Was soll man damit anfangen, wenn es eigentlich um die Abstimmung zu einer Petition geht, stattdessen aber ein CDU-Antrag aufgerufen und abgestimmt wird, der damit eigentlich nur wenig zu tun hat? So geschehen am 23. Oktober in der Ratsversammlung. Und weil statt der Petition der CDU-Antrag abgestimmt wurde, wurde die Petition 9.4 weder diskutiert noch zur Abstimmung gebracht. Aber irgendwie ist ja Bürgerbeteiligung alles eins, hat man hinterher den Eindruck.

Denn eigentlich ging es unter Punkt 9.4 der Tagesordnung um eine Petition mit dem Titel „Bürgerfreundlichkeit und Transparenz der Verwaltung/Runde Tische in der Verwaltung“. Eine Petition, hinter der vor allem der Frust des ungenannten Petenten stand, dass viele Petitionen im Petitionsausschuss einfach abgelehnt werden.

Die Petition „Bürgerfreundlichkeit und Transparenz der Verwaltung/Runde Tische in der Verwaltung“

„Die Grundeinstellung in den Verwaltungsstandpunkten zu Petitionen ist so gut wie immer, die Bürgeranliegen abzulehnen. Ich verstehe nicht, warum Verwaltung in Deutschland grundsätzlich so negierend sein muss?“, schrieb der Petent.

Und wünschte sich deshalb: „Mit der Petition wird gefordert, dass man für die verschiedenen Dezernate der Verwaltung wieder das einführt, was sich vom 09.10. bis 09.11.1989 bewährt hat: runde Tische, die allen Bürgerinnen und Bürgern offenstehen. Damit sollte eine Fehlerkontrolle möglich sein und die Kälte der Verwaltung gegenüber Bürgerinnen- und Bürgeranliegen aufgebrochen werden.“

Darüber wurde am 23. Oktober aber überhaupt nicht diskutiert. Dabei hätte es diese Petition verdient. Denn die Verwaltung hatte darauf nicht einmal ablehnend reagiert, sondern betont, das sei schon Verwaltungshandeln, die Runden Tische seien ganz und gar nicht vergessen.

Auch die Ablehnung von Petitionen wird begründet

Dass Petitionen generell von der Verwaltung abgelehnt werden, dem widerspricht die Verwaltung natürlich. Und begründet das in ihrer Stellungnahme, die vom Petitionsausschuss auch übernommen wurde: „Vielmehr bewertet die Verwaltung die vorgebrachten Sachverhalte aus einer fachlich-inhaltlichen Sicht, wie z.B. der Umsetzbarkeit oder grundsätzlichen Zuständigkeit. Sie gibt Empfehlungen zur weiteren Behandlung ab.“

Aber egal, was die Verwaltung zu den Petitionen schreibt: Die Entscheidungshoheit, ob die Petitionen angenommen werden, liegt im ersten Schritt beim Petitionsausschuss – der mit gewählten Stadträt/-innen aus allen Fraktionen besetzt ist. Der erarbeitet einen Beschlussvorschlag für die Ratsversammlung.

„Der Stadtrat als zuständiges Entschei­dungs­gremium muss diesen Empfehlungen nicht folgen. Er kann Petitionen unabhängig von der Verwaltungsmeinung bewerten und diesen zustimmen oder sie ablehnen, wie z.B. geschehen bei der Petition ‚Wegfall von Parkflächen Gutshofstraße in 04178 Leipzig‘ (VII-P-07059)“, betont die Verwaltung.

„Betrachtet man die einzelnen Verwaltungsstandpunkte zu den Anliegen des Petenten, ist eine grundsätzliche Ablehnung nicht erkenn­bar. Die Gründe für die Ablehnungen liegen insbesondere in der fehlenden Zuständigkeit der Stadt Leipzig, dem Verstoß gegen geltendes Recht oder sie stehen strategischen Beschlusslagen des Stadtrates entgegen.“

Und auch ablehnende Verwaltungsstellungnahmen erklären den Petenten, warum ihre Petitionen abgelehnt wird: „Dem Petenten werden so Informationen zur Verfügung gestellt, die der Öffentlichkeit in dieser Form nicht ohne Weiteres zugänglich sind.

Neben der inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem Anliegen wird dadurch in den Verwaltungsstandpunkten auch eine Transparenz für den Petenten bzw. die Öffentlichkeit bei den behandelten Themen hergestellt. Zur Transparenz trägt weiterhin bei, dass dem Petenten die Verwaltungsstandpunkte im Vorfeld der Behandlung im Petitionsausschuss zur Verfügung gestellt wurden.“

Die Sache mit den Runden Tischen

In der Stellungnahme erklärt die Stadt auch ausführlich, warum es das Format der Runden Tische nur 1989/1990 gab und geben musste. Denn für die Übergangszeit existierte ja kein gewähltes Gremium, das tatsächlich die Wählerinnen und Wähler in der Stadt repräsentierte. Das gibt es aber heute.

„Zudem existiert der Stadtrat als repräsentatives Gremium der Demokratie, das in Zusammensetzung und Arbeitsweise den Runden Tischen nahekommt. In diesen werden Vertreter von politischen Parteien entsendet. Die Wahl dieser Stadträte erfolgt durch die Bürgerinnen und Bürger nach demokratischen Grundsätzen. Die Sitzungen des Stadtra­tes sind öffentlich und können von den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort, aber auch via Livestream, ohne vorherige Anmeldung oder Registrierung beobachtet/verfolgt werden“, erläutert die Stadt.

„Die Grundsätze der Arbeit und Zusammensetzung des Stadtrates sind, im Gegensatz zum Format der Runden Tische, in der Sächsischen Gemeindeordnung sogar rechtlich bestimmt. Aus diesem Grund ist die inhaltliche Forderung des Petenten als bereits erfüllt anzusehen. Darüber hinaus gibt es bereits eine Vielzahl an themenspezifischen Beteiligungsformaten von Beiräten und Anhörungen bis hin zu Runden Tischen.“

Das heißt nun einmal: Über die regelmäßigen Wahlen sind die Bürger in all diesen Gremien repräsentativ vertreten, können also auch über ihre gewählten Vertreter Einfluss auf die Stadtpolitik nehmen. Was nicht heißt, dass ihre Wünsche tatsächlich erfüllt werden (müssen). Dem stehen oft genug Mehrheitsentscheidungen in der Ratsversammlung entgegen.

Und wie gesagt: Die Verwaltung entscheidet nicht über die Petitionen, sondern gewählte Stadträt/-innen. Die manchmal den Argumenten der Verwaltung folgen. Es aber nicht müssen.

Und genau aus diesem Grund hätte an dieser Stelle der Vorschlag des Petitionsausschusses zur Abstimmung und zur Diskussion stehen müssen. Aber tatsächlich bestätigte die Ratsversammlung an diesem Tag leider die Vermutungen des ungenannten Petenten und redete stattdessen nur über einen CDU-Antrag, der auf einmal die Petition völlig verdrängte, aber ein völlig anderes Thema behandelte.

Da hätte man sich schon einen Stadtrat gewünscht, der aufgestanden wäre und gesagt hätte: So geht das nicht. Was aber nicht passiert ist. Deswegen gibt es die Diskussion zu CDU-Antrag im nächsten Beitrag zur Ratsversammlung. Lediglich abgestimmt wurde der Beschlussvorschlag des Petitionsausschusses – der bekam  48:1 Stimmen bei 13 Enthaltungen.

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