Eigentlich ist es doch ganz einfach. Und nicht nur das Jugendparlament sah das so, als es zum Jahresauftakt ein Rauchverbot auf Leipziger Spielplätzen beantragte. Glimmstängel haben in der Nähe von Kindern nun einmal nichts zu suchen. Eigentlich begrüßt das Dezernat Umwelt, Ordnung, Sport den Vorstoß. Aber dort weiß man nur zu gut, dass gerade solche Verbote in Deutschland nur schwer umzusetzen sind. Drum wird erst einmal geprüft.

Vor den Sommerferien will das Ordnungsdezernat dann die Prüfergebnisse vorlegen, ob so ein Rauchverbot auf Spielplätzen – aber auch vor öffentlichen Gebäuden – tatsächlich umsetzbar ist.

„Das Anliegen des Antrages, den Schutz von Nichtraucher/-innen, insbesondere von Kindern und Jugendlichen, zu verbessern, ist unter dem Blickwinkel des Gesundheitsschutzes zu begrüßen. So handelt es sich einer Studie des Deutschen Krebsforschungszentrums zufolge bei Tabakrauch um die gefährlichste vermeidbare Innenraumverschmutzung. Tabakrauch enthält über 70 Substanzen, die krebserregend sind oder in diesem Verdacht stehen“, stimmt das Dezernat dem Antrag der Jugendparlamentarier zu.

„Die im Antrag aufgeworfenen Aspekte gilt es jedoch im Hinblick auf deren rechtliche Zulässigkeit differenziert zu betrachten. Der nachfolgende Sachstandsbericht wird darüber aufklären, wie sich die aktuelle Rechtslage bzgl. der einzelnen Vorschläge gestaltet und welche (kommunal-)rechtlichen Schritte von der Stadt Leipzig unternommen werden könnten.“

Was hat der Gesetzgeber in Sachen Rauchverbot eigentlich schon alles so festgelegt, dass es auch umgesetzt werden kann?

Das Ordnungsdezernat zählt auf:

– Rauchverbote im Bereich des Straßenverkehrs, wie etwa § 1 Abs. 1 Nr. 2 BNichtrSchG, wonach das Rauchen in öffentlichen Verkehrsmitteln verboten ist.

– Ein Rauchverbot in Kitas und Schulen ist bereits gesetzlich normiert. Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 Bst. a und b SächsNSG gilt das Rauchverbot auch in Erziehungs- und Bildungseinrichtungen … sowie Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe (u. a. Kitas) nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch [SGB VIII]).

– Nach § 2 Abs. 3 S. 1 SächsNSG erstreckt sich das Rauchverbot auf vollständig umschlossene Räume in Gebäuden einschließlich der dazugehörigen Nebeneinrichtungen wie Cafeterien, Werkstätten und Lagerräume. Bei Erziehungs- und Bildungseinrichtungen i. S. v. Abs. 2 Nr. 2 Bst. a und b erstreckt es sich auch auf den umfriedeten Außenbereich, § 2 Abs. 3 S. 2 SächsNSG.

– Nach bestehender Rechtslage ist das Rauchen in öffentlichen Gebäuden der Stadtverwaltung Leipzig gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SächsNSG untersagt. Darüber hinaus ergibt sich die Ermächtigung der Stadt Leipzig, in ihren Einrichtungen ein Rauchverbot zu verhängen, aus ihrem Hausrecht und der gesetzlich normierten Selbstverwaltungsgarantie.

Was dann zumindest das vom Jugendparlament verhängte Rauchverbot vor städtischen Einrichtungen ermöglicht.

Das Ordnungsdezernat erklärt dazu: „Das Hausrecht und die Selbstverwaltungsgarantie ermächtigen die Gemeinde auch dazu, das Rauchverbot auf die im Außenbereich liegenden Eingangsbereiche der öffentlichen Gebäude der Stadtverwaltung zu erstrecken. Voraussetzung hierfür ist, dass die jeweiligen Gebäude und die dazugehörigen Außenbereiche in den Herrschaftsbereich der Stadt Leipzig fallen.

