Es war schon im ersten Schritt ein kleiner Erfolg für den Ökolöwen, als die Verwaltung eine positive Stellungnahme zu dessen Petition zu mehr Pop-up-Radwegen schrieb. Statt zehn zusätzlicher Radwege pro Jahr freilich würde die Stadt nur sechs schaffen. Und zwar die aus der Sofortmaßnahmenliste, die der Stadtrat schon beschlossen hat. Es gab dann freilich doch noch einen Änderungsantrag von Stadträt/-innen von Linken, Grünen und SPD, den Franziska Riekewald (Linke) einbrachte und der am Mittwoch, 13. Oktober, zur Abstimmung kam.

Denn natürlich hatte die Verwaltung auch erklärt, warum sie nur sechs neue Radwege zusagte, obwohl nicht nur der Ökolöwe überall in der Stadt die riesigen Löcher im Radnetz sieht, die nun langsam geschlossen werden müssen. Wozu ja bekanntlich auch die Radwege rund um den Promenadenring gehören, die in der Ratsversammlung am Mittwoch ja ebenfalls thematisiert wurden.

Es geht um dauerhafte Radwege im Straßennetz

Und dass das Verkehrsdezernat nicht mehr Radwege schafft, das hat auch in diesem Fall mit begrenzten Geldbudgets und fehlendem Planungsvorlauf zu tun. Auch wenn das Radstreifenprogramm seit dem Sofortmaßnahmenprogramm zum Klimanotstand endlich wieder ins Rollen gekommen ist, fehlt der Planungsvorlauf. Schnell reagieren kann das Verkehrsdezernat nur dort, wo Planungen vorliegen.

Denn auch wenn Pop-up-Radwege im Titel der Petition stehen, ging es auch dem Ökolöwen nicht um nur kurz mal hochploppende Radwege, sondern um dauerhafte Radwege im Straßennetz. Und weil das in diesem Umfang im Doppelhaushalt 2021/2022 noch nicht verankert ist, taten sich Christopher Zenker und Anja Feichtinger (beide SPD), Kristina Weyh und Michael Schmidt (beide Grüne) und Franziska Riekewald und Thomas Kumbernuß (beide Linksfraktion) zusammen, um die von der Verwaltung als Bremsen benannten Probleme mit in die Antragspunkte zu bringen.

So kamen vor allem die beiden zusätzlichen Punkte hinzu:

„Die Stadtverwaltung verfolgt den Ansatz, zu schnelleren Entscheidungen und Umsetzung kleiner Maßnahmen zur Förderung des Rad- und Fußverkehrs zu kommen.

Die Stadtverwaltung prüft, die entsprechenden VzÄ im Haushalt 2023/2024 einzustellen, um die Schaffung von Rad- und Fußinfrastruktur zu fördern.“

Ausgebremster Radverkehr

Eigentlich ganz unmissverständliche Punkte. Und trotzdem nutzte CDU-Stadträtin Siegrun Seidel diesen Ansatz, um am Rednerpult noch einmal verbal gegen Radverkehr und mehr Platz für Radverkehr auf Leipzigs Straßen vom Leder zu ziehen und den antragstellenden Stadträt/-innen zu unterstellen, sie würden einfach immer mehr Radwege fordern, die in der Prioritätenliste der Stadt gar nicht vorgesehen sind.

Geradezu realitätsfern war dann ihre Unterstellung, Verkehrsentscheidungen würden in Leipzig immer nur in eine Richtung gehen, ganz so, als hätte Leipzig nur noch eine Verkehrspolitik fürs Fahrrad.

Dabei waren die kompletten vergangenen neun Jahre davon geprägt, den schwächeren Verkehrsteilnehmern in der Verkehrspolitik überhaupt erst einmal Luft zum Atmen zu verschaffen, denn ab 2012 wurde auch der damals beschlossene Radverkehrsentwicklungsplan so massiv ausgebremst, dass daraus bis 2020 nur ein Viertel der Maßnahmen umgesetzt wurden.

Das heißt: Allein aus diesem Plan von 2012 liegt eine ellenlange Liste nicht umgesetzter Maßnahmen im Verkehrs- und Tiefbauamt. Und letztlich zielt die Petition des Ökolöwen auf nichts anderes, als alle diese um Jahre verzögerten Maßnahmen endlich mit höherem Tempo umzusetzen.

Querschuss aus der CDU-Fraktion

Nachdem auch FDP-Stadtrat Sven Morlok diesen Punkt noch einmal konkretisiert haben wollte, verwahrte sich SPD-Fraktionsvorsitzender Christopher Zenker sehr deutlich gegen die Unterstellungen von Siegrun Siegel. Denn eigentlich ist, seit der Stadtrat 2018 eine nachhaltige Mobilitätsstrategie beschloss, klar, dass Radfahrer, Fußgänger und ÖPNV endlich bessere Verkehrsbedingungen bekommen müssen, wenn Leipzig seine Mobilitätsziele erreichen will.

Wenn das nämlich nicht geschähe, so Zenker, bekäme Leipzig genau das, was eigentlich verhindert werden soll: immer mehr Autos und letztlich einen Verkehrskollaps.

Einmal mehr wurde deutlich, dass zwei Fraktionen im Stadtrat für eine Verkehrspolitik aus dem 20. Jahrhundert stehen. So stimmten dann auch CDU und AfD einmütig gegen den Änderungsantrag zum Standpunkt des Petitionsausschusses. Dafür stimmten die anderen vier Fraktionen dafür. Ergebnis: 41 Stimmen für den Änderungsantrag, der nun auch absichern soll, dass ab 2023 deutlich flotter Radwege gebaut werden können, nur 20 dagegen.

Die Debatte vom 13. Oktober 2021 im Stadtrat

Video: Livestream der Stadt Leipzig

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