Es ist etwas anderes, wenn man für Abrüstung und die Demilitatisierung eines Flughafens kämpft, wenn Frieden herrscht und die Staaten der Welt tatsächlich die Friedensdividende einsammeln können. Doch wenn man so etwas beantragt, während ein europäisches Land von einem imperialen Aggressor überfallen wurde und dringend jede militärische Unterstützung durch Waffen und Hilfstransporte brauchte, dann ist das nicht nur feige. Pazifistisch schon mal gar nicht, wie in der Stadtratsdebatte zu einem AfD-Antrag am 23. Oktober sehr deutlich wurde.

Die Untersagung militärischer Flüge auf dem Flughafen Leipzig / Halle war in der Vergangenheit schon mehrfach Thema im Stadtrat – unter anderem durch Anträge der Linksfraktion befeuert. Jedes Mal natürlich an Grenzen stoßend, denn so etwas kann der Leipziger Stadtrat nicht entscheiden. Der kann maximal beauftragen – was er nach einem Antrag der Linksfraktion im Juni übrigens wieder einmal getan hat –, dass der Oberbürgermeister sich dafür bei höheren Instanzen einsetzt, dass die militärische Nutzung am Flughafen Leipzig / Halle eingestellt wird.

Warum Leipzig hier keine Entscheidungsbefugnis hat, hat die Verwaltung zum Antrag der AfD-Fraktion – einmal mehr – erklärt: „Hierfür benötigt die Gemeinde eine einschlägige Entscheidungskompetenz. Vorliegend ist das weder zu Beschlusspunkt 1 noch 2 der Fall, da die Stadt Leipzig als Minderheitsaktionär an der MFAG lediglich 2,1 % der Aktien hält und im Aufsichtsrat mit nur einem Sitz vertreten ist. Dies versetzt sie bereits aktienrechtlich nicht in die Lage, die vom Antragsteller beantragten Beschlüsse umzusetzen.

Fehlt der Gemeinde, wie hier vorliegend, die dazu erforderliche Verbandskompetenz, so ist ein Antrag auf Aufnahme dieser Angelegenheit in die Tagesordnung zur Herbeiführung eines entsprechenden Beschlusses abzulehnen.

Zusätzlich ist der Flughafen Leipzig/Halle als Verkehrsflughafen des allgemeinen Verkehrs genehmigt. Verkehrsflughäfen sind grundsätzlich Teil der öffentlichen Infrastruktur der Bundesrepublik Deutschland. Analog zu Bundesautobahnen und dem öffentlichen Straßen- und Schienennetz, kann diese Infrastruktur auch durch die Bundeswehr beziehungsweise durch NATO- und EU-Truppen genutzt werden. Der Anteil von Flügen mit militärischem 4 von 5 in Zusammenstellung 5/5 Hintergrund am Gesamtverkehr (76.008 Starts und Landungen) betrug 2021 0,13 % (96 Flugbewegungen). Der Flughafen Leipzig/Halle wird vordringlich für die zivile Nutzung genutzt.

Die gesetzlichen Grundlagen dafür wurden durch den Bundestag verabschiedet und die Flughafen Leipzig/Halle GmbH trägt nicht das Mandat, Flüge für bestimmte Nutzungszwecke auszuschließen, sofern diese von der Genehmigungslage zugelassen sind.“

Geschwurbel um eine „Kriegslage“

Aber die Debatte um den Antrag der AfD-Fraktion am 23. Oktober trug auch dazu bei, noch einmal zu klären, worum es eigentlich geht. Dass sich die Lage nämlich seit 2022 dramatisch geändert hat. Und das benannten unter anderem FDP-Stadtrat Sven Morlok und SPD-Fraktionsvorsitzender Christopher Zenker sehr deutlich: Der russische Machthaber Wladimir Putin hat ein friedliches Land überfallen lassen, hat öffentlich dessen geplante Auslöschung betont und seither massive Kriegsverbrechen zugelassen.

Eine Tatsache, die der AfD-Antrag geradezu verschleiert hat mit der faulen Formel eines „Krieges zwischen der Russischen Föderation und der Ukraine“.