Außerdem ist zu beachten, dass das Rauchen auf der Straße zum straßenrechtlichen Gemeingebrauch gehört und somit nicht durch kommunalrechtliche Maßnahmen verboten werden kann. Es müsste also ein abgrenzbarer Herrschaftsbereich für die Ausübung des Hausrechts definiert werden. In diesem Bereich darf die Stadt Leipzig grundsätzlich durch Ausübung ihres Hausrechts mittels Satzung und Hausordnung ein Rauchverbot regeln.“

Also muss das zumindest geprüft werden. Und vielleicht ist dann ein kleiner Raum vor den Türen mit Rauchverbot belegbar, der angrenzende Gehweg aber nicht.

Da sieht man dann schon die Verwaltungsmitarbeiter/-innen genauso wie die Lehrer/-innen hinter ihren Schulen und hinterm Rathaus auf dem Bürgersteig versammelt und hektisch an den Zigaretten ziehen.

Denn ein Verbot ändert ja erst einmal nichts daran, dass die meisten Raucher/-innen süchtig sind nach Nikotin. Es verkleinert nur die Räume, in denen sie ihrer Sucht nachgehen können.

Und wie ist das nun mit Spielplätzen? Die liegen ja komplett im öffentlichen Raum. Ist da also ein Rauchverbot gar nicht umsetzbar?

„Ein Rauchverbot auf öffentlichen Spielplätzen der Stadt Leipzig könnte insbesondere mittels kommunaler Satzung gemäß § 4 Abs. 1 S. 1 SächsGemO umgesetzt werden“, überlegt das Ordnungsdezernat. „Diese Möglichkeit ergibt sich dadurch, dass es sich bei Spielplätzen um öffentliche Einrichtungen (vgl. § 10 Abs. 2 SächsGemO) handelt, welche der Organisationshoheit – als Bestandteil der Selbstverwaltungsgarantie – der Gemeinde unterliegen. Unter Beachtung geltender Rechtsvorschriften kann die Benutzung öffentlicher Spielplätze durch die Gemeinde geregelt werden.“

Im Freistaat Sachsen gebe es hierfür bereits Beispiele, so das Ordnungsdezernat: „Ein Rauchverbot auf Spielplätzen haben u. a. die Städte Chemnitz und Görlitz in ihre Grünanlagensatzungen aufgenommen.“

Dennoch will man doch lieber erst prüfen, denn: „Bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit ist zu bedenken, dass ein Rauchverbot auf Spielplätzen in die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) der Raucher/-innen eingreifen würde. Dieser Eingriff könnte allerdings gerechtfertigt sein. Hier wäre eine Abwägung zwischen den Schutzgütern der Passivraucher/-innen (insbesondere der gesundheitliche Schutz von Kindern und Jugendlichen) und der allgemeinen Handlungsfreiheit der Raucher/-innen vorzunehmen.

Dass an städtischen Spielplätzen geraucht wird, ist unbestritten. Verschiedene Personen verbringen dort ihre Freizeit und gehen teilweise einem entsprechenden Tabak- und/oder Alkoholkonsum nach, was Jugendgruppen und Erwachsene gleichermaßen betrifft. Dabei stellt das Passivrauchen gerade für Kinder ein erhebliches Risiko dar, weil sie besonders empfindlich auf die Giftstoffe im Tabakrauch reagieren. Kinder, die Tabakrauch ausgesetzt sind, erkranken nach Angaben des Gesundheitsamtes häufiger an

– akuter wie auch chronischer Mittelohrentzündung,
– Lungenentzündung und Bronchitis,
– Asthma und anderen Erkrankungen der Atemwege.

