Die Arbeitsgemeinschaft Frauenprojekte Leipzig hat die Stadt Leipzig per Petition dazu aufgefordert, mehr für den Schutz von Frauen und Kindern vor Gewalt zu unternehmen. Sie präsentierte dafür sechs konkrete Punkte. In der Ratsversammlung am Mittwoch, dem 23. Oktober, stimmte der Stadtrat aber nur für eine allgemein gehaltene Formel – immerhin einstimmig.

„Leipzig entwickelt das Hilfesystem des Gewaltschutzes im Zusammenwirken mit dem Freistaat Sachsen bedarfsgerecht weiter“, heißt es im Beschlussvorschlag, den der Petitionsausschuss vorgelegt hat.

Unter der Überschrift „Istanbul-Konvention endlich umsetzen!“ hatten die Petentinnen unter anderem gefordert, Frauenhäuser und Beratungsstellen angemessen auszustatten, eine Gesamtstrategie gegen häusliche Gewalt zu entwickeln und einen kostenfreien Rechtsanspruch auf Schutz und Hilfe zu gewährleisten.

Stadt sieht Zuständigkeit vor allem beim Bund

Bei vier der sechs Forderungen liegt die Zuständigkeit aus Sicht der Verwaltung nicht bei der Stadt Leipzig, sondern beim Bund. Generell verfüge Leipzig über ein „differenziertes und gut aufgestelltes Hilfesystem für Gewaltbetroffene“, heißt es in einer Stellungnahme. Die Zahlen, die die Stadträtinnen Beate Ehms (Linke) und Pia Heine (SPD) in der Ratsversammlung präsentiert haben, sprechen allerdings eine andere Sprache.

Demnach mussten im vergangenen Jahr in den Leipziger Frauenhäusern mehrere hundert Personen abgewiesen werden, weil die Kapazitäten erschöpft waren. Mehr als 1.000 Personen, die Beratungen wünschten, konnten diese nicht erhalten. Dass in vielen Fällen der Bund gefragt ist, sei richtig, sagte Ehms. Das von vielen bundesweiten Verbänden geforderte Gewalthilfegesetz müsse endlich kommen.

Deutschland seit 2018 völkerrechtlich in der Pflicht

Bei der „Istanbul-Konvention“ handelt es sich um einen völkerrechtlichen Vertrag, der im August 2014 in Kraft getreten ist. In Deutschland gilt er seit Februar 2018. Die Bundesrepublik ist demnach verpflichtet, erforderliche Maßnahmen zu ergreifen, um Menschen vor häuslicher Gewalt und sexualisierten Übergriffen zu schützen.

Die Realität sieht aber anders aus: Laut Diakonie werden in Deutschland etwa 21.000 Plätze in Frauenhäusern benötigt – vorhanden ist aber lediglich ein Drittel davon. Ob die Ampel in ihrem verbleibenden Jahr noch ein Gesetz auf den Weg bringen wird, ist ungewiss. Einmal mehr könnte es an der Finanzierung scheitern.

SPD-Stadträtin Heine wünscht sich, dass sich Leipzig nicht nur auf den Bund verlässt und das Thema Gewaltschutz in den Beratungen für den kommenden Leipziger Doppelhaushalt eine Rolle spielen wird.

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