Cannabiskonsumenten haben ein echtes Problem. Auch mit dem neuen Cannabisgesetz. Denn damit hört das Zeug ja nicht auf, gesundheitsschädlich zu sein, auch wenn es nun größtenteils entkriminalisiert ist. Aber im öffentlichen Raum darf es trotzdem nicht überall inhaliert werden. Da würde doch helfen, wenn die Stadt eine Karte malt, auf der alle Orte eingemalt sind, auf denen ungestraft getrötet werden darf. Fand zumindest die Linksfraktion. Eine Bubatzkarte.

Nix da, erwiderte deutlichst das Gesundheitsamt der Stadt. Schon das Definieren solcher Orte wäre eine heillos aufwendige Arbeit, ohne dass danach tatsächlich Rechtssicherheit hergestellt wäre.

„Der mit § 5 des Cannabisgesetzes (CanG) bezweckte Kinder- und Jugendschutz weist erhebliche Auslegungs- und Definitionsschwierigkeiten auf. So ergeben sich in der Rechtsanwendung für die Kommunen Schwierigkeiten zu bestimmen, welche Einrichtungen beispielsweise unter das Konsumverbot des § 5 Abs. 2 Nr. 3 (‚Kinder- und Jugendeinrichtungen‘ oder des § 5 Abs. 2 Nr. 4 („öffentlich zugängliche Sportstätten) fallen. Sind es nur öffentlich geförderte und/oder betriebene Angebote oder auch private Angebote?

Noch größere rechtliche und faktische Probleme ergeben sich in Bezug auf die Beurteilung der Abstandsregelung (Abstand von mehr als 100 Metern vom Eingangsbereich). Es ist nicht genau festgelegt, wo der 100 m Radius beginnt oder endet: Sind Sichtachsen vorhanden oder nicht, bestehen Barrieren in Form von Mauern etc.?

Eine zutreffende, rechtssichere Handhabung und Durchsetzung des Konsumverbotes nach § 5 CanG ist damit schwierig. Dies gilt auch für die korrekte Darstellung in einer ‚Bubatzkarte‘“, stellt das Gesundheitsamt fest. „Es ist durch die Stadt Leipzig deswegen faktisch nicht leistbar, eine tag- und punktaktuelle und damit 100 % Rechtssicherheit und Rechtsverbindlichkeit bietende ‚Bubatzkarte‘ zu erstellen und zu unterhalten.“

Geahndet wird sowieso nur im Einzelfall

Und eine Notwendigkeit für eine stadteigene „Bubatzkarte“ werde auch deshalb nicht gesehen, weil „bereits jetzt verschiedene Kartenangebote und Apps privater Anbieter existieren, die als Orientierung für einen mündigen und verantwortungsvollen Umgang genutzt werden können. Eine größere Genauigkeit und verbindliche und verlässliche Aktualität kann aufgrund der vorgenannten Ausführungen auch nicht durch eine stadteigene Karte erreicht werden. Zudem begründet sich auch aus dem CanG für die Kommunen kein Rechtserfordernis, eine solche Karte zu erstellen.“

Wobei gar nicht solche Karten über das Einschreiten der Ordnungskräfte entscheiden: „Das Einschreiten der Vollzugsbeamten basiert im Übrigen immer auf Einzelfallentscheidungen, die den konkreten Fall und die Umstände genau in den Blick nehmen und berücksichtigen.“

Wer sich eine Tüte ansteckt, sollte also selbst wissen, was er da tut, und nicht immer darauf warten, dass der Staat alles regelt. Ein bisschen Eigenverantwortung sollte schon noch wach sein.

Nicht noch mehr Schilder

In seiner kurzen Rede zum Antrag der Linken merkte deren Stadtrat Michael Neuhaus dann auch noch an, dass die ganzen Regeln sowieso widersprüchlich sind, erst recht, wenn man sie zu den Regeln für Tabak- und Alkoholkonsum vergleiche. Natürlich sind wir eine Gesellschaft voller Süchte, in der eine Reihe von Leuten ihre Sucht nicht in Griff haben.

Aber mit der Ausschilderung immer neuer Verbotszonen kommt man dem nicht bei, stellt das Gesundheitsamt fest: „Die Orte des Verbots des Cannabiskonsums ergeben sich direkt aus dem CanG. Eine nochmalige Ausschilderung – etwa auf Spielplätzen oder Schulen – ist damit nicht erforderlich und es können auch aus rein faktischen Gründen nicht alle gesetzlichen Verbote nochmals ausgeschildert werden, da man dann sprichwörtlich den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen würde.

Zum anderen ist – anders als beim Cannabiskonsum – ein Verbot des öffentlichen Konsums von Alkohol und Nikotin (zum Beispiel an Spielplätzen) rechtlich nicht untersetzt. Einer wie auch immer gearteten Information mit dem Ziel des Unterlassens des öffentlichen Alkohol- und Tabakkonsums durch die Stadt Leipzig fehlt mithin schon die Rechtsgrundlage.“

Das klingt geradezu nüchtern nach all den wilden und abgedrehten Debatten um die Cannabis-Legalisierung. Aber Neuhaus sah dann doch ein, dass man die Stadt nicht noch weiter zum Hüter ihre bekifften Kinder machen kann. Er zog den Antrag zurück.

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