Das Thema Leipziger Garagenhöfe hatte in den letzten Jahren bereits des Öfteren für Diskussionen in der Ratsversammlung gesorgt. Der Hauptgrund dafür liegt darin, dass die Stadt Leipzig dringend Grundstücke benötigt, um den stetig wachsenden Bedarf an neu zu bauenden Schulen und Kitas abdecken zu können. Ging es zunächst darum, welche Garagengemeinschaften diesen Bauplänen weichen müssen, drehte sich die Diskussionen auf der heutigen Ratsversammlung (15.03.2023) um die Frage, wer denn den Abriss und das Entsorgen des Bauschutts bezahlen soll.

Insgesamt 2.397 Garagen an 18 Standorten sind von den Plänen der Stadtverwaltung betroffen. Bis ins Jahr 2030 sollen sie entweder direkt als Baugrundstück für den Schulneubau genutzt oder gegen geeignete Schulbaugrundstücke im Bedarfsgebiet eingetauscht werden.

Drei solcher Tauschpakete hat die Stadt bereits geschnürt. Es obliegt dann dem künftigen Eigentümer, ob die Garagen auf den betroffenen Arealen weiter bestehen bleiben können oder eben nicht.

Auf sieben bisherigen Garagenhöfen soll direkt gebaut werden. Mit den Areal am Schildberger Weg in Mockau-Nord betrifft das immerhin 554 Garagen. Das ist mit Abstand die größte Anlage auf der Liste, gefolgt von der Anlage in der Witzlebenstraße/Knöflerstraße in Gohlis-Nord mit 284 Plätzen.

Die erwähnten Tauschpakete wurden gepackt für die Grundschule Karlsruher Straße (betrifft 4 Garagenhöfe), das Gymnasium Philipp-Reis-Straße (betrifft 3 Garagenhöfe) sowie den Schulstandort Torgauer Platz (betrifft 4 Garagenhöfe).

Linke fordern Kostenübernahme durch die Stadt

Fakt ist, werden Garagen abgerissen und die Trümmer anschließend entsorgt, kostet das Geld. Die Frage ist nun, wer auf diesen Kosten sitzenbleibt. Die Fraktion Die Linke hat dazu eine klare Meinung. Sie brachte heute einen Antrag mit dem Titel „Keine Abrisskosten für Garagenpächterinnen und -pächter auch bei Grundstückstausch oder anderweitigem Eigentümerwechsel“ (VVII-A-07709-NF-04) zur Beschlussfassung ein.

Sie will damit die Garagenpächter von möglichen Kosten befreien und fordert stattdessen eine Kostenübernahmeverpflichtung durch die Stadt Leipzig. Diese soll grundsätzlich folgende drei Fallkonstellationen betreffen:

1. Die Stadt Leipzig ist und bleibt Eigentümerin des Garagengrundstücks.
2. Die Stadt Leipzig erwirbt im Wege des Grundstückstausches das Garagengrundstück.
3. Die Stadt tauscht ein in ihrem Eigentum stehendes Garagengrundstück gegen ein anderes Grundstück ein und der neue Eigentümer (des Garagengrundstücks) verlangt den Abriss der Garage, weil er das Grundstück anderweitig nutzen will.

Verwaltung lehnt Antrag ab

Das Ansinnen der Linken stößt in der Stadtverwaltung allerdings auf wenig Gegenliebe. Im ebenfalls in die Diskussion eingebrachten Verwaltungsstandpunkt (VII-A-07709-VSP-01) wird der Antrag abgelehnt, „da die Beschlussumsetzung gegen Paragraf 83 bzw. Paragraf 90 der Sächsischen Gemeindeordnung verstieße“. Er wäre daher rechtswidrig und/ oder nachteilig für die Stadt Leipzig.

Laut Gemeindeordnung dürfe die Gemeinde „demnach keine Sicherheiten zugunsten Dritter bestellen“. Zudem dürfe sie „Bürgschaften und Verpflichtungen aus Gewährgeschäften sowie wirtschaftliche Rechtsgeschäfte (…) ausschließlich zur Erfüllung ihrer Aufgaben übernehmen.“

Dies treffe aus Sicht der Verwaltung auf den Garagen-Fall nicht zu. Zudem würde ohne eine ausdrückliche Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde, der Landesdirektion Sachsen, sowieso nichts gehen.

Dazu wird ins Feld geführt, dass laut Paragraf 546 Abs. 1 BGB die Garageneigentümer ab dem 01.01.2023 zur vollständigen Übernahme der anfallenden Abrisskosten gesetzlich verpflichtet seien.

„Auf dieser eindeutigen, bundesgesetzlichen Grundlage kann die Stadt Leipzig ggf. anfallende Abrisskosten nicht ohne Weiteres potenziellen Grundstücksgeschäftspartnern oder künftigen Grundstückseigentümern auferlegen“, argumentiert die Verwaltung.

