Nicht erst 2023 wird Leipzig wieder einen ausgeglichenen Haushalt haben. Schon das Jahr 2021 hat die Stadt wahrscheinlich mit einem kleinen Plus abgeschlossen. Das heißt: Statt einen Schuldenberg von über 700 Millionen Euro aufnehmen zu müssen, ist Leipzig eigentlich schon wieder im gewohnten Fahrwasser und kann auch einige Dinge finanzieren, die in den Haushaltsverhandlungen 2021 noch abgelehnt wurden. Genau das beantragen jetzt Stadträte aus mehreren Fraktionen.

Die Stadträte Steffen Wehmann (Linke), Martin Biederstedt (Grüne), Sven Morlok (Freibeuter) und Christian Schulze (SPD) berufen sich dabei auf die schon im August von Finanzbürgermeister Torsten Bonew vorgelegte Prognose, nach der Leipzig schon 2021 kein zweistelliges Millionenminus machen wird.„Der Stadtrat hatte im Zusammenhang mit der Annahme eines Änderungsantrages zur ‚Aufstellung eines Doppelhaushaltes 2021/22‘ (DS 2045) beschlossen, auf Basis des Sonderfinanzberichtes zum 31.08.2021 den Haushaltsplan für das Jahr 2022 im Rahmen der Pandemie neu zu bewerten und ggf. Anpassungen vorzunehmen“, stellen die vier Stadträte in ihrem Änderungsantrag fest.

„Die finanzielle Lage der Stadt hat sich gegenüber der Beschlussfassung des Doppelhaushaltes erheblich verbessert. So stiegen beispielsweise die Nettosteuereinnahmen um mehr als 130 Millionen Euro in 2021, sodass die prognostizierten Defizite im Ergebnis- und Finanzhaushalt für die Jahre 2021 und 2022 spürbar sinken werden bzw. könnten.

Allerdings bleibt aufgrund auch der aktuellen Genehmigungskriterien für den kommenden Doppelhaushalt 2023/2024 durch das Land Sachsen sowie den ungewissen wirtschaftlichen und damit finanziellen Auswirkungen der aktuellen Corona-Pandemie auf die Stadt Leipzig jedoch nur wenig Spielraum für zusätzliche Ausgaben.

Dennoch sollen einige weitere Projekte im Jahr 2022 zusätzlich auf den Weg gebracht werden, um die Stadt Leipzig zukunftsfähiger zu gestalten. Unsere hier verankerten Maßgaben für die zusätzlichen Projekte sind: Die in der Regel einmaligen Maßnahmen werden im Rahmen des Ergebnishaushaltes in 2022 umgesetzt.“

Geld sollte nach ihrem Wunsch in diese Bereiche fließen: eine eCulture Strategie der Stadt Leipzig nach Corona, eine Fachkräfteoffensive „Soziale Berufe“, das Niederschlagswassermanagement auf kommunalen Sportflächen und auch die finanzielle Absicherung der Europäische Mobilitätswoche in Leipzig 2022.

Auch die Wirtschaftsförderung soll im Angesicht der Corona-Folgen gestärkt werden.
Und wahrscheinlich noch viel wichtiger als die anderen Punkte: „Personalgewinnung für Fachkräfte und Spezialisten forcieren“. Denn der Fachkräftemangel macht sich auch längst schon in der Leipziger Verwaltung bemerkbar. Man hat auch hier viel zu lange gezögert, die benötigten Fachkräfte einzustellen, als sie auf dem Arbeitsmarkt noch leicht zu finden waren.

Leipzig muss das gute Personal jetzt direkt ansprechen

„Das Budget für Personalmarketingmaßnahmen und Personalberater zwecks Headhuntings wird um EUR 225.000 für das Haushaltsjahr 2022 aufgestockt“, heißt es im Änderungsantrag.

Und das begründen die vier Antragsteller auch, den gerade in den verschiedenen Planungsabteilungen der Stadt hat sich in den letzten Jahren hemmend bemerkbar gemacht, dass die benötigten Fachleute schlichtweg fehlen und wichtige Leitprojekte der Stadt in viel zu langen Planungsschleifen festhängen.

„Dem Thema Personalgewinnung kommt mit der Zunahme des Fach- und Führungskräftemangels eine entscheidende Bedeutung zu. Ohne ein exzellentes Recruiting können Schlüsselpositionen nicht adäquat besetzt werden. Bereits heute ist zu beobachten, dass beispielsweise im Baubereich etliche Stellen erst nach mehrfach wiederholter Stellenausschreibung besetzt werden können“, stellen die vier Stadträte in ihrem Antrag fest.

„Dies führt im Ergebnis dazu, dass Bauvorhaben der Stadt nur verzögert durchgeführt werden können. Für die Arbeit im Recruiting einer öffentlichen Verwaltung bedeutet dies in der Folge einen inhaltlichen Paradigmenwechsel. Personalmarketingaktivitäten im Sinne gezielter Ansprachen von Bewerber/-innen in sozialen Netzwerken, Hochschulmarketing, ansprechende Gestaltung von Kurzanzeigen in Fachzeitschriften etc. werden zum Bestandteil der Standard-Recruitingtätigkeiten.“

Was ja alle zu erwarten war. Seit über zehn Jahren ist der Nachwuchsmangel in allen Wirtschaftsbereichen auch auf Leipzig zugerollt. Gab es damals noch lange Bewerberlisten um jede freie Stelle, hat sich die Lage regelrecht umgekehrt und selbst ein attraktiver Arbeitgeber wie die Stadt hat beim Suchen nach qualifiziertem Personal immer öfter das Nachsehen.

„In Zeiten des Fach- und Führungskräftemangels muss sich die Stadt neben dem ‚normalen‘ Recruiting bei bestimmten Berufsgruppen künftig auch mehr durch externe Personalberater und Zeitarbeitsfirmen Unterstützung suchen“, betonen die vier Antragsteller.

„Für Engpassberufe wie beispielsweise in den Bereichen Bau, IT, Finanzen, Gefahrenabwehr, Medizin, Soziales wird sich die Arbeitsmarktsituation in den kommenden Jahren zuspitzen. Hierfür wird es zum einen erforderlich sein, die Personalmarketingaktivitäten zu stärken, um am Arbeitsmarkt noch sichtbarer zu werden und geeignete Bewerber zielgruppengerecht anzusprechen. Auf der anderen Seite wird es erforderlich sein, für bestimmte Positionen verstärkt mit Headhuntern zusammenzuarbeiten, um potenzielle Kandidatinnen und Kandidaten über Direktansprachen auf vakante Positionen in der Stadtverwaltung aufmerksam zu machen.“

Was dann freilich auch wieder Personal in der Verwaltung bindet: „Die im Personalamt dafür erforderlichen Personalkapazitäten müssen verwaltungsintern bereitgestellt werden. Der Zugriff auf den im Haushalt 2022 beschlossenen Stellenpool ist dabei prioritär zu prüfen.“

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