2018 wurde der Leipziger Luftreinhalteplan fortgeschrieben. Die Stadt steckt also mittendrin in seiner Umsetzung. „Die Umsetzung des Luftreinhalteplans und des Green City Plans hat dazu beigetragen, die Luftqualität in Leipzig zu verbessern. Wie aus der Sitzung der Verwaltungsspitze hervorgeht, wurden im Zeitraum der beiden Berichte in den Jahren 2019 bis 2021 die zum Gesundheitsschutz für Feinstaub (PM10) und Stickstoffdioxid gesetzlich festgelegten Immissionsgrenzwerte in Leipzig nicht überschritten“, schätzt das Umweltdezernat ein.
Wobei es nicht allein die im Luftreinhalteplan verankerten Maßnahmen sind, die in Leipzig die Luftqualität verbessern, auch wenn ein Instrument von 2011 gewaltig geholfen hat, wie Peter Wasem, Leiter des Amtes für Umweltschutz, betont: die Umweltzone. Sie hat den Anteil von Kraftfahrzeugen ohne Grüne Plakette im Stadtgebiet im Lauf der Zeit drastisch gesenkt. Was sich insbesondere positiv auf die Stickoxidbelastung ausgewirkt hat.
Denn während man es bei Feinstaub oft mit Einträgen von außerhalb des Stadtgebietes zu tun hat und auch mit den Folgen von Inversionswetterlagen, stammen 80 Prozent der Stickoxide aus dem Verkehrsgeschehen.
Erneuerte Fahrzeugflotten
„Neben den luftverbessernden Maßnahmen der beiden Pläne sind noch weitere Effekte mit deutlich positivem Einfluss auf die Luftqualität zu berücksichtigen. Dazu zählt vor allem die fortschreitende Erneuerung der Fahrzeugflotte, darunter auch die Software-Updates bei Diesel-Pkw“, erläuterte Leipzigs Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal bei der Vorstellung der Zahlen am Dienstag, 8. dem November.
„Neben dem bundesweit beobachteten Rückgang der Schadstoffemissionen wirkten sich günstige meteorologische Bedingungen mit milden Wintern in den letzten Jahren besonders vorteilhaft auf die Luftqualität aus. Deutlich wird dies anhand der geringen Anzahl von Grenzwertüberschreitungen bei Feinstaub (PM10) weit unterhalb der gesetzlich zulässigen Zahl von 35 Tagen im Kalenderjahr.“
Was eben auch heißt, dass die deutliche Reduzierung von kalten Tagen, an denen Feuerungsanlagen angeworfen werden müssen, gerade bei der Senkung der Feinstaubanteile geholfen hat.
In der zugrundeliegenden Vorlage wurde der Dienstberatung des Oberbürgermeisters über den Stand der Umsetzung der kurz-, mittel- und langfristig wirksamen Maßnahmen des im Februar 2019 beschlossenen Luftreinhalteplans berichtet. Aufgrund der engen Verknüpfung mit dem im Jahr 2018 erarbeiteten Green City Plan wurde erstmals auch über darin beschlossene Maßnahmen informiert.
Mehr als die Hälfte der Maßnahmen des Luftreinhalteplans wurde im Berichtszeitraum überwiegend oder vollständig umgesetzt, rechnet Peter Wasem vor. In Einzelfällen ist eine Realisierung bereits abgeschlossen. Dies betrifft insbesondere die kurzfristig umzusetzenden, verkehrsorganisatorischen Maßnahmen.
Maßnahmen in der Jahnallee, der Berliner Straße und der Harkortstraße
Wozu unter anderem die Verkehrsflussdosierung in der Jahnallee gehört und die Verhängung von Tempo 30 in der Berliner Straße. Beide Straßen gehören nach der Luftschadstoffprognose von 2020 zu den am schwersten mit Luftschadstoffen belasteten Straßenabschnitten. In der Karte (oben) sind sie rot eingetragen. Hier wird auch sichtbar, wie die Fokussierung des motorisierten Verkehrs in Leipzig auf den Innenstadtring dazu führt, dass es genau hier auch die höchsten Luftbelastungen gibt. Was nicht nur an der Menge der Fahrzeuge liegt, sondern auch an den großen hier notwendigen Kreuzungen, wo sich der motorisierte Verkehr ballt.
Zur Reduzierung der Schadstoffbelastung gehört auch die Fahrspurreduzierung in der Harkortstraße, wo im Frühjahr entsprechend ein erstes Stück Radweg angelegt wurde.
In der Mehrzahl werden im Luftreinhalteplan eher mittel- bis langfristige Aktivitäten beschrieben, wie die Erhöhung der Attraktivität des öffentlichen Nahverkehrs, des Fuß- und Radverkehrs sowie der Ausbau der Elektromobilität.
Aber hier tauchen die ersten Umsetzungsprobleme auf. Man denke nur an die Schaffung von Radschnellwegen bis 2025 oder an den Wunsch, zusätzliche S-Bahn-Haltepunkte zu schaffen und die S-Bahn-Takte zu verdichten.
Der Green City Plan
Beim dazu ergänzend aufgelegten Green City Plan ist mehr noch als beim Luftreinhalteplan die Umsetzung der Maßnahmen von der Verfügbarkeit von Fördermitteln abhängig. Eine prioritäre Maßnahme ist hier die Elektrifizierung und Verbesserung des Abgasstandards der Linienbusse. Hier konnten im Berichtszeitraum deutliche Fortschritte erzielt werden. Im Einzelfall wurden auch Maßnahmen des Green City Plans bereits abgeschlossen, gleichwohl auch diese Maßnahmen überwiegend eine dauerhafte Aktivität der zuständigen Ämter oder kommunalen Firmen erfordern.