Im ersten Antragspunkt wurde dann erst recht klar, worum es der russlandfreundlichen AfD-Fraktion tatsächlich ging: Der OBM solle „sich im Aufsichtsrat der Mitteldeutschen Flughafen AG dafür einzusetzen, dass aufgrund der bereits seit über zwei Jahren vorhandenen Kriegslage zwischen der Russischen Föderation und der Ukraine weder Gruppen von Soldaten noch für das Krisengebiet bestimmtes militärisches Material oder militärische Ausrüstung über den Flughafen Leipzig/Halle bewegt werden.“

Das ist die ganz klare Botschaft, dass die AfD die Unterstützung für die Ukraine unterbinden will. Kein Wunder, dass Christopher Zenker geradezu die Worte wegblieben. Und selbst CDU-Fraktionsvorsitzender Michael Weickert wurde deutlich: Mit Politik, die der Stadtrat zu entscheiden hat, hat das Ganze nichts zu tun.

Wenn man hier von „Frieden“ redet, obwohl man tatsächlich nur ein überfallenes Land im Stich lassen will, dann hat das auch mit Pazifismus nichts zu tun. Einem Pazifismus, dem dann auch BSW-Stadtrat Thomas Kachel das Wort redete und versuchte zu erklären, warum die BSW-Fraktion wohl mit der AfD-Fraktion stimmen werde. Mit keinem Wort ging er auf die Konsequenzen ein, die der AfD-Antrag tatsächlich hätte.

Deutschland ist schon lange betroffen

Als wäre „Frieden“ tatsächlich ein abstraktes Gut, das dann irgendwie eintritt, wenn man Militärflüge untersagt.

Doch so wurde auch ein Adolf Hitler nicht besiegt, merkte am Ende der Debatte auch Thomas Kumbernuß (Die PARTEI) an. Und das ist letztlich ja die Lehre aus der Geschichte, dass man Autokraten, die andere Länder überfallen, nicht dadurch besiegt, dass man sie um Frieden bittet, sondern indem man in den sehr, sehr sauren Apfel beißt und Waffen und jegliche mögliche Unterstützung in das überfallene Land liefert.

Wobei Christopher Zenker auch darauf hinwies, dass militärische Flüge auch für Lieferungen von Hilfsgütern eingesetzt werden. Und dass Deutschland ja tatsächlich längst Kriegspartei ist, wie es so oft kritisiert wird. Weil es ein überfallenes Land unterstützt. Und weil Putin längst auch einen hybriden Krieg gegen die Länder des Westens führt – auch gegen Deutschland. Mit Propaganda und Manipulation im Internet und massiven Angriffen auf die westlichen Infrastrukturen.

Man lässt ein überfallenes Land nicht im Stich

Letztlich war es trotzdem nicht falsch, dass über diesen AfD-Antrag diesmal so ausführlich debattiert wurde, denn die Debatte zeigte deutlich, dass der Antrag mit Friedensstiftung wirklich nichts zu tun hatte. Und die Hälfte des Antrags war reines Orakel: „Somit kommen den Versorgungs- und Logistikwegen militärische Relevanz zu. Sollte der Flughafen Leipzig/Halle also im Konfliktfalle als militärisches Drehkreuz dienen, ist es unter militärischen Gesichtspunkten nicht unwahrscheinlich, dass Leipzig zum Ziel militärischer Aktionen wird. Das gleiche gilt in Zeiten hybrider Kriegsführung für jeden anderen Konflikt in der Welt.“

Was genau dieser Punkt unterschlägt, ist, dass Putins hybrider Krieg längst stattfindet und seine Militärs und Geheimdienste keine Skrupel kennen, Infrastrukturen auch in Deutschland anzugreifen.

Und genau da steht das auf der Tagesordnung, was die Demokratie am Ende tatsächlich schützt: eine – leider am Ende sehr teure – Wehrhaftigkeit. Und eben – Christopher Zenker merkte es ja an – die Einsicht, dass man Aggressoren wie Putin nur mit militärischen Mitteln in die Schranken weisen kann. Von einer humanitären Unterstützung der Ukraine ganz abgesehen, die in vielen Fällen nun einmal auch mit militärischen Flügen vom Flughafen Leipzig / Halle stattfindet.

Das war dann auch ganz sichtbar die Haltung der Mehrheit im Stadtrat: Man lässt ein überfallenes Land wie die Ukraine nicht einfach im Stich und klebt dann das Etikett „Frieden“ drauf. Der AfD-Antrag wurde mit 46 zu 19 Stimmen bei einer Enthaltung abgelehnt.

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