Manchmal sollte man eben nicht nur die Hälfte erzählen, wie es die AfD-Fraktion so gern tut im Leipziger Stadtrat. Man pickt sich ein paar Fakten raus, interpretiert es alles in ein irgendwie verschnupftes Raster und tut dann so, als würde die Stadtratsmehrheit einfach nicht die Interessen der Bürger vertreten, wenn sie AfD-Anträgen nicht zustimmt. So wie am 22. Juli dem Antrag der AfD-Fraktion, die Leipziger Umweltzone abzuschaffen.
Die AfD und ihr alljährlicher Sommer-Gag
Die stört fast keinen mehr. Schon vor einem Jahr war die AfD-Fraktion mit einem Vorstoß gescheitert, die Umweltzone auszusetzen. Vielleicht wird das jetzt zu einem Dauer-Gag kurz vor den Sommerferien, es immer wieder zu versuchen, obwohl es null Effekte hätte. Von 6.856 Ausnahmegenehmigungen im Jahr 2011, dem Jahr der Einführung, ging die Zahl der Ausnahmegenehmigungen schon 2014 auf 21 zurück. Vor allem Lkw wurden kaum noch beantragt, auch weil Leipzig gleichzeitig ein Regime einführte, das den Durchfahrtsverkehr mit LKW massiv reduzierte.
Es gibt also gar keine Lobby – zumindest nicht in Leipzig – die die Schilder für die Umweltzone noch in irgendeiner Weise stören. Der Wagenpark ist schon aus Altersgründen fast komplett erneuert und die Autos fahren alle mit grüner Plakette (wenn man von den vielen Ausnahmen etwa für historische Fahrzeuge oder Spezialfahrzeuge absieht). Letztlich verhindert die Umweltzone vor allem eins: Dass Dreckschleudern von außerhalb ungestraft ins Stadtgebiet einfahren können.
Umweltzone drückte Luftbelastung deutlich
Und alle Zahlen von den Feinstaubmessstationen in der Stadt zeigen, dass die Umweltzone gerade bei den Rußpartikeln aus dreckigen Dieselmotoren deutlich zur Senkung der Luftbelastung beigetragen hat. Natürlich im Zusammenklang mit den vielen anderen Steuerungsmaßnahmen. Auch Leipzig wäre wohl auf die Nase gefallen, hätte die Stadt sich allein auf die Umweltzone verlassen.
Aber Sigbert Droese verwies ja in seiner Stadtratsrede geradezu mit honoriger Geste auf Erfurt, wo das Oberverwaltungsgericht im Mai die Umweltzone für unrechtmäßig erklärt hatte. Aber mit welcher Begründung es das getan hat, ist bislang nicht zu erfahren. In Erfurt freilich hatte ein Taxiunternehmer geklagt, also nicht nur allgemeine Bedenken vorgebracht, sondern konkrete als Kläger. Inwieweit ihn die Umweltzone am Geschäft gehindert hat, wird man wohl erst erfahren, wenn das OVG Weimar die Begründung für das Urteil veröffentlicht.
Erfurt taugt nicht als Vergleich
Droese verwies auch darauf, dass wohl sogar Erfurts Verwaltung erleichtert war. Aber im Unterschied zu Leipzig hat Erfurt die Umweltzone erst auf Gerichtsbeschluss 2012 widerwillig eingeführt. Sie hatte also von Anfang an keine wirkliche Unterstützung aus Stadtrat und Verwaltung. Und noch viel stärker als in Leipzig setzte die Erfurter Verwaltung darauf, dass andere Maßnahmen genauso dazu beitragen würden, die Luftschadstoffbelastung dauerhaft und flächendeckend zu senken.
Unbestechliche Zahlen
Denn genau darum geht es die ganze Zeit. Nicht das Bauchgefühl der Autofahrer ist entscheidend dafür, dass solche Maßnahme umgesetzt werden, sondern die Messergebnisse der nach gesetzlichen Standards aufgestellten Luftmessstationen sind es. Und auch in Leipzig hat es ziemlich lange gedauert, nämlich fünf Jahre, bis die von der EU gesetzten Grenzwerte bei der Feinstaubbelastung endlich eingehalten wurden. Beim Stickoxid waren es sogar zehn Jahre.
Das hat durchaus auch mit besserer Technik in den Kraftfahrzeugen zu tun, aber auch mit der wirksamen Verkehrslenkung, die gerade auf dem Innenstadtring die Verkehrsbelastung um fast 30 Prozent senkte, weil deutlich weniger Lkw einfach durch die Stadt abkürzten.
Und wie im letzten Jahr fand der AfD-Antrag, den auch das Dezernat Umwelt, Ordnung, Sport ablehnte, nur bei ein paar Stadträt/-innen der CDU noch Unterstützung und wurde mit 13:37 Stimmen abgelehnt.
Die Debatte vom 22. Juli 2021 im Stadtrat
Video: Livestream der Stadt Leipzig
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