„Der Luftreinhalteplan und der Green City Plan unterstützen mit ihren Maßnahmen die strategischen Ziele der Stadt Leipzig, welche das ‚Integrierte Stadtentwicklungskonzept (INSEK) Leipzig 2030‘ formuliert“, betont Heiko Rosenthal. „Beide Pläne fördern den Erhalt und die Verbesserung der Umweltqualität und sind Wegbereiter für eine nachhaltige Mobilität auch über Leipzig hinaus.“
Aber er streute sich auch Asche aufs Haupt. Denn bei der Umsetzung der Park-and-Ride-Strategie ist Leipzig eindeutig noch nicht dort, wo es eigentlich hinwollte. „Da müssen wir besser werden“, sagte er.
Denn dass noch immer hunderte Kraftfahrer bei Veranstaltungen im Sportforum wild parken, hat genau damit zu tun, dass sie die P+R-Plätze nicht ansteuern.
Das mag sicher mit der fehlenden Attraktivität des ÖPNV zu tun haben, ein Thema, das Rosenthal auch als Konflikt zwischen Innenstadt und Stadtrand-Ortsteilen sieht. Wen der ÖPNV nicht dicht getaktet fährt, Haltestelen fehlen und die Ticketpreise nicht attraktiv sind, hat er schlechte Karten gegenüber dem privaten Auto.
Mobilitätswende bedeutet auch bessere Luftqualität
Dabei stehe für Leipzig die Mobilitätswende ganz oben auf der Tagesordnung, so Rosenthal.
Ein Teil des Luftreinhalteplans von 2019 waren auch strengere Ziele bei der Luftbelastung, die teilweise deutlich unter den EU-Grenzwerten liegen.
Doch die deutlich strengeren städtischen Zielwerte für die Luftqualität konnten trotz Fortschritten noch nicht durchgängig erreicht werden, schätzt das Amt für Umweltschutz ein. In noch stärkerem Maße gilt dies für die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Jahr 2021 veröffentlichten neuen Luftgüteleitwerte, die perspektivisch als neue Immissionsgrenzwerte relevant werden können. So wird an der Messstation in der Lützner Straße etwa dreimal mehr Stickstoffdioxid gemessen, als die Konzentration nach Empfehlung der WHO betragen sollte. Leipzig ist dabei kein Einzelfall, was die Messergebnisse anderer deutscher Großstädte zeigen.
Wobei die Lützner Straße ein Paradebeispiel für eine hochbelastete Hauptverkehrsstraße ist. Im engen Straßenraum stauen sich die Luftschadstoffe, erst recht, wenn sich auch der Verkehr staut. Ein Thema, das sich erst auflösen lässt, wenn die Zahl von Verbrennern in Leipzig deutlich sinkt. Und möglicherweise auch, wenn die Stadt mehr Tempo-30-Zonen ausweisen kann.
Noch sind ihr da die Hände gebunden, wie Wasem betont. Denn die Bundesgesetzgebung gibt den Städten diese Möglichkeiten noch nicht. Dennoch suche die Verwaltung derzeit nach einem möglichen Pilotgebiet, in dem man ein flächendeckendes Tempo 30 einmal ausprobieren könnte.
Dass so eine flächenmäßige Temporeduzierung helfen könnte, bestätigt Mario Anhalt aus der Abteilung Umweltvorsorge des Amtes für Umweltschutz. Denn das flächenmäßig niedrigere Tempo reduziert die besonders emissionsstarken Anfahr- und Abbremsvorgänge. Wenn das Tempo reduziert wird, werden die Emissionen quasi gekappt. Aber noch gibt es kein solches Pilotgebiet.
Es gibt 2 Kommentare
> die Umweltzone. Sie hat den Anteil von Kraftfahrzeugen ohne Grüne Plakette im Stadtgebiet im Lauf der Zeit drastisch gesenkt. Was sich insbesondere positiv auf die Stickoxidbelastung ausgewirkt hat.
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Die so genannte Umweltzone war doch komplett umsonst. Der Anteil der Fahrzeuge mit grüner Plakette hat auch so im Laufe der Zeit enorm zugenommen.
Und auch in Städten ohne solchen Aktionismus gab es vergleichbare Messwerte an Schadstoffen. Beim letztjährigen Hochjubeln der Statistik hab ich das mal mit Dresden verglichen, einer ähnlich großen Stadt in Tallage, die keine solche Zone hat. Der qualitative zeitliche Verlauf war der gleiche, einzelne Messwerte in Dresden sogar besser.
Und: eine stark frequentierte und gleichzeitig eng bebaute Straße wie die Lützner steht nicht für den Normalfall in der Stadt. Ja, auch dort wohnen Leute, aber wenn dort der Messwert hoch ist, heißt das lange nicht das die ganze Stadt vor dem Kollaps steht. Ist doch irgendwann auch mal gut mit dem Alarmismus. Als ob man in dieser viel zitierten Straße so viel schneller als 30 fahren könnte, wenn überhaupt. Aber mal wieder das Wort Tempolimit ins Spiel bringen, passt ja so gut.
Dabei sind die Feinstaubpeaks ja allabendlich ab 20 Uhr messbar. Da fahren bestimmt alle nochmal mit den alten Dieseln und Trabbis durch die Kante.
Verbietet doch endlich das verbrennen von Holz und Abfall in den Wohlstandskaminen! Das ist weder nachhaltig noch gesund.