnahmen, die sofort angepackt werden konnten und für die es oft genug auch Fördergelder von Bund oder Land gibt. Die entsprechende Liste, wie die Fördermittel abgerufen werden konnten, reichte das Amt für Umweltschutz mit aus.
Und sie zeigt eben auch, dass Leipzig bei manchen Leuchtturmprojekten auch eine Absage erhielt – so beim „Aufbau eines Forums zur Entwicklung der Leipziger Auenlandschaft“ auf Schlobachshof, das immerhin 11,6 Millionen Euro kosten sollte. Oder bei der überfälligen Sanierung des Schwanenteichs 2022, die 1,3 Millionen Euro kosten sollte.
Bei einem anderen Punkt war selbst Rosenthal überrascht. Denn nachdem Leipzig jahrelang die Neupflanzung von Straßenbäumen stets aus eigener Kasse bezahlen musste, gab es erstmals 1,6 Millionen Euro Förderung für das Pflanzen neuer Straßenbäume. Ein Thema, das ja alle Kommunen kennen, die mittlerweile mit sommerlichen Hitzeperioden zu kämpfen haben.
Im Sofortprogramm waren vor allem Maßnahmen versammelt, an denen die Stadt sowieso schon arbeitete – wie das Projekt „Lebendige Luppe“ mit Zschampert und Burgauenbach. Oder die Wiederherstellung des Gewässersystems im Schlosspark Lützschena, die allein 3,3 Millionen Euro kostet.
Offene Frage: Was kostet das? Und wie viel Personal braucht man dazu?
Wobei Tobias Peter vermutete, dass die Stadt gar nicht alle verfügbaren Fördertöpfe in Anspruch nimmt. Was Heiko Rosenthal mehr oder weniger bestätigte – aber auch betonte, dass man auch zur Auffindung der richtigen Förderprogramme Leute braucht, die dann auch die fachlichen Anträge stellen. Leute, die auch im Umweltschutzamt fehlen.
Das wird mit der Erstellung des Klimaanpassungskonzeptes auch wieder aktuell werden, wie das Amt für Umweltschutz formulierte: „Im Dez. III wird derzeit im Rahmen eines Förderprojektes ein Klimaanpassungskonzept für die Stadt Leipzig erarbeitet. Im Rahmen dieses Projektes soll auch untersucht werden, inwieweit der Klimaanpassungsprozess verstetigt werden kann und optimiert werden muss.“
Das Ende des letzten Satzes muss natürlich so formuliert wurden: „(…) inwieweit der Klimaanpassungsprozess verstetigt werden muss und optimiert werden kann.“ Denn dass sich Leipzig an die kommenden Klimaextreme möglichst anpassen muss, dürfte inzwischen keine Frage mehr sein. Und es kann durchaus sein, dass es dafür mehr Personal braucht, das sich genau darum kümmert. Auch wenn es – verstreut über verschiedene Dezernate – heute vielleicht schon existiert.
Oder mit den Worten des Amtes für Umweltschutz: „Maßnahmen der Klimaanpassung sind in der Regel keine grundlegend neuen Maßnahmen, vielmehr handelt es sich um die Intensivierung, Modifizierung oder Reduzierung von bereits laufenden Maßnahmen, Projekten oder Prozessen. Zu nennen sind bspw. Stadtplanung, Grünplanung, Gesundheitsvorsorge oder Katastrophenschutz. Somit sind oftmals bereits Strukturen der Zusammenarbeit mit üblicherweise einem federführenden Amt etabliert.
Um den Anforderungen der Klimaanpassung ggf. besser gerecht zu werden, gibt es in einzelnen Handlungsfeldern ämterübergreifende bzw. über die Stadtverwaltung hinausgehende Koordinierung. Zu nennen sind das Lenkungsnetzwerk wassersensible Stadtentwicklung oder der Koordinierungskreis Gesundes Leipzig.“
Das Klimaanpassungskonzept sollte diesen Personalbedarf an auch schon benennen – und natürlich die Kosten für alle notwendigen Maßnahmen, die Leipzig wappnen für eine Zukunft der zunehmenden Wetterextreme.
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Wenn ich das letzte Dilemma zum Thema Sturzregen in der Südvorstadt Revue passieren lasse, frage ich mich, wann endlich eine Förderung von Regenwasserzisternen das Licht der Welt erblickt.
Aber vermutlich ruht man sich auf dem regulatorischen Zwang aus, dass bei jedem Neuanschluss Regenwasser auf dem Grundstück versickert werden muss.
Nur – was ist mit der zahlenmäßig größeren Anzahl an Bestandsgrundstücken?
Was könnte man für Regenwassermengen sparen, die nicht über die Kanalisation transportiert werden müssten.