Seit 2017 zieht ein Hauch von feuchtem Hundefell immer wieder mal durch die Ratsversammlung des Stadtrates in Leipzig. So auch in dieser Woche, da wird über den Antrag VII-A-07302 der Fraktion „Die Linke“, „Projekt ‚Hundestaffel‘ stoppen und etablierte Systeme stärken“, und den zugehörigen ablehnenden Verwaltungsstandpunkt abgestimmt.
Ganz ehrlich, mich überzeugen weder Antrag noch Verwaltungsstandpunkt in ihren Begründungen. Dem Titel des Antrages stimme ich allerdings zu.
Die Stellungnahme der Verwaltung.
Einsatzmittel Hund
Sorry liebe Linksfraktion, das stammt aus eurem Antrag und die Terminologie ist für mich nicht tragbar. Ein Hund ist ein Lebewesen und kein Einsatzmittel, oder soll ich es so verstehen, dass Einsatzmittel Mensch mit Einsatzmittel Hund gemeinsam auf Streife geht?
Das aber nur nebenbei, für mich sind die Hunde nicht das Problem. Trotzdem eine genauere Betrachtung. Ein Polizei-Diensthund, diese Ausbildung ist ja hier erforderlich, durchläuft eine Ausbildung als Schutzhund, allerdings wird diese erweitert.
So wird der Diensthund darauf trainiert, auf Befehl einen Täter zu stellen. Im Notfall darf der Hund den Täter auch angreifen, muss aber auf Befehl des Hundeführers sofort davon ablassen. Das gilt für die Ausbildung von Diensthunden bei der Polizei, ich gehe davon aus, dass für den im Ordnungsamt vorgesehenen Diensthund gleiches gilt.
Weiterhin ist das „Einsatzmittel Hund“ ein besonderes, es ist quasi ein personalisiertes. Im Gegensatz zum Schlagstock kann man den Hund nicht einfach von einem Menschen aus der Aufbewahrungsstelle, also dem Hundezwinger, holen lassen und einsetzen.
Es bedarf geschulten Personals, konkret eines Menschen je Hund. Somit delegiere ich das Problem des „Einsatzmittels“ an die Menschen im Ordnungsamt, die mit der Führung der Hunde beauftragt werden sollen.
Hundeführerinnen und Hundeführer
So nennt man diese Menschen, sie brauchen eine spezielle Ausbildung und werden 1:1 den Hunden zugeteilt. Das heißt ein Mensch für jeden Hund, wenn es funktionieren soll. Dieser Mensch ist dann für Pflege und Ausbildung seines/ihres Hundes zuständig. Das bedeutet, dass weder Mensch noch Hund in ihrer Dienstzeit vollständig dem Streifendienst zur Verfügung stehen.
Aus der speziellen Ausbildung von Diensthunden (s. o.) resultiert auch, dass der Mensch eine spezielle Ausbildung haben muss. So muss dieser Mensch den Dienst im Ordnungsamt kennen und dazu, hier im wahrsten Sinne des Wortes, den Hund „beherrschen“. Hundeführerinnen und Hundeführer brauchen ein spezielles Persönlichkeitsprofil, sonst können kritische Situationen schnell eskalieren.
Funfact: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit dem erforderlichen Persönlichkeitsprofil, z. B. Ausstrahlen von Ruhe und Selbstbewusstsein sowie Selbstbeherrschung, können die meisten Situationen auch ohne Hund deeskalieren. Ein Diensthund ist keine Waffe, aber an den Mensch müssen dieselben Maßstäbe wie beim Waffengebrauch angesetzt werden.
Einsatzzeiten
Am 19. Mai 2022 richtete die Linksfraktion die Anfrage VII-F-07180, „Aktueller Stand des Projekts ‚Hundestaffel‘“, an den Oberbürgermeister und fragte dort unter Punkt 4. „Wie hoch sind die geplanten wöchentlichen Einsatzzeiten der Hundestaffel je Hund?“.
Die Antwort muss ich hier zitieren:
„Die Diensthundeführer/-innen und deren Diensthunde werden im Rahmen der bestehenden Arbeitszeit- und Dienstplanregelungen des Stadtordnungsdienstes eingesetzt. Neben den regelmäßigen Pflege-, Fütterungs-, Trainings- und Ruhezeiten für die Hunde ist auch deren individuelle Einsatzfähigkeit ausschlaggebend für die Dauer des täglichen und wöchentlichen Einsatzes.
