Für FreikäuferEs war einer der ersten Anträge der neu gegründeten Freibeuter-Fraktion: Die Stadt möge Flächen zum Andocken von Hausbooten ausweisen. Immer wieder war ja zu den Wassertourismus-Plänen im Leipziger Gewässerknoten auch in großen Zeitungen von Hausbooten die Rede. Aber in ihrer Eindeutigkeit verblüfft die Stellungnahme des Umweltdezernats jetzt.
„Dem Antrag auf Ausweisung von Flächen zur Zulassung von schwimmenden Häusern auf Leipziger Gewässern wird nicht zugestimmt.“ Aber die Gründe sind recht simpel. Entweder sind Leipzigs Fließgewässer für diese Zwecke zu schmal – oder sie dürfen aus Hochwasserschutzgründen so nicht verbaut werden. Und auch an den Leipziger Standgewässern fehlen die Infrastrukturen für Hausboote.
Es spielen Belange von Naturschutz, Hochwasserschutz und Gewässerquerschnitt eine Rolle. Was im Einzelfall komplex aussehen kann. Aber die kurze Übersicht zeigt, warum es an Leipziger Gewässern keine Liegeplätze für Hausboote gibt. Bei den Fließgewässern fehlt es an Stellen, wo sich solche Liegeplätze etablieren könnten.
Das Umweltdezernat dazu: „In den Hauptabflussbereichen von Hochwasser ist die Errichtung von schwimmenden Häusern und Liegeplätzen für Wohn- und Hausboote nicht genehmigungsfähig, weil diese im Hochwasserfall zusätzliche Abflusshindernisse darstellen und es durch Treibgut zur Beschädigung oder zum Losreißen dieser Häuser bzw. Wohn- und Hausboote kommen könnte.
Hochwassergefährdung besteht auf der Weißen Elster, dem Elsterflutbett, dem Elsterbecken, der Pleiße, dem Pleißeflutbett, der Neuen Luppe, der Nahle und der Parthe.
Die verbleibenden Leipziger Fließgewässer sind in ihrer Struktur zu schmal für Liegeplätze für Wohn- und Hausboote bzw. schwimmende Häuser. Auf allen Gewässern dürfen durch Dauerliegeplätze oder bauliche Eingriffe die Leichtigkeit des Bootsverkehrs und die Ausübung des Gemeingebrauchs nicht beeinträchtigt werden.“
Und auch bei den Seen, an denen Leipzig in der Regel immer nur ein Teil gehört, stehen vor allem naturschutzfachliche Gründe einem Liegeplatz für Hausboote entgegen: „Der Kulkwitzer See mit seiner einzigartigen Ökologie dient der Erholung und ist als geschütztes Biotop eingestuft, Gewässernutzungen über den Gemeingebrauch hinaus werden bis auf einige Wassersportveranstaltungen nicht mehr zugelassen.
Am Lindenauer Hafen befinden sich im westlichen Bereich geschützte Biotope, die durch Bojen abgesperrt sind. Im östlichen Bereich ist der Zugang bereits durch Anlieger und eine laufende Grundwassersanierung eingeschränkt bzw. für die Öffentlichkeit freizuhalten. Unter Berücksichtigung der Sicherung der Leichtigkeit des Bootsverkehrs darf die verbleibende Gewässerfläche nicht verbaut werden. Nach Abschluss der Grundwassersanierung wäre die Genehmigung von einzelnen Liegeplätzen für Hausboote an der Kaimauer denkbar.
Der Leipziger Bereich des Cospudener Sees gehört zum Landschaftsschutzgebiet. Die Errichtung von schwimmenden Häusern oder zusätzlichen Dauerliegeplätzen für Wohn- und Hausboote mit erforderlicher Infrastruktur (Zufahrten, Trink- und Abwasseranschluss) ist nur mit erheblichen Eingriffen möglich.
Am und auf dem Leipziger Bereich des Zwenkauer Sees wurden bisher jegliche Nutzungen aus haftungsrechtlichen Gründen untersagt. Zudem unterliegt dieser Teil des Sees vorrangig dem Natur- und Landschaftsschutz.“
Der Elster-Saale-Kanal gehört zwar nicht der Stadt, aber auch dort kann nicht mit der Anlage von Hausbootliegeplätzen gerechnet werden: „Der Saale-Leipzig-Kanal als sonstige Bundeswasserstraße untersteht dem Wasser- und Schifffahrtsamt Magdeburg. Die Uferbereiche sind als geschützte Biotope ausgewiesen. Eine infrastrukturelle Erschließung ist nicht vorhanden, wegen des Biotopschutzes sowie aus bautechnischen Gründen sehr aufwendig und von der Zustimmung des Wasser- und Schifffahrtsamtes Magdeburg als Grundstückseigentümer abhängig. Die Zulassung von Dauerliegeplätzen für Wohn- und Hausboote kann nur mit gesicherten Ver- und Entsorgungsmöglichkeiten erfolgen.“
Letzter Satz: „Weitere Standgewässer in Leipzig sind zur Errichtung von schwimmenden Häusern bzw. Liegeplätzen für Wohn- und Hausboote zu klein.“
In der „Begründung zur Ablehnung“ verweist das Umweltdezernat dann lieber auf die größeren Seen im Südraum, wo es möglicherweise Plätzchen für Bootbewohner gibt.
