„Auf Leipziger Flur gibt es bislang 4 Naturschutzgebiete mit gesamt 407 ha, sowie 5.435 ha Landschaftsschutzgebiete, bei einer Gesamtfläche von 29.760 ha, wovon 16,8 Prozent der Fläche Leipzigs Wohnbaugebiet sind“, stellte die Grünen-Fraktion in einer Anfrage zur Ratsversammlung am 22. Mai fest. Aber das ist natürlich viel zu wenig. Und die Stadt arbeitet ja an der Ausweisung neuer Schutzgebiete. Aber wie lange soll das denn dauern, wollte Grünen-Stadtrat Jürgen Kasek wissen.

„Die Schutzgebietskulissen für die 4 Naturschutzgebiete und Landschaftsschutzgebiete bedürfen dringend einer Überarbeitung und Anpassung. Das NSG Elster-Pleiße-Auwald wurde 1959 ausgewiesen und seitdem nicht angepasst“, hatten die Grünen in ihrer Anfrage festgestellt. Schon 2020 hatte ihre Fraktion die Vergrößerung des Schutzgebietes Elster-Pleiße-Auwald beantragt.

Vier Jahre und trotzdem keine Bewegung? Das zerrt nicht nur bei Jürgen Kasek an den Nerven.

„Ein Verschieben der Überprüfung und Anpassung in das Auenentwicklungskonzept für die Südaue, mit dem zeitlichen Horizont, dass dies vermutlich erst in den nächsten zehn Jahren erfolgt, erscheint deutlich zu lang, gerade vor dem Hintergrund, dass – siehe RB TV Compound-Fläche – auch weiterhin Baumaßnahmen im und am Wald genehmigt werden“, hieß es im Grünen-Antrag. „Die Ausweisung der NSG Burgaue stammt von 1998. Hinzu kommt, dass viele Schutzgebiete nicht ausreichend ausgewiesen und durch teils fehlende Beschilderungen in der Bevölkerung nicht komplett bekannt sind.“

Die Seite www.leipziger-auwald.de liste einige Schutzgebietsverordnungen auf, aber nicht alle und werde zudem, obwohl sie ein fachlich herausragendes Angebot enthalte, seit 2016 nicht mehr gepflegt oder aktualisiert.

„Eine zentrale Seite für den Leipziger Auwald und seine Bedeutung fehlt damit. Vor diesem Hintergrund sollte auch ein Auwaldkommunikationskonzept erstellt werden“, fanden die Grünen.

Im Elster-Pleiße-Auwald. Foto: Tilly Domian
Im Elster-Pleiße-Auwald. Foto: Tilly Domian

Das Amt für Umweltschutz hatte zumindest tröstend geantwortet: „Aktuell befinden sich zwei Schutzgebiete in Bearbeitung: das Naturschutzgebiet ‚Bläulingswiesen und Vorholz bei Holzhausen‘ (Neuausweisung) sowie das aus DDR-Recht übergeleitete Landschaftsschutzgebiet ‚Nördliche Rietzschke‘ (Rechtsanpassung und Erweiterung). Die Neuausweisung des Naturschutzgebiets ‚Bläulingswiesen und Vorholz bei Holzhausen‘ ist 2024/2025 angedacht, die Rechtsanpassung und Erweiterung des Landschaftsschutzgebiets ‚Nördliche Rietzschke‘ in 2026/2027.“

Vertrösten auf nach 2028

Mehr konnte am 2. Mai auch Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal nicht sagen. Die Ausweisung eines Naturschutzgebietes sei sehr arbeitsaufwendig und man brauche allein für diese zwei Verfahren zwei bis drei Jahre.

Und dabei hat sein Dezernat noch weitere Schutzgebietsausweisungen auf dem Tisch.