Daher ist eine genaue Zeitangabe nicht möglich. Hierzu wird nach einem angemessenen Zeitraum des praktischen Einsatzes der Diensthunde eine Evaluation erfolgen.“
Im Klartext steht dort: „Wir wissen es nicht, wollen es aber erproben und sagen dann Bescheid.“
Es ist schwierig diese Frage zu beantworten, gehen wir aber davon aus, dass der Mensch eine tägliche Arbeitszeit von 8 Stunden hat. Tägliche Pflege und Ausbildung des Hundes und der Transport zum Einsatzort, da kommt einiges zusammen.
Die Einsatzzeit unterscheidet sich auch nach dem Einsatzgebiet, ein Diensthund reagiert auf Stressfaktoren wie Lärm und andere Reizüberflutungen. Für den Einsatz zu Silvester am Connewitzer Kreuz sind Hunde wohl eher nur sehr kurzfristig einsetzbar.
Der Mensch hat Urlaub, Aus- und Weiterbildung oder ist auch mal krank. In den Zeiten ist der Hund ebenfalls nicht einsetzbar.
Wozu die Hundestaffel?
Im Verwaltungsstandpunkt werden dazu mehrere Antworten gegeben.
1. „In Anbetracht der gehäuften verbalen und körperlichen Angriffe auf die gemeindlichen Vollzugsbediensteten ist die erwartete präventive Wirkung des Einsatzes von Diensthunden weiterhin hervorzuheben.“
Hier stellt sich die Frage, bei welchen Situationen treten diese Angriffe auf? Und, wie wird sichergestellt, dass in diesen Situationen die Hundestaffel vor Ort ist?
Es gibt schließlich sowohl bei Demonstrationen, Fußballspielen, aber auch beim Abschleppen von Falschparkern Eskalationen. Soll nun zu jedem Einsatz des Ordnungsamtes die Hundestaffel mit? Gibt es dort eine Evaluation?
2. „Überdies erhöhen Diensthunde das subjektive Sicherheitsempfinden der Bevölkerung.“
Ist das so, oder ist das eben das subjektive Empfinden mit dem auch Überwachungskameras begründet werden?
3. „Sie steigern außerdem die Effektivität des Außendienstes, da sie u. a. als Hilfsmittel zur Anwendung unmittelbaren Zwangs fungieren können.“
Ja, siehe 1., wenn sie zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind.
Diese Antworten können mich nicht wirklich überzeugen, wir reden ja nicht von einer größeren Anzahl von Diensthunden, wir reden von 4 Diensthunden.
Besonders schön finde ich aber folgenden Absatz:
„Andererseits wurden im zweiten Schritt mehrere Merkmale gemeinsam statistisch ausgewertet (bivariate Analyse). Dabei weisen die Korrelationskoeffizienten deutliche positive Zusammenhänge zwischen der Einführung einer Hundestaffel und dem beruflichen Selbstbild als Polizist und schwache/mäßige negative Zusammenhänge mit der Dauer der Tätigkeit im Außendienst (i. d. R. ältere Bedienstete) auf.“
Mitarbeitende im Ordnungsamt mit einem „beruflichen Selbstbild als Polizist“, ist das ernst gemeint? Ich lasse das so stehen.
Fazit
Ich für meinen Teil halte den Aufbau einer Hundestaffel für nicht angemessen. Einige Gründe:
4 Diensthunde und 4 Hundeführerinnen oder Hundeführer erhöhen, mEn, die Effektivität des Ordnungsamtes nicht wirklich.
Die prognostizierten Kosten (vgl.VSP) von über 200.000 Euro einmalig und etwa 31.000 Euro jährlich, werden durch die zu erwartenden Effekte nicht gerechtfertigt.
Die Ausbildung von Polizei-Diensthunden wird aus Sicht des Tierschutzes oft kritisiert, z.B. Einsatz Stachelhalsband. Ein wichtiger Punkt für mich, wenn nicht der wichtigste, ist aber, dass der Fachbürgermeister stets betont, er habe zu wenig Personal für zu viele Aufgaben. Daran ändert die Hundestaffel genau nichts.
Der Beitrag entstand im Rahmen der Workshopreihe „Bürgerjournalismus als Sächsische Beteiligungsoption‘ – gefördert durch die FRL Bürgerbeteiligung des Freistaates Sachsen.
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Wie wäre es mit Dienstdackeln? Erzeugen sicher auch Selbstbilder und sind zudem günstiger.
Maximal noch Beagle oder Basset Hound für . d. R. ältere Bedienstete.