Die Begründung des Dezernats: „Die Gewässer im Bereich der Stadt Leipzig sind aus wasserwirtschaftlichen, naturschutzrechtlichen und wasserrechtlichen Gründen nicht für die Flächenausweisung zur Errichtung von schwimmenden Häusern oder Liegeplätzen für Wohn- und Hausboote geeignet. Die Genehmigung von Liegeplätzen für Hausboote ist unter Beachtung des Vorgenannten in Einzelfällen nicht ausgeschlossen. Alternativ wird auf den Zwenkauer See in seiner Gesamtheit und auf den Störmthaler See im Landkreis Leipzig verwiesen, welche in der Zuständigkeit des Landratsamtes des Landkreises Leipzig liegen.“
Die Stellungnahme des Umweltdezernats.
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“Auf allen Gewässern dürfen durch Dauerliegeplätze oder bauliche Eingriffe die Leichtigkeit des Bootsverkehrs ….
die Ausübung des Gemeingebrauchs nicht beeinträchtigt werden.“
Aus diesem Satz wird zweierlei deutlich: Jung, Rosenthal und Dittmar werten die Leipziger Gewässer als Straßen. Denn nur auf Straßen hat die “Leichtigkeit des Verkehrs” Vorrang.
Der Gemeingebrauch (Baden, Paddeln, Rudern ) wird demgegenüber als nachrangig eingestuft.
Der Gesetzgeber hat die Wertung genau andersherum vorgenommen.
Der Gemeingebrauch ist genehmigungsfrei. Und zwar ausschließlich. Deshalb ist der Gemeingebrauch die ausschließlich vorgesehene Nutzung. Der zwar auch eingeschränkt werden kann (siehe Floßgraben). Doch muß es hierfür überwiegende Gründe des Gemeinwohls geben (Naturschutz).
Demgegenüber sind alle anderen Nutzungen verboten. Schlicht und einfach verboten. Sie müssen erlaubt werden.
Dieses Verbot aufzuheben, bedarf es auch besonderer Gründe.
Oder einfach: Gewässer sind keine Straßen. Nie! (Kanäle sind, wenn sie verkehrlich nicht mehr genutzt werden können zurück zu bauen, zu renaturieren.)
Doch entspricht diese Wertung der Stadt ihrer bisherigen Handlungsweise: der rechtswidrigen Duldung der gewerblichen Boorsvermietung.
Vermutlich werden genau aus diesem Grund die Hausboote auch nicht zugelassen. Dann hätten die gewerblichen Boorsvermieter nämlich ein Platzproblem.
Wobei der Hochwasserschutz ein tatsächlich durchgreifendes Argument ist. Allerdings trifft das für alle Nutzungen zu.
Zum Beispiel auch für die die wirtschaftliche Nutzungen des Auwaldes. Die massenhaften Fällungen im Auwald sind nämlich genau dafür vorgenommen worden.
Doch verhindert unter anderem genau diesen Nutzung die Ausweisung von Retentionsflächen und damit einen wesentlichen Beitrag zum Hochwasserschutz.
Die Verwaltung handelt willkürlich. So, wie früher.
Allerdings wird auch bei den Freibeutern Eines deutlich: Sie gehören zur Fraktion derjenigen, die jeden Zipfel Natur kommerzialisieren, verwerten wollen. Hierfür auch noch öffentliche Mittel in Anspruch nehmen zu wollen (Erstellung der notwendigen Infrastruktur) ist Hohn.
Und noch eines wird deutlich: Der Vergleich mit Berlin und Brandenburg hinkt nicht nur, es ist der übliche Vergleich zwischen Apfel und Birne. Dort werden Gewässer zum Teil heute noch wirtschaftlich verkehrlich genutzt. In Leipzig nie. Daran wird sich auch nichts ändern.
Vermutlich aber genau so wenig wie am Denken der Freibeuter.
Also eigentlich schwimmen 😉 sie da auf einer Wellenlänge mit der Verwaltung.
Wasser ist ein besonderes Gut. Es verdient noch viel mehr Schutz als der Boden. Es ist Grundlage allen Lebens.