Das Amt für Umweltschutz zählte auf:

– Naturschutzgebiet „Elster-Pleiße-Auewald“ (Rechtsanpassung sowie ggf. Erweiterung)
– Landschaftsschutzgebietes „Östliche Rietzschke-Stünz“ (Rechtsanpassung sowie ggf. Erweiterung)
– Landschaftsschutzgebiet „Schönauer Lachen“ (Neuausweisung)
– Landschaftsschutzgebiet „Kolmberg“ (Neuausweisung)
– Naturschutzgebiet „Bienitz“ (Neuausweisung)

Da ist das Wunschprojekt der Grünen also mit dabei. Aber wann kommt das nur? Erst 2030, wie Jürgen Kasek besorgt nachfragte. Eine Frage, die Heiko Rosenthal diesmal verneinte. Er rechnet trotzdem mit einem Zeitraum „nicht vor 2028“.

Immerhin einen Trost hielt die Antwort des Umweltschutzamtes bereit: „Das Auenkommunikationskonzept ist derzeit in Erarbeitung und wird voraussichtlich bis Ende 2024 vorliegen. Im Anschluss daran wird es dem Stadtrat zum Beschluss vorgelegt.“

Das Konzept ist auch wichtig, damit viele Leipziger überhaupt erst einmal verstehen, warum die aktuelle Auenlandschaft nicht natürlich ist und hier in Zukunft umfangreiche Revitalisierungen passieren müssen. Immerhin gibt es dafür auch schon Daten: Das Auenentwicklungskonzept für die Nordaue soll nun 2025 endlich kommen, das für die Südaue 2027.

Wilde Wege sollen reduziert werden

Und an einem konkreten Projekt, Teile des Auwaldes besser zu schützen – auch gegen rücksichtslose Zeitgenossen, die ihre Trampel- und Mountasiunbike-Pfade mitten durch den geschützten Auwald schlagen.

Erst ein kleiner Trampelpfad, inzwischen ein breit ausgelatschter Weg mitten durch den Auwald. Foto: Ralf Julke
Erst ein kleiner Trampelpfad, inzwischen ein breit ausgelatschter Weg mitten durch den Auwald. Foto: Ralf Julke

Dazu hatten die Grünen gefragt: „Wie sieht die Stadt das Potenzial, Wege im Auwald zu reduzieren, um dadurch der Natur mehr Raum zu verschaffen?“

Und das Umweltdezernat beziehungsweise die Abteilung Stadtforsten arbeiten tatsächlich schon daran, hatte das Amt für Umweltschutz mitgeteilt: „Das Potenzial ist vorhanden. Häufig finden sich mehrere Wege parallel, bspw. ein Fahrradweg, ein Fußweg und ein Reitweg. Darüber hinaus haben sich viele illegale Trampelpfade etabliert bzw. werden auch weiterhin verstärkt angelegt, um diese beispielsweise für Mountainbike-Touren durch den Auwald zu nutzen. Seitens ASG, Abt. Stadtforsten wurde eine aktuelle Karte für den Auwald zu den vorhandenen Wald- und Reitwegen erstellt. Darauf aufbauend ist eine Prüfung des gesamten Wegesystems angedacht. Als mögliches Resultat dieser Prüfung kann es zu einem Rückbau oder einer Sperrung einzelner Strecken kommen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass sich ein Rückbau bzw. die Sperrung vorhandener und durch die Bevölkerung genutzter Wege in der Praxis häufig sehr schwierig gestaltet bzw. auf geringe Akzeptanz in der Bevölkerung stößt, weshalb derartige Maßnahmen zielgenau geplant und umgesetzt werden müssen.“

Da werden die beiden Auwaldranger eine Menge zu tun bekommen, die lernunwilligen Zeitgenossen darauf aufmerksam zu machen, dass diese ganzen wilden Wege im Auwald nichts zu suchen haben. Das Amt für Umweltschutz dazu: „Im Rahmen des Naturschutzgroßprojektes ‚Leipziger Auwald – Fluss-, Auen- und Stadtlandschaft zusammendenken‘ ist geplant, die vorhandene Fragmentierung zu reduzieren und eine gezielte Besucherlenkung und Wegekonzeption zu erarbeiten.“

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