Hat Leipzig tatsächlich schon alle Möglichkeiten ausgeschöpft, Werbung im öffentlichen Raum zu regulieren? Gar zu verhindern, dass für Alkohol und Nikotin geworben wird oder sexistische Frauenbilder zu sehen sind? Zuletzt kochte die Diskussion vor zwei Jahren im Leipziger Stadtrat. Seitdem ist es etwas ruhiger geworden. Doch im Juni fand Marcus Weiss (Die PARTEI), dass noch immer viel zu viel Anmach-Werbung zu sehen ist. Er schrieb gleich wieder einen Antrag, den die Verwaltung jetzt als rechtswidrig abgelehnt hat.
Sein Anliegen: „Der Stadtrat beauftragt den Oberbürgermeister zu prüfen ob, wie und in welchem Umfang die Stadt Leipzig Einfluss auf Werbung im Öffentlichen Raum nehmen kann. Es soll im Detail geprüft werden, wie Werbung für Zigaretten und Alkohol sowie sexistische und diskriminierende Werbung untersagt oder beschränkt werden kann. Die Verwaltung soll bis zum vierten Quartal 2020 ein entsprechendes Regularium ausarbeiten und der Ratsversammlung vorlegen.“
Alle drei Themen sind nicht neu. Und gerade über die sexistischen Geschlechterstereotypen hat der Stadtrat schon mehrmals diskutiert, zuletzt 2018.
Aber aus Sicht des Dezernats Allgemeine Verwaltung sind Leipzig für mehr Intervention die Hände gebunden. „Der Antrag kann aus Sicht der Verwaltung nicht unterstützt werden, da eine Einflussnahme auf Werbung durch die Stadt Leipzig als Teil der öffentlichen Verwaltung rechtswidrig wäre und die Stadt ihre gesetzlichen Möglichkeiten zur Einflussnahme auf die angesprochenen unerwünschten Werbeformen bereits vollständig ausnutzt. Es können auch keine weiteren Regelungsmöglichkeiten durch den Stadtrat geschaffen werden“, betont das Dezernat in seiner Stellungnahme.
Das Problem dabei: Selbst kommerzielle Werbung scheint in Deutschland unter den Schutz der Meinungsfreiheit zu fallen.
Jedenfalls verweist das Verwaltungsdezernat auf diese auch schon vor Gericht diskutierte Problematik: „In der Rechtsprechung und Literatur ist unstreitig, dass kommerzielle Wirtschaftswerbung den Grundrechtsschutz der Kommunikationsfreiheit genießt. Die kommerzielle Wirtschaftswerbung enthält eine Meinung, mit der auf andere eingewirkt wird, damit sie das jeweilig angebotene Produkt kaufen oder von der angepriesenen Dienstleistung Gebrauch machen.
Mit der Werbung sollen Werturteile und Überzeugungen hinsichtlich des betreffenden Produkts oder des Images eines Unternehmens vermittelt werden. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinen wegweisenden sogenannten Benetton-Entscheidungen zur Schockwerbung im Jahr 2000 entschieden, dass Werbeverbote zugunsten der Presse- und Meinungsfreiheit aufgehoben werden müssen (BverfG Urt. v. 08/11.03.2000 1 BvR 1762/95&1 BvR 1787/95 sowie 1 BvR 426/02).
Gemäß Art. 5 GG, findet das Recht der freien Meinungsäußerung, der Medienfreiheit und der Kunstfreiheit seine Grenzen in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.“
Der Unterschied zur Presse ist natürlich, dass Pressebeiträge nie den öffentliche Raum zupflastern. Menschen, die die entsprechenden Zeitungen oder Magazine nicht kaufen, bekommen diese Meinungsvielfalt gar nicht mit, während sie den Werbeplakaten überall im Stadtraum begegnen – auf Gehwegen, an Haltestellen, oft als Riesenposter an Hauswänden.
Das Thema berührt tatsächlich die Grundfrage: Müssen sich Stadtbewohner all diese Werbebotschaften mit oft sehr plattem Unterton eigentlich gefallen lassen? Oder sind wir schon so abgestumpft, dass wir die unterschwelligen Botschaften gar nicht mehr wahrnehmen?
Sondernutzungssatzung ist noch in Arbeit
Das Verwaltungsdezernat lehnt den Antrag zwar ab, beschäftigt sich aber trotzdem mit dem Problemfeld, wie die Stellungnahme des Verwaltungsdezernats betont: „Gesetzliche Schrankenbestimmungen für diskriminierende, sexistische und entwürdigende Werbeformen, existieren bereits zahlreich und werden von der Stadt Leipzig als Träger hoheitlicher Gewalt angewandt und beachtet. Derartige Vorschriften sind z.B. § 118 OWiG (Belästigung der Allgemeinheit mit einer grob ungehörigen Handlung), § 119 OWiG (grob anstößige und belästigende Handlungen) oder die Vorschriften des Jugendschutzgesetzes.
Nach dem Entwurf der Neufassung der sich noch in der verwaltungsinternen Abstimmung befindlichen Sondernutzungssatzung soll ein Erlaubnisnehmer von Sondernutzungen auf öffentlichen Straßen der Stadt Leipzig dafür Sorge tragen, dass seine Sondernutzung in Form von Werbeanlagen weder Kinder noch Jugendlichen körperliche oder seelische Schäden zufügt, keinen diskriminierenden Inhalt im Hinblick auf Herkunft, Abstammung, Religion, Geschlecht, Alter hat; keinen gewaltaufrufenden Inhalt hat und Unglück und Leid nicht instrumentalisiert.“
Was ja in gewisser Weise das Anliegen von Marcus Weiss aufgreift.
Weiter könne eine Stadt nicht gehen, betont das Verwaltungsdezernat: „Außerhalb der bereits aufgezählten gesetzlichen Schrankenbestimmungen existieren keine Möglichkeiten der Stadt Leipzig auf kommunaler Ebene Regelungen zu schaffen, um Einfluss auf die Werbung im öffentlichen Raum zu nehmen.
Die Stadt Leipzig kann im eigenen Wirkungskreis nur für Selbstverwaltungsangelegenheiten nach § 4 der Sächsischen Gemeindeordnung Satzungen erlassen. Eine kommunale Satzung, die bestimmte Formen von Werbung verbietet, ist jedoch nicht geeignet das Recht der freien Meinungsäußerung, der Medienfreiheit und der Kunstfreiheit zu beschränken. Eine solche Satzung wäre rechtswidrig.“
Der Stadtrat tagt: Sexistische Werbeplakate künftig unzulässig + Video
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Keine Kommentare bisher
Und ich dachte immer, die Partei meinte ihr Saufen-Ficken-Nicht zur Arbeit Gehen- ernst?!
Immerhin nennt sich der Leipziger Vorsitzende doch Kumbernuss!
Aber jetzt machen die niederen Chargen Zeitgeistpolitik…oha….der ekelt sich tatsächlich vor zu vielen T***tten auf den Plakaten?! Ha, ha, ha….da kann er froh sein, dass er die 90er verpasst, dieser kleine Taliban…..was für einliche Möchtergernpunker…