„Eine solche Beauflagung vermindert zudem faktisch den Tauschwert kommunaler Grundstücke und wäre bei der Geschäftsanbahnung nachteilig für die Stadt Leipzig.“

Die Debatte

Bereits im letzten Jahr hatte es im Rahmen der Ratsversammlung vom 15.06.2022 einen Stadtratsbeschluss zum Thema „Rechtssicherheit für Garagenhöfe in Leipzig“ gegeben. Darin wurde der Oberbürgermeister auch beauftragt, „für den Fall der erforderlichen Räumung aufgrund der ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung der Verträge zu den in Rede stehenden Garagengrundstücken gemäß Überleitungs- oder Neuverträgen (Pacht-, Miet- und Nutzungsverträge), die Kostenübernahmeverpflichtung zulasten der Pächter, Mieter bzw. Nutzer im Sinne einer Kostenübernahme durch die Stadt Leipzig zu ändern. Dies soll durch entsprechende verbindliche Schreiben an die Pächter, Mieter bzw. Nutzer oder durch Verzichtserklärung der Stadt Leipzig im Sinne dieses Beschlusses erfolgen.“

Hauptstreitpunkt ist nun die ungleiche Situation, dass die Stadt Leipzig die Kosten zwar übernehmen will, wenn sie auf den jetzigen Garagenhof-Grundstücken selbst zu bauen beabsichtigt. Tauscht sie aber Grundstücke mit Dritten, weil sie andere Flächen benötigt als die, auf denen die Garagenhöfe liegen, wird das aus rechtlicher Sicht als nicht möglich betrachtet.

„Wir haben hier die missliche Situation einer Ungleichbehandlung“, ist auch Baubürgermeister Thomas Dienberg nicht zufrieden mit der Konstellation. „Doch der private Investor erfüllt auf dem getauschten Grundstück keinen öffentlichen Zweck. Daher ist es nicht möglich, dass die Stadt entsprechend eintritt.“

Als Kompromiss gab Dienberg schließlich noch offiziell zu Protokoll: „Wir können zusagen, dass wir für jeden Tausch im Vorfeld mit dem Tauschpartner darüber verhandeln werden, diese Abrisskosten nicht zulasten der Eigentümer vorzunehmen, sondern zulasten des Tauschpartners. Allerdings können wir das nicht tun, wenn es am Ende dazu führt, dass der gutachterlich festgestellte Wert des Grundstückes unterschritten wird. Das ist unsere Hürde. Ich bin aber guter Dinge, dass wir damit diesen notwendigen Frieden herstellen können.“

Stadtrat Dr. Volker Külow (Die Linke). Foto: LZ
Stadtrat Dr. Volker Külow (Die Linke). Foto: LZ

Volker Külow, der das Thema für die Linken einbrachte, sah das naturgemäß anders. Bestätigt wurde er durch das Gutachten des Verwaltungsjuristen Axel Schneider, den der Verband Deutscher Grundstücksnutzer (VDGN) um eine fachliche Einschätzung des Beschlusses vom 15. Juni 2022 gebeten hatte.

Seiner Expertise zufolge erstreckt sich der Beschluss auf alle denkbaren Fallkonstellationen, also auch auf Tauschgrundstücke. Außerdem sei ein besonderes öffentliches Interesse an der Vergemeinschaftung der Abrisskosten gegeben. Auch eine eventuelle Minderung des Tauschwertes sei kein Hinderungsgrund.

Bevor es zur Abstimmung ging, appellierten sowohl Sven Morlok (Freibeuter/FDP) als auch Andreas Geisler (SPD) an die Linke, ihren Antrag besser zurückzuziehen. „Wenn der Stadtrat den Antrag heute abgelehnt hat, wird es ungleich schwerer, unser gemeinsames Anliegen auch umzusetzen. Damit wäre den Betroffenen ein Bärendienst erwiesen“, mahnte Morlok, der auf die bestehenden rechtlichen Rahmenbedingungen hinwies.

Trotz der Gegenstimmen von Freibeutern und SPD wurde der Linken-Antrag von der Ratsversammlung positiv beschieden. Mit 32 Ja-Stimmen, 22 Nein-Stimmen und einer Enthaltung, war der Antrag angenommen worden. Wie es nun in der Thematik weitergeht, wird spannend bleiben.

„Jetzt müssen wir prüfen, was wir machen“, lautete die spontane Reaktion von Versammlungsleiter Torsten Bonew. „Ein guter Punkt, Ihnen die Sitzungsleitung wieder zu übergeben“, gab er augenzwinkernd an Oberbürgermeister Burkhard Jung ab.

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