Diskutiert wird über den Schutz von Mietern auf einem sich immer mehr erhitzenden Wohnungsmarkt in Leipzig schon seit über drei Jahren. Aber meist so, als hätte die Stadt noch viel Zeit, bevor es eng wird auf dem Markt. Dabei hat sich die Situation gerade für Menschen mit niedrigen Einkommen in den letzten Jahren schnell und deutlich zugespitzt. Die Linksfraktion beantragt jetzt, ein wichtiges Regelungsinstrument endlich einzusetzen – die Milieuschutzsatzung.
In sozialen Erhaltungsgebieten (Milieuschutzgebieten) sollen übermäßig teure Modernisierungen verhindert und andererseits bereits getätigte städtebauliche Investitionen wie z. B. in Kitas und Schulen geschützt werden, umreißt die Linksfraktion ihr Anliegen, das auch den anderen Fraktionen nicht neu ist. Schon mehrfach haben sie sich mit dem Thema beschäftigt. 2017 hatte die SPD-Fraktionen einen Prüfauftrag gestellt.
Aber was will die Stadt noch groß prüfen? Die Leipziger mit kleinen Einkommen, die jetzt gezwungen sind, eine Wohnung zu suchen, merken schnell, dass gerade die bezahlbaren Wohnungen für Alleinlebende und Familien rar sind. Jedenfalls zu den Preisen, die man sich als Leipziger Kleinverdiener leisten kann.
Es ist ja nicht nur der Neubau, der teure Mietwohnungen auf den Markt spült. Schon besonders umfangreiche Modernisierungsmaßnahmen treiben immer wieder die Mieten stark in die Höhe und führen dazu, dass viele MieterInnen sich ihre Wohnung nicht mehr leisten können. Durch Soziale Erhaltungssatzungen können sogenannte Luxusmodernisierungen durch Versagung von Genehmigungen verhindert werden.
Bereits im Wohnungspolitischen Konzept von 2015 ist auf Forderung des Stadtrates das Instrument der Sozialen Erhaltungssatzung (Milieuschutzsatzung) enthalten. Hiernach ist die Verwaltung bei Anzeichen eines angespannten Wohnungsmarktes aufgefordert, entsprechend zu prüfen. Doch erst auf Aufforderung des Stadtrates fand im 1. Halbjahr 2017 eine Voruntersuchung für den Leipziger Osten statt. Das Ergebnis, welches für Teile des Leipziger Ostens die Notwendigkeit einer solchen Satzung vorsieht, liegt seit über einem Jahr in der Schublade der Stadtverwaltung.
„Wenn die Berechnungen der Voruntersuchung zum Leipziger Osten dazu führen, dass eine Milieuschutzsatzung notwendig ist, dann erwarten wir von der Verwaltung dass sie selbstständig und unverzüglich Maßnahmen ergreift, um die angestammte Wohnbevölkerung unter anderem vor Entmietungen zu schützen“, kommentiert Mathias Weber, Wohnungspolitischer Sprecher der Linksfraktion, diese unverständliche Verzögerung. „Die Antwort auf unsere Ratsanfrage im Februar, welche einen solchen Satzungsbeschluss im Stadtrat erst Ende 2019 vorsieht, ist für uns inakzeptabel! Andere Kommunen benötigen von der Erhebung bis zum Beschluss ein Jahr.“
Siegfried Schlegel, Sprecher für Stadtentwicklung, ergänzt: „Da sich auch in anderen Quartieren ähnliche Entwicklungen wie im Leipziger Osten abspielen, liegt es für die Fraktion Die Linke nahe, dass auch in anderen Stadtteilen in Leipzig die Notwendigkeit einer Sozialen Erhaltungssatzung besteht. Darüber hinaus erwarten wir umfängliche Eigentümer- und Bürgerinformationen zum Thema, die deutlich über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinausgehen.“
Veränderungssperre jetzt gleich
Die Grünen zogen gleich nach.
Mit einem eigenen Antrag spricht sich die Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen für eine umgehende Aufstellung einer sozialen Erhaltungssatzung für die aus der Vorplanung der Landesweiten Planungsgesellschaft mbH empfohlenen Stadträume des Leipziger Ostens aus. Das vorgesehene Milieuschutzgebiet des Inneren Leipziger Osten umfasst die Quartiere entlang der Eisenbahnstraße mit den Ortsteilen Neustadt-Neuschönefeld, Volkmarsdorf sowie Teilen von Sellerhausen-Stünz (Bülowviertel) und Teilen von Anger-Crottendorf.
„In diesem Gebiet sind seit Verabschiedung des Wohnungspolitischen Konzeptes (Fortschreibung) im Jahre 2015 gravierende Veränderungen auf dem Miet- und Immobilienmarkt zu beobachten. Übermäßige Sanierungen und weitere erhebliche Mietsteigerungen können die Verdrängung von gebietsansässiger Wohnbevölkerung zur Folge haben. Die ortsteiltypische Bevölkerungsstruktur des Inneren Leipziger Osten ist deshalb massiv gefährdet. Auch liegt die Gesamtmietbelastungsquote bereits jetzt über der kritischen Grenze von 30 % des Haushaltsnettoeinkommens. Es ist also dringender Handlungsbedarf geboten!“, findet Tim Elschner, Stadtrat und stadtentwicklungspolitischer Sprecher der Grünen.
„Unsere Fraktion hat in diesem Zusammenhang weiter beantragt, dass umgehend bzw. bis spätestens zum Ende des I. Quartals 2019 dem Stadtrat eine soziale Erhaltungssatzung für das vorgesehene Milieuschutzgebiet als Beschlussvorlage vorzulegen ist.“
Und dann gehen die Grünen noch einen Schritt weiter, fügt Elschner hinzu: „Damit die soziale Erhaltungssatzung ihre Wirkung letztendlich aber auch entfalten kann und im Vorfeld nicht unterlaufen wird, ist umgehend eine Veränderungssperre zu erlassen. Der Fachausschuss Stadtentwicklung und Bau soll des Weiteren über alle Bauvorhaben informiert werden. Außerdem sind seitens der Stadtverwaltung Bauherren genehmigungspflichtiger Baugesuche bei der Planung und Umsetzung geeigneter Maßnahmen, mit denen den Zielen der Erhaltungssatzung entsprochen wird, zielführend zu beraten.“
Zur Vorbereitung und Festsetzung des Milieuschutzgebietes sprechen sich die Grünen auch dafür aus, die betroffenen Mieter*innen und Vermierter*innen zu informieren.
„Dafür sind alle zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen, beispielsweise Anschreiben, Informationsbroschüre (mehrsprachig), Einwohnerversammlung“, geht Elschner auf das so wichtige Thema Bürgerbeteiligung ein. „Darüber hinaus halten wir es für dringend geboten, in dem Gebiet während der Zeit des Milieuschutzes eine regelmäßige Mieterberatung einzurichten, die den betroffenen Mietern und Mieterinnen als Ansprechpartner zur Verfügung steht.“
Der Antrag der Grünen-Fraktion.
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