Das wird möglicherweise noch Ärger geben, auch wenn nur zu verständlich ist, dass die Stadtwerke Leipzig jede Möglichkeit in Betracht ziehen, Leipzig künftig mit Wärme zu versorgen, wenn die Stadt ab 2038 auf fossile Energieträger verzichten will. Denn im Wärmeplan der Stadt steht auch noch ein geplantes Biomasse-Heizkraftwerk, dessen Umweltbilanz gar nicht so toll aussieht. Das Problem fängt schon mit der Biomasse an, wie Lioba Brandt in einer Einwohnerfrage deutlich gemacht hat.

„Aus der Internetseite ‘Wärme für Leipzig’ geht hervor, dass für 2035 ein neues Biomasse-Heizkraftwerk geplant ist. Gleichzeitig ist es das erklärte Ziel der Stadtwerke und der Stadt Leipzig, die Bürger/-innen bis 2038 klimaneutral mit Wärme zu versorgen“, schrieb sie in ihrer Einwohneranfrage.

„Laut Umweltbundesamt ist Biomasse nach aktuellen Erkenntnissen eine ökologisch nachteilige Wärmequelle: Wenn Holz als Energieträger genutzt wird, wäre es nur dann als klimaneutral anzusehen, wenn die gleiche Holzmenge unmittelbar und zeitnah nachwächst. Dies ist aber angesichts des langsamen Wachstums der Bäume eine falsche Annahme, zumal unter gegenwärtigen Bedingungen, wo jede zusätzliche CO₂-Emission die Klimakatastrophe verschärft.“

Was nun einmal auch bedeutet, dass spätestens mit Planung des Kraftwerks die Frage aufkommt, woher denn die ganze Biomasse kommen soll? Aus dem Leipziger Auwald wohl eher nicht. Und von Leipziger Ackerflächen wohl auch nicht.

Dennoch halte die Stadt an diesem Baustein zur Wärmewende fest, erklärt jetzt das Referat für Nachhaltige Entwicklung und Klimaschutz in seiner Antwort.

„Der Stadtrat der Stadt Leipzig hat beschlossen, dass bis 2038 eine klimaneutrale Versorgung mit Wärme erfolgen soll (Beschluss RV 09.02.2022: VII-A-02889-VSP-02). Um diese Ziele in dem engen Zeitplan zu erfüllen, ist es notwendig technologieoffen alle Optionen zu prüfen und zu nutzen. Ein Anschluss einzelner Technologien wird in der aktuellen, frühen Prüfphase nicht erfolgen“, heißt es da.

„Nach den aktuellen Arbeitsständen aus der kommunalen Wärmeplanung werden für die Bereitstellung von Fernwärme Erzeugungskapazitäten von mindestens 850 MW an Klimaneutraler Wärme erforderlich sein. In dem von der Anfrage referenzierten Ausbauplan ist Biomasse mit einem Anteil von rund 3 % (25 MW Wärmeleistung) enthalten.“

Aber warum unbedingt noch ein Biomasse-Kraftwerk?

„Die Einschränkung von Technologieoptionen für den Ausbau der Fernwärme ist nicht Bestandteil der kommunalen Wärmeplanung“, betont das Klimareferat.

Das aber auf die konkrete Nachfrage zu einem „ökologisch vertretbaren Biomasse-Potential hier oder im näheren Umfeld“ zugibt, dass das eigentlich noch niemand geprüft hat.

„Im Rahmen der kommunalen Wärmeplanung ist die Bedeutung von Biomasse noch in der Erarbeitung. In städtischen Randlagen ohne eine Anbindung an das Fernwärmenetz und ohne Nutzbare EE-Wärmepotenziale könnte Biomasse ein Element sein, um die städtischen Ziele bis 2038 zu erreichen. Die möglichen Biomassepotenziale werden im Rahmen der kommunalen Wärmeplanung aktuell bewertet“, erklärt das Klimareferat.

Wie diffus das Planungsfeld tatsächlich noch ist, wird dann in der Antwort auf die letzte Frage zur Betriebsintensität eines möglichen Biomasse-Kraftwerks deutlich. Soll es das ganze Jahr laufen oder nur in kalten Spitzenzeiten im Winter?

Hier wird noch deutlicher, dass das Biomasse-Kraftwerk – unter mehreren Energie-Optionen – vorerst nur ein Prüffall ist: „Die Leipziger Stadtwerke erarbeiten aktuell eine Fernwärmeerzeugungs- und Beschaffungsstrategie. Für die Nutzung von Biomasse sind die Fördermöglichkeiten im Rahmen der BEW mit zu berücksichtigen. Bei Wärmenetz mit einer Leitungslänge größer als 50 km sind maximal 2500 h/a. als Anlageneinsatz zugelassen.

Eine mögliche Option ist daher der Einsatz eines Biomasseheizwerkes als Spitzenlastkraftwerke in den Wintermonaten. Parallel werden aber auch Optionen für Seewärme, Tiefengeothermie, Biogas, industrielle Abwärme und Abwasserwärme u. ä. untersucht. Der Umfang des Einsatzes von Biomasse wird erst nach der Bewertung aller möglichen EE-Wärmeoptionen feststehen.“

Und dann dürften zumindest einige Stadtratsfraktionen sehr genau hinschauen, welche Bilanz ein Leipziger Biomasse-Kraftwerk tatsächlich hätte. Und ob sich dessen Bau überhaupt lohnt oder schon die Brennstoffbeschaffung zu einem Problem wird, das sich – da sich ja auch alle anderen Kommunen rund um Leipzig auf die Wärmewende vorbereiten – im Leipziger Raum nicht wird lösen lassen. Ist das nicht gelöst, dürfte das Biomasse-Kraftwerk im Stadtrat auf deutlichen Widerstand stoßen.

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Es gibt 2 Kommentare

@Christof,
Ach, daran scheiterte bisher eine sinnvolle östliche Anbindung des Stadions mittels Straßenbahn???
Über die bisherige Möglichkeit per Bahn kann man ja wirklich nur peinlich berührt den Kopf schütteln…

Es ist immer wieder erstaunlich, wie lange sich mach krude Idee in solch einer Stadtverwaltung halten. Die Stadtwerke hatten vor Jahren mal dieses Biomassekraftwerk ins Spiel gebracht und diese Idee anscheinend auf Grund der geänderten Situation schon selber beerdigt, aber jetzt will keiner solche Überlegung beerdigen. Ist wie mit der Idee aus der damaligen Olympiabewerbung Leipzigs am Stadionvorplatz als Hochwasserschutzanlage der Weißen Elster wieder zu ihrem vormaligen Verlauf entlang der Friedrich Ebert-Straße zu verhelfen. An dieser, durch die Hochwasserlamelle des Zwenkauer Sees überholten Idee, wird von Seiten der Stadtverwaltung immer noch fest gehalten, so das keine vernünftige Entwicklung von dieser Fläche mit einer Wendeschleife für die Straßenbahn, möglich wird.

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