Die Stadt Leipzig soll stärker an die Verbrechen im Nationalsozialismus erinnern. Das hat der Stadtrat am Mittwoch, dem 21. April, mit großer Mehrheit beschlossen. Anlass dafür war ein Antrag des Jugendparlaments. Geplant ist eine „zeitgemäße Gestaltung zur Erinnerung“ an bestimmten Orten im Stadtgebiet. Die Orte, die historisch belastet sind, sollen erforscht und benannt werden. Ein Änderungsantrag der AfD, sich nicht nur auf die Zeit des Nationalsozialismus zu beschränken, fand keine Mehrheit.
Leipzig sei eine Stadt, in der man sich heutzutage wohlfühlen kann, sagte Jugendparlaments-Mitglied Annegret Janssen. Das sei jedoch nicht immer so gewesen. „Wir müssen uns der Gräueltaten in der NS-Zeit bewusst sein und daran erinnern.“ Das könne in Form von Gedenktafeln an „historisch wichtigen Stellen“ geschehen. Gerade – aber nicht nur – bei jungen Menschen gehe es darum, das Geschichtsbewusstsein zu fördern.An die Verbrechen der Nationalsozialisten zu erinnern, war Konsens im Stadtrat. Auch die AfD sprach sich in einem Änderungsantrag dafür aus. Allerdings wollte sie keine gesonderte Maßnahme, sondern verwies auf das Konzept zur Erinnerungskultur, das sich in Arbeit befindet. Dort solle es zudem um andere Ereignisse und Zeiträume wie Industrialisierung, SED-Herrschaft und Deutsche Einheit gehen.
„Leipziger Geschichte beginnt nicht 1813“, entgegnete CDU-Stadtrat Michael Weickert auf die vorgeschlagene Liste der AfD, die mit der in jenem Jahr stattgefundenen Völkerschlacht startete. Dass sich die AfD auf die Geschichte der vergangenen 200 Jahre bezieht, obwohl Leipzig gerechnet von der Ersterwähnung mehr als 1.000 Jahre alt ist, sage „einiges darüber aus, was sie unter Erinnerungskultur versteht“.
Für Kritik sorgte auch, dass sowohl im ursprünglichen Antrag des Jugendparlaments als auch im Verwaltungsstandpunkt auf „die menschenverachtenden Verbrechen zwischen 1939 und 1945“ verwiesen wurde. Die Neufassung des Jugendparlaments korrigierte das und nannte 1933 bis 1945 als Zeitraum.
Für diese Neufassung gab es mit Ausnahme von neun Gegenstimmen und drei Enthaltungen große Zustimmung. Der folgende Prozess soll unter anderem in Zusammenarbeit mit dem Stadtgeschichtlichen Museum und der Universität stattfinden.
Die Debatte am 21. April 2021 im Stadtrat
Video: Livestream der Stadt Leipzig
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