Nichts ist passiert. Im April 2021 diskutierte der Leipziger Stadtrat ausführlich über ein Rauchverbot an den Haltestellen der Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB). Offiziell verbieten kann man das Rauchen dort nicht, denn es ist ein öffentlicher Raum. Aber die Deutsche Bahn zeigt schon seit langem, dass man Raucher sehr gut dazu erziehen kann, sich auf Raucherinseln aufzuhalten. Eine große Aufklärungskampagne vonseiten der LVB sollte es geben.
Übrigens auch das nichts Neues. Denn schon 2019 wurde im Fahrgastbeirat der LVB intensiv darüber diskutiert und in der Sitzung vom 22. August 2019 zu Protokoll gegeben:
„Der Fahrgastbeirat hat entsprechend dem Wunsch vieler Fahrgäste bei den Vorbereitungstreffen zu den neuen Fahrgastunterständen, die von der Stadt Leipzig aufgestellt werden, ein Rauchverbot in den Unterständen angeregt. Mindestens in den Infokästen der Unterstände sollte ein Hinweis/Aufkleber angebracht werden, dass das Rauchen aus Rücksicht auf die Gesundheit der anderen Fahrgäste in den Unterständen zu unterlassen ist. Von den Verkehrsbetrieben wurde der Punkt aufgenommen und wird geprüft.“
Doch das Jahr 2022 endet und nichts ist passiert. Nicht einmal die Aufkleber wurden gesichtet. Es fand auch keine Aktion im Fahrgast-TV statt.
Kampagne 2022? Fehlanzeige.
Auch nicht nach einer gepfefferten Mail, die der Leipziger Torsten Saro im Januar 2022 an den Fahrgastbeirat, den OBM und die Stadtratsfraktionen schickte. Woraufhin er dann eine sehr freundliche, aber eben ausweichende Antwort aus der Stadtverwaltung bekam, die zuvor bei LVB-Geschäftsführer Ulf Middelberg rückgefragt hat.
„Das Rauchen an Haltestellen der Leipziger Verkehrsbetriebe war schon häufiger Gegenstand in den Medien – ebenso in Debatten des Stadtrates. Nicht zuletzt kann auch ich persönlich Ihren Ärger über rücksichtsloses Verhalten an dieser Stelle vollumfänglich teilen“, bekam er zur Antwort.
„Leider sind die Handlungsmöglichkeiten an dieser Stelle für die Stadt oder die LVB sehr begrenzt: Die Haltestellen in Stadtgebiet gehören zum sogenannten öffentlichen Raum. Bislang gibt es jedoch kein Gesetz, das Rauchen in der Öffentlichkeit untersagt. Demnach fehlt auch die Handhabe, um in bestimmten Bereichen des öffentlichen Raumes wie eben Haltestellen das Rauchen zu unterbinden.“
Was eben nicht neu ist.
Ärgerlich ist ja eher, dass nicht einmal die 2019 und 2021 in Aussicht gestellten Kampagnen passiert sind. Das durfte Torsten Saro durchaus als Ignoranz und Gleichgültigkeit interpretieren.: „Die LVB wie die Stadt ignorieren den Stadtratsbeschluss vom 21.04.2021!“
Denn wo blieb die Einlösung des Versprechens?
Die Stadt hatte ihm nur freundlich mitgeteilt: „Vor diesem Hintergrund adressieren Stadt und LVB nun gezielt die Rücksichtnahme der Raucher in den Haltestellenbereichen bzw. Fahrgastunterständen und wollen somit dafür sorgen, genügend Abstand von Nichtrauchern zu halten.
Deshalb wird gerade eine Werbe-Kampagne vorbereitet, die das Rauchen in den Haltestellenbereichen des ÖPNV kritisch thematisiert und zu gesunder Lebensweise und mehr Rücksichtnahme auf Mitmenschen auffordert. Die Kampagne wird in enger Zusammenarbeit zwischen der Stadt Leipzig mit den Leipziger Verkehrsbetrieben durchgeführt.
Vorbereitend für die Kampagne wird mit ‚Nichtrauchersymbolen‘ in den Fahrplanaushängen und durch Kommunikation im Fahrgast-TV zum Thema sensibilisiert.“
Doch das war im Januar 2022. Passiert ist nichts, stellt Saro nun in einer neuen, schon deutlich heftigeren Mail an die Ratsfraktionen und den OBM fest.
Selbst Uniformierte nehmen keine Rücksicht
„Rücksicht findet nicht statt. Stattdessen erfahren Nichtraucher Bedrohungen!“, schreibt er. „Nein, LVB-Mitarbeiter und städtische Uniformierte, ja sogar Leute vom Ordnungsamt schmeißen im direkten Umfeld vorhandener Aschenbecher/Mülleimer ihre Kippen gen Boden.“
„Die körperliche Unversehrtheit ist definitiv gefährdet! Besonders für Kinder. – Ich wie viele andere Bürger dürfen erwarten, dass sich die LVB, der/die Bürgermeister und der Stadtrat AKTIV dafür EINSETZEN, diese Grundrechte für nichtqualmende Bürger zu gewährleisten“, schreibt er in Bezug auf Artikel 2 des Grundgesetzes.
