In Sachen Verkehrswende entfernt sich die Leipziger CDU-Fraktion immer weiter vom gemeinsamen Konsens, den die Stadtratsfraktionen 2018 gefunden haben. Damals beschloss der Leipziger Stadtrat das Mobilitätsszenario, mit dem systematisch die umweltfreundlichen Verkehrsarten ausgebaut werden sollen. Umgesetzt ist davon bislang kaum etwas. Und entsprechend voll sind Leipzigs Straßen, auf denen die Letzte Generation immer wieder mit Protesten blockiert.

Natürlich trifft diese Protestgruppe damit einen Nerv. Denn sie bringt die umweltschädlichste Verkehrsart auf Leipzigs Straßen zumindest zeitweise zum Stehen. Mit durchaus respektablen Ergebnissen, gerade im Berufsverkehr.

Schon im Januar kündigte der CDU-Stadtrat Uwe Rothkegel in der Leipziger Ratsversammlung den Konsens zur Mobilitätsstrategie 2030 auf. Eigentlich nur für sich. Aber augenscheinlich gilt diese Absage an das nachhaltige Mobilitätsszenario für die ganze CDU-Fraktion im Leipziger Stadtrat.

Zwei Anfragen

Deutlich macht das eine Anfrage von CDU-Stadtrat Michael Weickert, der hinter den umgesetzten neuen Radwegen am Ring geradezu verwandtschaftliche Verquickungen zwischen Verkehrsdezernat und Leipziger Verkehrsinitiativen vermutet.

Aber auch eine weitere Anfrage der CDU-Fraktion zeigt dieser Tage, dass man dort gern mit Ordnungsmitteln freie Fahrt für den Autoverkehr erzwingen würde. Erst recht, wenn widerborstige junge Leute sich auf dem Ring festkleben.

„Die Stadt München hat per Allgemeinverfügung zur präventiven Gefahrenabwehr Klimaproteste, die auf den Routen der Einsatz- und Rettungsfahrzeuge stattfinden, untersagt. Sowohl das Veranstalten von als auch die Teilnahme an Blockadeaktionen ist damit verboten. Der Aufruf zur Teilnahme an einer untersagten Versammlung ist strafbar. Die Teilnahme an einer verbotenen Versammlung kann mit einer Geldbuße von bis zu 3.000 Euro geahndet werden.

Auch in Leipzig fanden mehrfach Blockadeaktionen der selbsternannten ‚Letzten Generation‘ mit massiven Behinderungen des Straßenverkehrs statt.

Wir fragen an:
1. Welche Maßnahmen ergreift der Oberbürgermeister, um derartige Blockadeaktionen in Leipzig künftig zu verhindern?
2. Beabsichtigt der Oberbürgermeister auch für Leipzig den Erlass einer derartigen Allgemeinverfügung?
a. Falls ja, wann tritt diese in Kraft?
b. Falls nein, warum nicht?“

Was haben die Münchner tatsächlich verhängt?

Das wird Oberbürgermeister Burkhard Jung oder der zuständige Bürgermeister sicher alles in der nächsten Stadtratssitzung am 20. September beantworten. Aber schon der Inhalt der Anfrage stimmt nicht. Dazu genügt ein Blick auf die Münchner Allgemeinverfügung, die sich explizit nur auf den Zeitraum der Internationalen Automobilaustellung IAA bezieht, die vom 5. bis 10. September in München stattfindet und zu der die Letzte Generation eine Ballung von Protesten angekündigt hat.

„Die Landeshauptstadt München untersagt per Allgemeinverfügung zur präventiven Gefahrenabwehr Klimaproteste, die auf den Routen der Einsatz- und Rettungsfahrzeuge stattfinden, zuvor nicht beim Kreisverwaltungsreferat (KVR) angezeigt wurden und bei denen sich Teilnehmende fest mit der Fahrbahn verbinden“, heißt es in der Pressemeldung der Stadt München vom 25. August.

Schon darin sieht man diverse Einschränkungen des Verbots. Aber es ist auch zeitlich begrenzt. Das betont die Stadt München extra: „Die Allgemeinverfügung gilt mit dem heutigen Freitag ab 12 Uhr und ist bis vorerst zum Ablauf des 12. September 2023 gültig. Das entspricht dem von der ‚Letzten Generation‘ angekündigten Ende ihres Protestes in München. Dieser Schritt war angesichts massiver, nicht angezeigter Blockadeaktionen am gestrigen Tag zeitgleich an vielen Stellen in der Stadt und der Ankündigung der ‚Letzten Generation‘, ihre Aktionen bis 12. September weiterzuführen, notwendig, um Rettungseinsätze nicht zu gefährden.“

14 Blockadeaktionen gleichzeitig

Der Anlass für die Allgemeinverfügung war ein regelrechtes Blockadepaket in München am 24. August: „Anders als bei den bisherigen nicht angezeigten Protesten fanden gestern 14 nicht angezeigte Blockadeaktionen an verschiedenen Orten teils gleichzeitig statt. Ein Großteil davon mit Ankleben auf der Fahrbahn und Blockaden von bis zu 2,5 Stunden.“

Gerade die Ballung mehrerer Blockaden in Straßennetz sorgte auch dafür, dass die von der Letzten Generation vorgesehenen Freihaltungen für Rettungsfahrzeuge an mehreren Stellen nicht funktionierten. Die Stadt München sah sich also unter einem gewissen Handlungsdruck: „Die nicht angezeigten Blockadeaktionen gefährden dadurch Leib und Leben Dritter. Das wird dadurch verschärft, dass die aktuellen Protestformen im Vergleich zu früheren nicht angezeigten Blockaden mit deutlich mehr Personen und an deutlich mehr Orten parallel erfolgen.“

Ganz und gar nicht aber ist die Allgemeinverfügung in München dazu gedacht, die Aktionen der Letzten Generation generell zu verhindern.

Die Stadt München betont dazu: „Das KVR (Kreisverwaltungsreferat, d. Red.) betont ausdrücklich, dass es nicht darum geht, Versammlungen zu Klimaschutzmaßnahmen grundsätzlich zu verhindern. Die Allgemeinverfügung stellt hingegen klar, dass das Versammlungsrecht dort endet, wo Leib und Leben Dritter gefährdet sind.“

Die Anfrage der Leipziger CDU-Fraktion hat ganz eindeutig eine andere Intention. Unter anderem eben auch die, die Proteste gegen eine veraltete Verkehrspolitik möglichst ganz aus dem öffentlichen Verkehrsraum zu verbannen.

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