Im April war es schon einmal Thema. Wie hoch soll die Mehraufwandsentschädigung für sogenannte Ein-Euro-Jobs in Leipzig sein? In Dresden und Chemnitz beträgt dieser Satz längst schon 2 Euro, in Leipzig aber sind es nur 1,75 Euro. Nach Stadtratsbeschluss sollte der Satz in Leipzig eigentlich auf 2,50 Euro steigen. Doch an der Geschäftsführerin des Jobcenters Leipzig biss sich auch Leipzigs Verwaltung die Zähne aus.

Im Juni 2021 hatte Leipzigs Stadtrat die Erhöhung der Entschädigung beschlossen. Gründe gibt es genug – steigende Energie- und Lebenshaltungskosten, zusätzliche Kosten für Schutzmasken und Tests.

Der Leipziger Stadtrat hat also auf den Antrag der Fraktion Die Linke „Armut hat ein Gesicht: Vulnerable Menschen im SGB-II-Bezug in der Pandemie unterstützen“ (VII-A-02440) am 24. Juni 2021 den Oberbürgermeister und die Mitglieder der Trägerversammlung des Jobcenters beauftragt, sich gegenüber der Geschäftsführung des Jobcenters für eine Erhöhung der Mehraufwandsentschädigung für sogenannte Ein-Euro-Jobs von 1,75 Euro auf 2,50 Euro je Stunde einzusetzen.

Doch umgesetzt hat das Jobcenter die Sache nie. Weshalb die Linksfraktion nun genauer wissen wollte, wer da eigentlich mauert und die Sache blockiert. Und aus der Antwort des Sozialdezernats kann man jetzt herauslesen, dass man auch dort mittlerweile zutiefst frustriert ist.

Keine neuen Erkenntnisse …

„In der 45. Trägerversammlung am 11.03.2022 informierte die Geschäftsführung des Jobcenters die Mitglieder der Trägerversammlung, dass eine erneute Prüfung keine neuen Erkenntnisse erbracht habe“, heißt es da zum Beispiel

„Insbesondere lagen zum damaligen Zeitpunkt nach Einschätzung der Geschäftsführung keine veränderten Rahmenbedingungen vor. Somit hielt sie weiterhin an der getroffenen Beibehaltung der Höhe der MAE fest. Des Weiteren informierte sie darüber, dass die nächste turnusmäßige Überprüfung der Höhe der Aufwandsentschädigung im Juli 2022 für das Jahr 2023 erfolgt. Die Ergebnisse sollen in der 47. Trägerversammlung am 30.09.2022 vorgestellt werden. Die Entscheidung wurde von der Trägerversammlung zur Kenntnis genommen.“

Zuvor führt das Sozialdezernat ausführlich aus, dass einzig und allein die Geschäftsführerin des Jobcenters solche Entscheidungen treffen darf, der Trägerversammlung also genauso die Hände gebunden sind wie auch dem Stadtrat.

Die Antwort aus dem Sozialdezernat war so unverblümt, dass selbst Dr. Volker Külow, Sprecher für Gesundheit, Soziales und Senior/-innen der Linksfraktion, überrascht war: „Wir danken zunächst dem Oberbürgermeister und der Stadtverwaltung für die ungeschönte Antwort auf unsere Nachfrage zur Umsetzung des Stadtratsbeschlusses. Wir müssen leider feststellen, dass bisher alle Anstrengungen des Oberbürgermeisters und der Mitglieder der Trägerversammlung, die Geschäftsführerin des Jobcenters Leipzig angesichts erheblicher Preissteigerungen seit Beginn der Pandemie zu einer Anpassung dieser Mehraufwandsentschädigung zu bewegen, an der erklärten Blockadehaltung von Frau Sabine Edner gescheitert sind.“

Es gibt doch den Leipzig-Pass …

Dazu zitiert er, was die Geschäftsführerin gegenüber der Trägerversammlung erklärt hatte: „Die Höhe der Aufwandsentschädigung ist gesetzlich nicht beziffert. Bemessungsgrundlage für die Höhe sind die tatsächlichen Aufwendungen, die für die Teilnahme an der Maßnahme zusätzlich anfallen. Als arbeitsbedingter Mehrbedarf kommen in erster Linie Fahrtkosten in Betracht, sowie z. B. auch ein Mehrbedarf für Arbeitskleidung (soweit nicht vom Maßnahmeträger gestellt), Körperreinigung, Wäschewaschen sowie Ernährung. Es kommt hingegen nicht darauf an, ob im Verhältnis zu den geleisteten Arbeitsstunden ein angemessener Stundenlohn gewährt wird.“

Und weiter: „Seit 2019 beträgt die MAE-Pauschale im Jobcenter Leipzig 1,75 Euro pro geleisteter Teilnahmestunde. Die Fahrtkosten sind im Zeitraum von 2019 bis 2021 bei Nutzung der Leipzig-Pass Mobilcard (Sozialticket) nicht gestiegen. Sie liegen konstant bei 35,00 Euro/Monat. Finanzielle Entlastungen sind durch die Befreiung von GEZ-Gebühren, den Anspruch auf Bildung und Teilhabe sowie des Leipzig-Passes durch Leistungsberechtigte gegeben.

Die Aufwandsentschädigung wird nicht in Fällen von Krankheit, Urlaub oder Abwesenheit gezahlt. Zusätzlich ist die allgemeine Teuerungsrate, welche sich auch auf Hygieneartikel und Ernährungskosten auswirkt, bei der Ermittlung der Höhe zu berücksichtigen. Durch eine jährliche Anpassung des Regelsatzes wird dem Rechnung getragen. Auf der anderen Seite ist bei der Bemessung der Aufwandsentschädigung das Lohnabstandsgebot zu berücksichtigen.“

Eine sehr seltsame Erklärung, wie Volker Külow findet.

Hohe Inflation: Külow wirft Geschäftsführerin Zynismus vor

„Es ist zynisch, dass die Geschäftsführerin des Jobcenters und exzellent besoldete Spitzenbeamtin die praktischen Erfahrungen der am stärksten von Preissteigerungen unmittelbar betroffenen Menschen derartig ausblendet und deren Bedürfnisse durch eine Regelsatzerhöhung für 2022 um sagenhafte drei Euro als hinreichend bedient ansieht“, kommentiert Külow die Aussage.

„Die Linksfraktion erwartet, dass beim gemeinsamen Jour fixe der Stadt Leipzig mit der Geschäftsführung des Jobcenters am 6. September 2022 endlich eine Beschlussfassung erfolgt, die dem oben genannten Stadtratsbeschluss Rechnung trägt. Wir werden hier weiter genau hinschauen und bei Notwendigkeit den politischen Druck entsprechend erhöhen.“

Um deutlich zu machen, worum es geht, listet Külow die Teuerungsraten für den Juni auf: So lagen die Teuerungsraten für Nahrungsmittel im Juni 2020 bei 4,4 %, im Juni 2021 bei 1,2 % und im Juni 2022 bei 12,7 % über dem Vorjahresniveau. Für Haushaltsenergie und Kraftstoffe betrugen die Werte je -6,2 %, 9,4 % und 38 %.

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