„Man könnte sich genötigt fühlen, ob der zur Schau getragenen und ausweichenden Rhetorik von LVB und Stadt sich Kamerabrillen mit Videoaufnahmefunktion zu beschaffen und Beweise zu sammeln? Vielleicht braucht es Anzeigen und juristische Anklagen der vorgenannten Institutionen? – Besonders die Städte sind riesige, begehbare Aschenbecher. Es stinkt zum Himmel!“
Besonders unangenehm wird es, wenn man als Fahrgast partout nicht ausweichen kann, weil die Bahnsteige voller Wartender sind und die Raucher mitten unter den Wartenden stehen.
Und augenscheinlich hat sich Torsten Saro da oft genug eine ziemlich aggressive Antwort geholt, wenn er sich getraut hat, den Rauchenden auf seine Rücksichtslosigkeit anzusprechen. „Und ein Wort an alle Angeschriebenen im E-Mail-Kopf, für eine breite laute öffentliche Diskussion in den Medien braucht es Mut und Anstand. – Es kann nicht sein, dass einzelne Bürger diese Arbeit allein auf sich gestellt machen müssen, und sich dann noch Gewaltandrohungen gefallen lassen müssen, nur weil sie ihre Kinder schützen wollen.“
Die Kinder vergisst man ja meistens in dieser Diskussion. Und solange sich das zuständige Unternehmen und auch die Stadt nicht bemüßigt fühlen, die rauchenden Fahrgäste auf ihre Rücksichtslosigkeit aufmerksam zu machen, wird sich auch nichts ändern, werden auch die Einsichtigen, die sehr wohl auf solche Hinweise reagieren, ihr Verhalten nicht ändern.
Dass das Ordnungsamt als Ordnungsbehörde sowieso nicht in Erscheinung tritt, obwohl auf weggeworfene Kippen ein Ordnungsgeld fällig wird, ist natürlich offenkundig. Das Amt sieht Haltestellen der LVB gar nicht als ihr Verantwortungsgebiet an.
Und so werden Rauchen und Glimmstängelwegschmeißen an Leipzigs Haltestellen wohl auch 2023 munter weitergehen.
Es gibt 5 Kommentare
Zu Ihrer Frage gibt es erst einmal ausreichend Treffer zum Studieren:
https://www.dkfz.de/de/suche/index.php?L=de&site=DKFZ&search-term=passivrauchen
Ihre Dickmacher-Idee lässt sich dagegen leider nicht wissenschaftlich belegen.
Aber ich musste zumindest schmunzeln.
Ich fände es korrekt, wenn sich die rauchende Person aus dem Unterstand entfernt, da sie die Aufenthaltsqualität in erheblicher Weise beeinträchtigt. Egal, ob da ein Nichtraucher kommt oder nicht.
Das manifestiert sich bspw. auch an Gerichtsurteilen mit Rauchen auf dem Balkon etc.
Das mit den Symbolen hatten wir schon mal – ganz dünnes Eis.
Wenn etwas schädlich wäre sobald man es riecht, müsste dann nicht auch das Einatmen von Küchendüften dick machen? Ich meine eigentlich wissenschaftlich belegt.
Welches Verhalten wäre Ihrer Meinung nach korrekt, wenn anders als im Beispiel, die rauchende Person bereits an der Haltstelle stünde und eine Nichtrauchende dazu kämme? Woran überhaupt erkennen um welches Lager es sich nicht beim Gegenüber handelt? Wären dann die “Nichtrauchersymbole” nicht besser an den Nichtrauchern angebracht?
Sehr feiner Kommentar. 🙂
Rauchen ist schädlich. Sobald man also Rauch riecht, hat man ihn inhaliert. Damit ist Passivrauchen schädlich, auch draußen. Ist eigentlich nicht schwer zu verstehen.
Und wenn sich ein Raucher in ein Wartehäuschen zu anderen Wartenden stellt und sich eine Zigarette anmacht, dann ist das asozial. Weil das manche vielleicht gar nicht auf dem Schirm haben, hilft ein Symbol „Rauchen verboten“. Anderen ist jegliches Verbot sowieso egal.
Und da ist er: der grundgesetzlich verbrieften Anspruch auf Platz im Fahrgastunterstand. Ist die Schädigung der körperlichen Unversehrtheit durch passives Rauchen im Freien eigentlich belegbar?
Es scheint einen Unterschied zu geben, zwischen gewünschtem Rauchverbot und geplanten “Nichtrauchersymbolen”. Wer den nicht erkennt, wird für sein Anliegen bestimmt auch keine besondere Wertschätzung erwarten dürfen.
Ein Piktogramm „Rauchen verboten“ (also die durchgestrichene Zigarette) könnte man schon einfach an jedes Haltestellen-Häuschen kleben. Gern stellen sich Raucher da unter, das muss nicht sein.
Wäre aber wieder zu einfach und zu billig, da muss schon eine Kampagne her. Die wird sicherlich generalsstabsmäßig geplant. Und die Studie vorher und nachher nicht vergessen, damit man die Ergebnisse dann im Jahr 2030 auswerten kann. 🙂