Der Ordnungsbürgermeister Heiko Rosenthal will den ambulanten Pflegediensten die Parkplatzsuche erleichtern. Deshalb hat er das Handwerkerheft auch für sie eingeführt. Die Stadtratsfraktionen zweifeln jedoch daran, ob er das gut gemacht hat. Hitzig wurde am Mittwoch im Stadtrat über den Antrag der CDU zum Thema debattiert.
Das sogenannte Handwerkerheft enthält jeweils 50 Ausnahmegenehmigungen zum Parken. Mit so einer Ausnahmegenehmigung dürfen die Pflegedienste dann zum Beispiel spontan im Parkverbot stehen bleiben. Das soll dazu führen, dass sie nicht mehr minutenlang nach einem Parkplatz an der Wohnung der Klient*innen suchen müssen und so ihre Arbeit erleichtert wird.
In der Praxis war es vor der Einführung des Handwerkerhefts auch für Pflegedienste oft der Fall, dass im Halteverbot geparkt wurde. Wenn es einen Strafzettel gab, musste den, wie auch bei DHL oder Amazon, der*die Mitarbeitende bezahlen.
Gut gemeint, aber schlecht gemacht
Im Oktober 2022 wurde das Handwerkerheft von der Dienstbesprechung des OBM auch für Pflegedienste geöffnet. Allerdings mit zahlreichen Einschränkungen: Für das Handwerkerheft muss eine Gebühr bezahlt werden. Außerdem können die Pflegedienste nur bis zu fünf Handwerkerhefte pro Jahr beantragen, unabhängig von ihrer Größe.
„Das macht keinen Sinn: Dass ein Ein-Personen-Betrieb mit einem 1.000-Personen-Pflegebetrieb gleichgesetzt wird und diese jeweils eine gleiche Anzahl von Ausnahmegenehmigungen beantragen können“, argumentiert Falk Dossin (CDU). „Bei dem einen sind das dann fünf Stück pro Person, bei dem anderen sind das 0,001 Stück pro Person.“
Außerdem forderte die CDU, dass eine Evaluierung nicht erst wie geplant nach zwei Jahren, sondern bereits nach einem Jahr erfolgen soll. Teil des Antrags waren auch Vorschläge zur Informierung der Pflegebetriebe, sowie die Möglichkeit einer elektronischen Beantragung. Die Fraktion Freibeuter ergänzte, dass auch nicht in Leipzig sitzende Pflegedienste das Handwerkerheft von der Stadt erhalten können.
„Herr Rosenthal, was können wir machen?“
Der Verwaltungsstandpunkt sprach jedoch eine andere Sprache. „Wir wollen die besten Möglichkeiten erreichen“, sagte OBM Jung. Es schien, als sind Stadtrat und Verwaltung sich im Grunde inhaltlich einig. Der rechtliche Rahmen der StVO verunmöglicht jedoch realitätsnahes und effizientes Handeln. In der StVO ist nämlich keine „Privilegierung der Pflegedienste“ so Heiko Rosenthal, möglich.
Die Forderung der CDU, das Handwerkerheft gebührenfrei anzubieten, sei rechtswidrig, so der Ordnungsbürgermeister. Eine Ausnahmegenehmigung könne nach Bundesrecht nicht ohne Gebühr erteilt werden. Auch wenn er nicht den „Spielverderber“ spielen wolle, sei da rechtlich keine andere Möglichkeit. Im Einzelfall würde schließlich immer eine Genehmigung erteilt.
Die Stadträt*innen machten viele konstruktive Vorschläge zur Lösung der komplizierten Situation. So wurden die Ausweisung gesonderter Parkplätze, eine Informationskampagne mit einem gratis Handwerkerheft, eine analoge Kontingentierung wie bei Handwerker*innen oder eine nur symbolische, kleine Verwaltungsgebühr vorgeschlagen.
Auch wurde betont, dass Pflegedienste im Gegensatz zu Handwerker*innen viel regelmäßiger ihre Klient*innen besuchen müssten und deshalb andere Regelungen nötig seien. Dekonstruktiv diskutierte Sven Morlok (Freibeuter), der als Problem der Situation der Pflege die Politik sah. Seiner Meinung nach sei der objektive Konflikt von Radwegen, die das Parken am Straßenrand verunmöglichten, Teil des Problems.
Schlussendlich wurden alle Punkte des Antrags einstimmig vom Stadtrat beschlossen. Da konnten Rosenthal und Jung nur noch ihre Hände ringen. Es bleibt zu hoffen, dass, wie Burkhardt Jung ankündigte, die Verwaltung die Vorschläge des Stadtrates lösungsorientiert prüft.
Linke fordert Handeln auf Landesebene
„Das Thema Pflege ist von hoher gesellschaftlicher Relevanz. Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht über diesen reformbedürftigen Sektor diskutiert wird. Die Verbesserung der Rahmenbedingungen auch der in der ambulanten Pflege Tätigen, ist ein wichtiges Anliegen auf allen politischen Ebenen“, leitete Dr. Volker Külow (Die Linke) seine Rede ein.
Deshalb beantragte Die Linke außerdem, dass die Stadt sich für landesweit einheitliche Regelungen einsetzen solle. Auch eine Prüfung, ob Modelle wie in Dresden oder Frankfurt mit dem Parkausweis „Sozialer Dienst“ und Gespräche mit Wohnungsanbietern über freie Parkplätze auch in Leipzig angewendet werden könnten.
„Im Koalitionsvertrag (in Sachsen) von CDU, SPD und Grüne (…) hieß es vollmundig (…): ‚Ambulante Pflegedienste wollen wir unterstützen und prüfen rechtliche Möglichkeiten zur Parkerleichterung für ambulante Pflegekräfte. (…) In der Antwort auf eine Anfrage der Landtagsabgeordneten Susanne Schaper hieß es aber lapidar: ‚Eine einheitliche landesweite Regelung zur Parkerleichterung für Pflegekräfte ist aus rechtlichen Gründen nicht möglich.‘ Wieso das in anderen Bundesländern, wie zum Beispiel Berlin, Hamburg und Nordrhein-Westfalen geht, erschließt sich unserer Fraktion nicht“, so Külow.
Es gibt 2 Kommentare
Also sorry, überall werden (vollkommen zu Recht!) Falschparker abgestraft, aber hier ist es dann wieder okay? Was soll der Mist denn?
Wenn man es einmal konsequent durchdenken würde, dann würde es nicht hunderte Pflegedienste geben, die sich in einem Viertel, teils in einem Haus, die Klinke in die Hand geben und damit zu erhöhtem (unsinnigen) Verkehr führen. Müsste man halt mal etwas Gehirnschmalz reinstecken. Solange es sich für Pflegedienste lohnt, die halbe Arbeitszeit im Auto auf den Weg zu den Klienten zu verbringen, läuft was schief.
Es wäre schon sehr viel getan, wenn es mehr Kurzzeitparkplätze gebe. Das würde der Pflege helfen und man müsste nicht über geduldetes Falschparken diskutieren, immerhin gibt es Gründe, weshalb eben nicht falsch geparkt werden sollte. Ziel kann letztlich nicht sein, dass man wegen der falschparkenden Pfleger*innen hinterher mehr Pflegefälle hat.