Außerdem klagen Kinder häufiger über Husten, Schwindel und Kopfschmerzen; auch das Krebsrisiko für Kinder wird durch Tabakrauch erhöht. Daneben stellen nicht ordnungsgemäß entsorgte Zigaretten auf Spielplätzen eine weitere Gefahr für Kinder dar. Vor dem Hintergrund, dass Kinder gerade im Kleinkindalter Gegenstände oftmals in den Mund nehmen, ist es nicht verwunderlich, dass Tabakvergiftungen zu den häufigsten Vergiftungen im Kindesalter zählen.

Angesichts dessen wird durch die Stadtverwaltung derzeit eingeschätzt, dass der o. g. Grundrechtseingriff durch Festlegung eines solchen Rauchverbotes gerechtfertigt sein könnte. Die Möglichkeiten einer konkreten Umsetzung des Rauchverbots gilt es abschließend zu klären.“

Zwar will die Verwaltung erst einmal nur die Sache mit den Spielplätzen prüfen. Aber ganz aus dem Blickwinkel verliert sie das große Anliegen des Jugendparlaments, überhaupt in Grünanlagen und Parks das Rauchen zu untersagen, nicht.

Aber da sind die Bedenken, ob das gesetzlich möglich ist, deutlich größer: „Eine Festlegung möglicher Rauchverbote für Parks und öffentliche Plätze analog der Ausführungen im Abschnitt D. ,Rauchverbot auf öffentlichen Spielplätzen‘ wäre theoretisch möglich, jedoch mit einer Vielzahl rechtlicher Unsicherheiten behaftet. So ist zunächst fraglich, ob die Festlegung eines generellen Rauchverbotes in Parks und auf öffentlichen Plätzen die verfassungsrechtlich fixierten Selbstverwaltungskompetenzen der Stadt Leipzig nicht überdehnen würde.

Die generelle Festlegung eines Rauchverbotes für den hier behandelten Bereich würde zudem aller Voraussicht nach das Grundrecht der Raucher/-innen auf allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) zu intensiv einschränken.

Unabhängig davon ist fraglich, ob diese Regelung im Falle einer derartigen Ausweitung überhaupt durchsetzbar wäre. Zu berücksichtigen ist auch, dass Parks bzw. öffentliche Plätze von Personen und Personengruppen mit den unterschiedlichsten Interessen genutzt werden. Anders als bei ausgewiesenen Kinderspielplätzen ist eine solche Reglementierung der Freizeit- und Erholungsgestaltung nicht im notwendigen Maß kontrollierbar.“

Das ist dann wieder das, was in Deutschland so gern Freiheit genannt wird. Ganz ähnlich der Freiheit zum Rasen auf deutschen Autobahnen. Fast wehmütig schaut man da als Nichtraucher nach Paris.

„Frankreichs Hauptstadt sagt den Kippen den Kampf an: Ab dem 8. Juni darf in insgesamt 52 Parks und Gärten von Paris nicht mehr geraucht werden. Nach der versuchsweisen Einführung von sechs Nichtraucherparks im vergangenen Juli werde die Maßnahme auf 46 weitere Grünflächen ausgeweitet, teilte die Stadtverwaltung anlässlich des Weltnichtrauchertags mit. Damit gelte künftig in zehn Prozent der Pariser Grünflächen Rauchverbot“, meldete dazu der „Spiegel“ im Mai des vergangenen Jahres.

Was ja auch eine Anregung wäre: Erst einmal ein paar kleine, überschaubare Parks zu Nichtraucherparks machen, um das Ganze einfach mal auszutesten. Für Nichtraucher wäre es eine echte Freude, in den Park gehen zu können, und tatsächlich mal Blütenduft, frisch gemähtes Gras oder feuchtes Laub zu riechen, statt die beißende Wolke des Sitznachbarn, der von frischer Luft gar nichts wissen will.

An Leipzigs Spielplätzen sollte das Rauchen generell verboten sein

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