Es dauert noch ein paar Jahre, bis der ehemalige Bowlingtreff am Wilhelm-Leuschner-Platz tatsächlich zum neuen Naturkundemuseum umgebaut ist und wiedereröffnet wird. 2024 könnte die Baugenehmigung vorliegen, 2025 der Umbau beginnen. Aber was passiert mit dem Gebäude an der Lortzingstraße, in dem das Naturkundemuseum heute noch zu Hause ist? Das war eine Frage, die die Grünen zur letzten Stadtratssitzung umtrieb.
„Aufgrund des baulichen Zustandes des bisherigen Gebäudes und der personellen Ausstattung fristet das Naturkundemuseum, obwohl es 2021 den sächsischen Museumspreis gewann, ein Schattendasein“, hatten die Grünen in ihrer Anfrage festgestellt, wobei die Besorgnis, die Stadt könne das Gebäude einfach an irgendeinen privaten Investor verkaufen, überdeutlich wurde.
„Dabei beherbergt das Naturkundemuseum unter anderem die weltweit größte Sammlung von Tierpräparaten und Plastiken von Herman ter Mer, dem Vorreiter der modernen Dermoplastik.
Das jetzige Objekt wurde ursprünglich als Höhere Bürgerschule zwischen 1837 und 1839 durch Albert Geutebrück, einem Architekten des Klassizismus errichtet. Durch den Zweiten Weltkrieg sind ein Großteil der neoklassizistischen Gebäude zerstört worden.
Das Gebäude des derzeitigen Naturkundemuseums zählt zu den letzten neoklassizistischen erhaltenen Gebäuden in Leipzig und ist daher für die Architekturgeschichte äußerst wertvoll.
Gleichwohl befindet sich das Gebäude in einem äußert schlechten Zustand und bislang ist unklar, was nach dem Umzug des Museums geschehen soll. Bereits mehrfach mussten kurzfristig Maßnahmen umgesetzt werden, um das Gebäude vor einer Schließung aufgrund erheblicher Bau- und Brandschutzmängel zu bewahren.“
Ein klassizistisches Kleinod
Und in der Ratsversammlung am 5. Juli fragte Grünen-Stadträtin Annette Körner dann besorgt nach, wie die Stadt wirklich zu dem Gebäude an der Lortzingstraße steht. Denn immer wieder waberten in der Vergangenheit Gerüchte durch die Stadt, das Gebäude solle verkauft werden, wenn das Naturkundemuseum ausgezogen ist.
Aber OBM Burkhard Jung bestätigte, dass die Verwaltung daran nicht denkt, sondern das Gebäude im Bestand der Stadt halten will, auch wenn man noch nicht weiß, welche Nutzung es künftig bekommen soll. Ein Thema, das parallel bei der Volkshochschule auftaucht, die ja Ende der 2020er Jahre auch in ein neues Gebäude am Wilhelm-Leuschner-Platz umziehen soll.
In der Antwort aus dem Kulturdezernat wird auch noch beiläufig erwähnt, dass das Naturkundemuseum an der Lortzingstraße in diesem Jahr ein rundes Jubiläum feiert.
Die Antwort des Kulturdezernats zur Grünen-Anfrage „Gegenwart und Zukunft des Naturkundemuseums“
„Das Naturkundemuseum der Stadt Leipzig findet seit dem Jahr 1923 seine Heimstätte im Gebäude Lortzingstraße 3, welches in den Jahren 1837 bis 1839 als zweite Bürgerschule der Stadt Leipzig errichtet wurde. Bis in die Gegenwart ist es neben seiner Funktion als Bildungs- und Vermittlungsstätte auch seiner Aufgabe als regionales Archiv des Leipziger Naturraumes nachgekommen und beständig gewachsen. Spätestens seit Übernahme wichtiger Kulturgutbestände der Universität Leipzig, im Zuge der 3. Hochschulreform 1968, ist das Gebäude für einen modernen Museumsbetrieb mit Sammlungsdepot zu klein“, kann man da lesen.
„Mit dem Planungsbeschluss zum Umbau des Bowlingtreffs zum neuen Ausstellungshaus und Verwaltungssitz des Museums wurde eine Perspektive für diese Institution erarbeitet“, liest man da.
Auch wenn Burkhard Jung am 5. Juli bestätigte, dass man noch nicht wirklich weiß, was man mit dem alten Schulgebäude anfangen will.
Bis zum Umzug keine großen Investitionen mehr
Vor einer möglichen weiteren Nutzung muss es natürlich erst einmal grundständig saniert werden. Das steht heute schon fest, wie das Kulturdezernat miteilt:
„Das Gebäude Lortzingstraße 3 ist, bis auf die für den Museumsbetrieb notwendigen technischen Anlagen, weitestgehend unsaniert. Aufgrund von Mängeln im baulichen Brandschutz ist seit 2013 die Anzahl der sich gleichzeitig im Gebäude befindlichen Museumsbesucherinnen beschränkt. Für den Museumsbetrieb werden alle notwendigen brand- und sicherheitstechnischen Anlagen regelmäßig von den betreuenden Fachämtern geprüft, gewartet und deren Funktionsfähigkeit sichergestellt.“
Der kurzfristige Instandsetzungsbedarf konzentriert sich im Wesentlichen auf die, das Kulturgut schützende, bauliche Gebäudestruktur. „Eine umfangreiche Ertüchtigung des Gebäudes ist erst nach Auszug der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie der gesamten Sammlung wirtschaftlich und nachhaltig.“
Aber dass man hier ein architektonisches Kleinod besitzt und ganz bestimmt nicht hergeben sollte, das weiß man auch im Kulturdezernat: „Das von 1837 bis 1839 als Zweite Höhere Bürgerschule errichtete Gebäude Lortzingstraße 3 gehört zu den wenigen in Leipzig noch erhaltenen Bauwerken des bedeutenden Architekten Albert Geutebrück. Wichtige Zeugnisse seines Schaffens, wie die Universitätsgebäude am Augustusplatz (Augusteum, Fridericianum, Mauricianum) sind im Zweiten Weltkrieg zerstört worden. Das Gebäude Lortzingstraße 3 kann als ein kultur- und architekturgeschichtlich bedeutender klassizistischer Profanbau der Stadt Leipzig benannt werden.“
Da wird es jetzt natürlich spannend, welche möglichen künftigen Nutzungen für den alten Bau gefunden werden können. Und zwar solche – wie Burkhard Jung betont – die auch wirtschaftlich Sinn ergeben.
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Na, wenn das mal ne Schule war, könnte man ja auf die Idee kommen…!?