Zu verschenken hat Leipzig ja eigentlich nichts. Auch nicht auf dem Gebiet der Kultur. Deswegen stutzte CDU-Stadtrat Ansbert Maciejewski, als er die Theaterstatistik 2016/17 des Deutschen Bühnenvereins las und dort feststellte, dass das Schauspiel Leipzig scheinbar besonders viele Besucher gegen freien Eintritt ins Haus ließ. Das Kulturdezernat hat auf seine Anfrage jetzt geantwortet.
Immerhin war der Statistik zu entnehmen, dass die Oper Leipzig bei 242.642 Besuchern 9.674 Ehren-, Frei- und Dienstkarten vergeben hat, was 3,99 % aller Karten entspricht. Das Theater der Jungen Welt vergab 2.668 Ehren-, Frei- und Dienstkarten bei 54.807 Besuchern (4,87 %). Demgegenüber wurden beim Schauspiel Leipzig bei 90.844 Besuchern scheinbar 11.265 Ehren-, Frei- und Dienstkarten vergeben, was 12,4 % entspricht.
Kommt also tatsächlich jeder achte Besucher kostenlos ins Schauspiel?
Nicht ganz, erwidert jetzt das Kulturdezernat.
„Tatsächlich beträgt der Anteil beim Schauspiel nicht 12,4 % sondern 5,35 %. Hintergrund ist, dass die Darstellung der insgesamt 11.265 Karten in der Kategorie Ehrenkarten/Freikarten/Dienstplätze in der Statistik des Deutschen Bühnenvereins nicht zutreffend ist“, erläutert es die hohe Kartenzahl.
„Vielmehr sind dieser Kategorie in der Statistik des Bühnenvereins sämtliche Karten zugeordnet, die das Ticketsystem im Schauspiel als ‚ohne Betrag‘ ausweist. Dies sind allerdings nur zu einem kleineren Teil tatsächlich Steuer- Dienst- und Ehrenkarten, sondern betrifft insbesondere Veranstaltungen, die bei freiem Eintritt stattgefunden haben. Dies betraf auf der Großen Bühne insbesondere die Expertengespräche.
Ebenso sind darin Karten für die Sponsorenveranstaltung der Sparkasse enthalten, die zwar ‚ohne Betrag‘ sind, da die Sparkasse diese Karten an ihre Kunden weitergibt. Natürlich sind diese Karten keine Freikarten im eigentlichen Sinn, sondern beinhalten eine im Sponsoringvertrag vereinbarte feste finanzielle Gegenleistung. Auch 301 Begleitpersonen für Rollstuhlfahrer, die nach der Entgeltordnung des Schauspiels ebenfalls freien Eintritt haben, fallen in diese Kategorie.“
Und das Schauspiel hat ja noch weitere Spielstätten: „In der Diskothek betrafen die Veranstaltungen bei freiem Eintritt insbesondere Studiovorsprechen des Schauspielstudios, in der Residenz die Besucher anlässlich des Rahmenprogramms der Residenz zum Spinnereirundgang und bei den sonstigen Veranstaltungen waren dies Freikarten, die der Zoo anlässlich der Produktion ‚Konferenz der Tiere‘ an Partner und Sponsoren ausgereicht hat. Die Weihnachtsjurte im Zoo war ebenfalls unentgeltlich wie die Veranstaltungen im Rahmen des Conaction-Cafes in der damaligen Baustelle.“
Nur gibt es bislang keine Kategorie, in der der Bühnenverein solche Extra-Veranstaltungen zählen kann. Das soll sich ändern, wünscht sich zumindest das Schauspiel Leipzig: „Das Schauspiel hat mit dem Deutschen Bühnenverein abgestimmt, dass bei zukünftigen Meldungen für die Statistik die Darstellung entsprechend angepasst und feingliedriger berichtet wird.“
Aber die große Zahl der Freikarten hatte Maciejewski auch deshalb irritiert, weil das nach einem regelrechten Wildwuchs der Freikartenvergabe aussah. „Nach welchen Kriterien und durch wen werden die Ehren-, Frei- und Dienstkarten an Oper, Schauspiel und Theater der Jungen Welt vergeben?“, hatte er deshalb auch gefragt.
„Momentan verfügen die Eigenbetriebe über eigene Regelungen zur Vergabe von Dienst-, Steuer- und Ehrenkarten. Die Verwaltung arbeitet bereits seit langer Zeit an einer Beschlussvorlage für den Stadtrat, die zukünftig die Regelungen zur Vergabe vereinheitlichen soll. Die Vorlage befindet sich aktuell zur steuerrechtlichen Prüfung. Sobald dies abgeschlossen ist, wird die Vorlage zur Beratung in die Gremien gegeben“, erläutert nun das Kulturdezernat.
Und exemplarisch für das Schauspiel Leipzig: „Auf die Gewährung von Dienst-, Steuer- und Ehrenkarten besteht grundsätzlich kein Rechtsanspruch, die Karten werden ausschließlich aus dem Kontingent nicht verkaufter Karten abgegeben. Für Veranstaltungen auf der Großen Bühne kann eine Freigabe für Dienst- und Steuerkarten je nach Vorverkaufssituation in der Regel 8 Tage vor der Veranstaltung durch schriftliche Freigabe durch die Leiterin Besucherservice sowie den Verwaltungsdirektor erfolgen. Für die kleinen Spielstätten erfolgt die Freigabe 15 Minuten vor Vorstellungsbeginn an der Abendkasse.“
Und Ehrenkarten werden an einen klar definierten Empfängerkreis gegeben: Intendanten und Geschäftsführer der Theater, an Vorstandsmitglieder der Freundeskreise, Ehrenmitglieder, Mitglieder des Betriebsausschusses Kulturstätten des Stadtrats, involvierte Autoren, Ehrengäste. Ach ja: Auch ein paar Journalisten dürfen noch rein: „Pro angemeldetem Medium erhalten zudem Pressevertreter jeweils eine Pressekarte pro Veranstaltung.“
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