Hat Leipzig keine attraktiven Plätze mehr, die eines Oberbürgermeisters würdig sind? Um den früheren Oberbürgermeister der Stadt Leipzig zu ehren, soll jetzt eine Teilfläche des Roßplatzes im Zentrum-Südost nach Dr. Hinrich Lehmann-Grube (1932 – 2017), dem ersten frei gewählten Oberbürgermeister nach der Friedlichen Revolution, benannt werden. Die entsprechende Neubenennung hat die Stadtspitze jetzt auf Vorschlag von Verwaltungsbürgermeister Ulrich Hörning auf den Weg gebracht.

In der Begründung heißt es: „Während seiner Amtszeit in Leipzig (von 1990 bis 1998, Anm. d. Red.) versuchte er, Probleme immer sachorientiert über Partei- und Fraktionsgrenzen hinweg zu lösen.“ Zusätzlich soll vor Ort eine Gedenktafel aufgestellt werden.

Hat Leipzig wirklich keine repräsentativeren Plätze, die diesen Namen tragen könnten? Mal abgesehen davon, dass der Rossplatzes schon durch die Bebauungspläne für den „Wilhelm-Leuschner-Platz“ radikal beschnitten wird. Seine Teile östlich der Grünewaldstraße, die einmal durch Panorama und Café Bauer geprägt waren, drohen völlig in Vergessenheit zu geraten. So wie durch die städtische Formulierung vom „Wilhelm-Leuschner-Platz“ auch die Geschichte des kompletten Markthallenviertels negiert wird.

Betroffen von der Umbenennung wäre jener Teil des Rossplatzes, auf dem sich heute der Mägdebrunnen befindet. Wenn der Stadtrat den neuen Namen beschließt, muss dieser zunächst im Amtsblatt veröffentlicht werden. Frühestens nach Ablauf eines Monats (Widerspruchsfrist) wird dieser verbindlich, teilt die Stadt mit.

Die Hausnummern Roßplatz 1, 2 und 3 blieben auch nach der teilweisen Umbenennung in Hinrich-Lehmann-Grube-Platz bestehen. Über eine Anfrage beim Amt für Statistik und Wahlen hatten Bürgerinnen und Bürger den neuen Platz-Namen vorgeschlagen. Welche anonymen Bürger das waren, die eine solche seltsame Platzbenennung vorgeschlagen haben, verrät die Vorlage des Dezernats Allgemeine Verwaltung nicht.

Noch drei Plätze sollen Namen bekommen

Die Stadtspitze hat mit dem Beschluss in dieser Woche zudem weitere Straßenumbenennungen auf den Weg gebracht. Unter anderem soll die bisher bereits im Sprachgebrauch als „Liviaplatz“ bezeichnete Fläche an der Kreuzung Liviastraße/Feuerbachstraße entsprechend benannt werden. Der Bürgerverein Waldstraßenviertel sowie der Stadtbezirksbeirat (SBB) Mitte setzen sich dafür ein.

Livia Virginie (Virginia) von Frege (1818 – 1891) war eine deutsche Sängerin, erklärt die Stadt kurz und trocken. Und unterschlägt, dass sie eine begnadete Sängerin war, die gemeinsam mit Clara Wieck im Gewandhaus auftrat und unter dem Dirigat von Felix Mendelssohn Bartholdy sang. Nur durfte sie als die Frau eines begüterten Leipziger Kaufmanns keine Sängerkarriere anstreben.

Für eine Platzbenennung brachten sich die Bürger auch beim künftigen „Mockauer Platz“ ein – der Fläche, die an Mockauer Straße, Kieler Straße und Beuthstraße angrenzt. Auf Initiative des Stadtbezirksbeirats Nordost wurden bei einem Ortsteilfest Namensvorschläge für die Platzfläche gesammelt. Hier kristallisierte sich die Bezeichnung „Mockauer Platz“ heraus. Weil der Name zudem bereits umgangssprachlich genutzt wird, soll er nun offiziell benannt werden.

Und einen Namen soll jetzt auch der Platz vor dem Förderzentrum Samuel Heinicke zwischen Karl-Siegismund-Straße und Prager Straße erhalten: Er soll nach Bertha von Suttner benannt werden. „Die Fläche ist aktuell unbenannt. Sie befindet sich direkt an der Prager Straße. Da Frau Suttner in Prag geboren wurde, kann hier ein direkter Bezug hergestellt werden. Damit eignet sich der Platz, um an dieser Stelle an Bertha von Suttner zu gedenken“, meint die Verwaltung.

Obwohl man bei Bertha von Suttner eher nicht an Prag denkt, sondern an ihre Rolle als Friedensaktivistin: „Benennung nach Bertha Sophia Felicita Freifrau von Suttner, die am 09.06.1843 in Prag geboren und am 21.06.1914 in Wien gestorben ist. Sie war Schriftstellerin und Pazifistin.

Sie war Vizepräsidentin des internationalen Friedensbüros und Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft der Friedensfreunde. Ihr bekanntestes Werk gegen den Krieg ist der Roman ‚Die Waffen nieder!‘ aus dem Jahr 1889. Im Jahr 1905 wurde sie als erste Frau mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet und damit für ihr weltweites Engagement für Frieden geehrt.“

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Es gibt 3 Kommentare

Gibt es denn keine Frau, die sich besonders um Gehörlose gekümmert hat? Das wäre an der Stelle doch die bessere Wahl. Bertha von Suttner ist eine wichtige Persönlichkeit. Sie wird zu Recht überall in der Republik mit Straßen und Plätzen geehrt. Aber eine Ehrung an der Stelle ehrt ja weniger sie als die Stadt Prag, wenn man sie dort nur ehrt, weil die Prager Straße dort lang führt.
Auf die Schnelle fallen mir zu dem Thema leider auch kaum Frauen ein. Claudia Winkler leitet bspw. seit vielen Jahren den Gehörlosenchor. Irmgard Merkt hat sich um das Thema Kultur und Inklusion sehr verdient gemacht und Renate Fischer hat viel zur Gebärdensprache beigetragen. Ihr verdanken wir übrigens auch die Wiederentdeckung des durch Nazis verboten Films “Verkannte Menschen” von 1932 über Gehörlose in der israelitischen Taubstummenanstalt Berlin-Weißensee.

Also ich finde die wunderschön an das Gründerzeitambiente angepasste Gestaltung des Liviaplatzes sollte doch eher hervorgehoben werden. Warum nicht “Roter Blumentopfprospekt”. Das wäre auch ein charmanter Hinweis darauf, dass hier im sog. Gutbürgerlichen Viertel endlich auch der Sozialismus einzieht. Hier gibt es sowieso viel zuwenig alternative Kunst. Ein paar flotte politische Sprüche an den kahlen Wänden würden dem reichen aber verschlafenen Viertel echt gut tun.

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