Jahrelang hat das Leipziger Liegenschaftsamt auf Teufel komm raus städtische Flächen verkauft und mit einer geradezu chaotischen Verkaufspolitik immer wieder den Stadtrat verärgert. Eigentlich hatten auch die Grünen gedacht, dass dieser Ausverkauf städtischer Fläche endlich beendet wäre. Aber dann entdeckten sie im Amtsblatt schon wieder ein Verkaufsangebot. Und diesmal betraf es gleich das gerade erst zur Diskussion gestellte Thema landwirtschaftliche Flächen.

Erst im Februar hatte die Grünen-Fraktion ja ein ganzes Antragspaket zu den landwirtschaftlichen Flächen der Stadt geschnürt. Obwohl es seit Jahren Selbstverpflichtung der Stadt ist, auf den eigenen städtischen Flächen naturschonende und ökologische Nutzung zu befördern, ist dabei bis heute nicht viel passiert. Die fünf Anträge stecken gerade im Diskussionsprozess des Stadtrates. Das Liegenschaftsamt kann also nicht sagen, es hätte von dieser Initiative nichts gewusst.

Doch im aktuell erschienenen Amtsblatt findet sich eine städtische Verkaufsausschreibung (bitte Hinweis unterm Text beachten, d. Red.) von etwa 2 Hektar landwirtschaftlicher Fläche in Knauthain zum Höchstpreisverfahren. Ebenso wie viele Anwohnende wurde die Grünen-Fraktion darauf aufmerksam und zeigt sich nun empört.

„Wir erwarten vom Oberbürgermeister, dieses Verkaufsverfahren umgehend zu stoppen und zunächst die angestrebte Grundsatzentscheidung des Stadtrates abzuwarten, bevor Tatsachen geschaffen werden!“, meint Norman Volger, Fraktionsvorsitzender und umweltpolitischer Sprecher der Grünen. „Sollte der Oberbürgermeister an seiner Verkaufsabsicht festhalten, werden wir verlangen, dass dieser Verkauf, auch wenn von den Wertgrenzen absolut unbedeutende, im Stadtrat beraten und beschlossen werden muss.“

„Diese Verkaufsabsicht des zuständigen Wirtschaftsdezernates verstößt nicht nur gegen geltende Stadtratsbeschlüsse, sondern mindestens ebenso gegen den respektvollen Umgang zwischen Verwaltung und Politik“, schätzt Stadtrat Tim Elschner, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der Fraktion, ein. „So hat sich bereits 2010 die Verwaltung selbst verpflichtet, ,…die Pächter entsprechend den Rahmenbedingungen, unter Einbindung neuer Entwicklungen für den ökologischen Landbau zu gewinnen‘, was jüngst als Ziel im INSEK 2030 bekräftigt wurde. Auch wenn die damals festgelegte Priorisierung des Bio-Landbaus zwischenzeitlich abgeschafft und dem konventionellen gleichgesetzt wurde (Aufhebung der Priorisierung 2007) blieb diese Verpflichtung dennoch unverändert bestehen. Dies impliziert aber eben auch, dass einerseits landwirtschaftliche Flächen, die sich im kommunalen Eigentum befinden, verpachtet statt verkauft werden und dass die Stadt andererseits in Ausschreibungsverfahren die ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Förderung des Ökolandbaus nutzt. Wenn nur Aufträge zur Verpachtung bestehen, kann die Verwaltung nicht einfach verkaufen.“

Und Norman Volger erinnert an die erst im Februar eingereichten Anträge der Grünen: „Erhalt der landwirtschaftlichen Flächen im Eigentum der Stadt Leipzig und ihrer Beteiligungen“, „Landverpachtungen nur noch ohne „Pflanzenschutzmittel“ und „Förderung der Bio-Landwirtschaft“.

Der wesentliche Antrag zum jetzigen Thema soll gerade bewirken, dass Leipzig nicht noch mehr landwirtschaftliche Fläche verkauft, sondern sogar zukauft, um auch auf dem eigenen Stadtgebiet noch Einfluss darauf zu behalten, wie umweltverträglich die Flächen bewirtschaftet werden.

„Damit soll der Oberbürgermeister einerseits beauftragt werden, dafür Sorge zu tragen, dass die Gesamtfläche an landwirtschaftlichem Boden wieder im Minimum auf den Stand des Jahres 2010 durch Zukäufe und/oder Umwandlung oder Entsiegelung gebracht wird“, sagt Volger. Er benennt aber auch gleich noch das nächste drängende Thema, um das sich das Liegenschaftsamt bis heute ebenfalls nicht gekümmert hat: „Weiterhin soll die Verpachtung landwirtschaftlicher Flächen der Stadt und ihrer Beteiligungen ab sofort mittels öffentlicher Ausschreibung erfolgen, bei der Angebote aus der Biolandwirtschaft bei gleichwertigen Angeboten bevorzugt den Zuschlag erhalten. Zudem soll bei allen Neuverpachtungen der Stadt und ihrer Beteiligungen privatrechtlich verankert werden, dass die Pächter verbindlich auf den Einsatz von ‚Pflanzenschutzmitteln‘ (Pestizide) verzichten.“

Von der Stadtverwaltung zeigt er sich enttäuscht: „Statt sich also mit diesen laufenden Anträgen ernsthaft auseinanderzusetzen und sich dazu zu positionieren, versucht das zuständige Wirtschaftsdezernat bzw. das Liegenschaftsamt Fakten zu schaffen, die unseren Forderungen komplett entgegenstehen. Dies ist nicht nur absolut respektlos gegenüber dem Stadtrat, sondern unterläuft gezielt das souveräne Recht des Stadtrates. Solange Beschlussanträge im Verfahren sind, ist die Verwaltung gesetzlich gehalten, keine dem entgegenstehenden Tatsachen zu schaffen.“

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Korrektur, 11. April: Der Hinweis von Leser spb stimmt: Die Stadt ist nicht Verkäufer der angegebenen Flächen. “Das war auch im Amtsblatt so nicht erkennbar”, teilen uns die Grünen mit. Erst das Liegenschaftsamt schaffte Aufklärung, dass der Hinweis im Amtsblatt eine rein amtliche Handlung ist, mit der die Stadt als zuständige Landwirtschaftsbehörde den Verkauf landwirtschaftliche Flächen an neue landwirtschaftliche Nutzer managt. Denn landwirtschaftliche Flächen dürfen im Normalfall von privat nur an neue landwirtschaftliche Nutzer verkauft werden.

Die Stadt handelt also im Rahmen ihrer Aufgaben und unterstützt die Suche nach neuen landwirtschaftlichen Nutzern der Fläche.

“Wobei wir natürlich wünschen, dass die Stadt kauft”, betonen die Grünen. “Denn das ist ja der Sinn unseres Antrags.”

Grüne schnüren ein richtiges Bio-Landwirtschafts-Paket für Leipzig

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Es gibt 2 Kommentare

Sowohl L-IZ als auch Grünen sei die Lektüre des Grundstücksverkehrsgesetzes ans Herz gelegt. Und die vollständige Lektüre der ‘Anzeige’, die hier nur teilweise wiedergegeben ist. Dann sollte klar werden, dass hier die sogenannte untere Landwirtschaftsbehörde pflichtgemäß über einen Verkauf von Flächen an Nichtlandwirte informiert und dies mit Flächen der Stadt vermutlich nichts zu tun hat, weil dafür das SMUL zuständig sein dürfte. Mir persönlich fehlt hier die Recherche vor der Aufregung.

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