Nicht nur Christiane Gaida hat ein Problem. Die meisten Nutzer Leipziger Bürgersteige kennen das: Da parken nicht nur gern mal Autos, stehen Ausleihfahrräder herum, versperren Baustellen den Weg. Oft stehen auch noch die Mülltonnen aus den angrenzenden Häusern tagelang selbst auf schmalen Bürgersteigen. Das Durchkommen wird zum Hindernislauf. Oder zu einem unüberwindbaren Problem wie für Christiane Gaida.
Sie hat zur letzten Ratsversammlung eine sehr persönliche, aber auch sehr deutliche Einwohneranfrage gestellt:
„Sehr geehrte Damen und Herren, besonders als Rollstuhlfahrerin möchte ich gerne wissen, welche Regeln in der Stadt für Bürgersteige gelten. Zu oft erlebe ich, dass besonders Mülltonnen Bürgersteige so eng machen, dass ich nicht mehr durchkomme. Ich erhalte von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ordnungsamtes widersprüchliche Aussagen: Manchmal kümmern sich die Mitarbeiter des Mängelmelders um meine Meldungen. Die Kolleginnen vor Ort sagen mir, sie seien dafür nicht zuständig. Was stimmt denn jetzt? Welche Regeln gibt es? Wer ist für die Kontrolle der Einhaltung dieser Regeln zuständig?“
Die Fragen wurden auch beantwortet, wenn auch in aller Klarheit erst am 18. Oktober in der Ratsversammlung von Ordnungsbürgermeister Heiko Rosenthal. Die Antwort, die sein Dezernat vorher schriftlich gegeben hatte, stellte denn auch eine Aufzählung aller möglichen Vorschriften dar, mit denen auch Christiane Gaida nichts anfangen konnte.
Klare Regeln auch für Tonnen
Da hatte wohl ein Sachbearbeiter zu viel Angst, den Sachverhalt einfach deutlich klarzustellen. Denn natürlich ist das Leipziger Ordnungsamt auch dafür zuständig, das ordnungsgemäße Aufstellen von Mülltonnen zu kontrollieren. Und zwar nicht nur, ob die Tonnen so aufgestellt sind, dass sie den Verkehr nicht behindern – und dazu zählt auch der Verkehr der Menschen auf dem Fußweg.
Christiane Gaida hat völlig recht, wenn sie sich über Mülltonnen beschwert, die den Gehweg versperren. Und sie darf sich damit ans Ordnungsamt wenden. Heiko Rosenthal gab auch die entsprechende Service-Nummer gleich mit: 123 8888.
Denn wenn das Ordnungsamt von solchen Verstößen erfährt, muss es tätig werden und nimmt dann in der Regel Kontakt zu Hausbesitzer oder Hausverwaltung auf, damit der Missstand beendet wird. Eben, weil immer noch viel zu viele Eigentümer genau darauf keine Rücksicht nehmen.
Übrigens auch nicht auf die Dauer des Herausstellens der Tonnen. Denn überall im Stadtgebiet sieht man, dass die Tonnen oft tagelang auf dem Bürgersteig stehen. Auch das ist klar geregelt.
Das eigentliche Problem ist eher, so Rosenthal, dass auch die Kontrolle durch das Ordnungssamt nicht flächenhaft und regelmäßig passieren kann. „Dazu haben wir schlicht nicht die Leute.“
Das Ordnungsamt ist also zwingend darauf angewiesen, von den Bürgern Hinweise zu bekommen. Dann kann es zielgerichtet tätig werden. Meist reicht dann eine Klärung mit Eigentümer oder Hausverwaltung. Wenn es trotzdem wieder passiert, sind auch Ordnungsgelder möglich, so Rosenthal.
Noch viel zu viele Barrieren
Und parallel dazu ist die Stadt natürlich auch bemüht, die vielen Barrieren auf Leipziger Bürgersteigen zu beseitigen. Darauf ging dann Baubürgermeister Thomas Dienberg noch ein. Aber das ist eine Sisyphus-Aufgabe, denn dazu müssen nicht nur Gehwegborde abgesenkt werden und andere Bauhindernisse gerade für körperlich eingeschränkte Menschen beseitigt werden. Viele Bürgersteige sind auch viel zu schmal.
Und oft fehlen die nötigen Aufstellflächen für Mülltonnen, damit Passanten überhaupt noch durchkommen.
Die Stadt ist eben nicht barrierefrei gebaut worden. Und auch die Baustellen ärgern Dienberg, bei denen eben oft nicht an Fußgänger und andere Nutzer der Gehwege gedacht wird. Sie versperren oft einfach den Weg, ohne dass eine barrierefreie Umgehung geschaffen wurde.
Was dann aber auch wieder ein Zeichen für die Gedankenlosigkeit vieler Zeitgenossen ist, die nicht einmal daran denken, dass ihre Aufbauten für andere Menschen zu unüberwindbaren Hindernissen werden können.
Es gibt 3 Kommentare
Ich kann mich noch daran erinnern, daß die Müllabfuhr die Tonnen selbst herausgeholt und wieder weggestellt. Und heute werden die Tonnen nicht mal mehr dem Geweg an die Seite gestellt, sondern bleiben da stehen, wo sie vom Müllauto ‘abfallen’. Gern auch direkt am Bordstein.
Dafür fahren dann heute hunderte Hausmeisterdienste durch die Stadt hin und her, um in den Mehrfamilienhäusern die schwarzen Tonnen rauszustellen, dann wieder rein, die gelben Tonnen, die blauen Tonnen, die brauen Tonnen. Sehr sinnvoll…
Nicht nur die Hausbesitzer sind in der Pflicht auch die Müllabfuhr. Habe ich bei uns schon recht oft bemerkt, der Hausmeister stellt die vollen Tonnen ordentlich auf den Gehweg an den Zaun. Jeder, auch ein Rollstuhlfahrer kommt problemlos vorbei. Die Müllabfuhr kommt, entleert und dann stehen die Tonnen kreuz und quer auf dem Fußweg.
Das ist eigentlich relativ einfach. Wenn der Gehweg zu schmal ist, als dass nach Aufstellen von Mülltonnen die Mindestrestbreite verfügbar bleibt, dann müssen die Mülltonnen eben auf die Fahrbahn. Wäre generell besser, wenn dort entsprechende Flächen direkt dafür vorgesehen würden, anstatt die Fußwege zuzustellen und wieder mal die schwächsten Verkehrsteilnehmer zu behindern…