Der Linke-Stadtrat Steffen Wehmann wollte es doch genauer wissen, wie die Stadt Leipzig Grundstücke für weitere Kita-Bauten zur Verfügung stellen will. Oder muss. Denn das war bei seiner letzten Stadtratsanfrage offengeblieben: Ist die Stadt nicht sogar verpflichtet, nach § 8 (1) Sächsisches Kitagesetz Grundstücke für Kita-Bauten bereitzustellen?
In Paragraph 8 des sächsischen Gesetzes über Kindertageseinrichtungen geht es um die Bedarfsplanung. In Absatz 1 heißt es da: „Der zuständige örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe gewährleistet, dass in seinem Gebiet die nach § 3 erforderlichen Plätze in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege bedarfsgerecht zur Verfügung stehen.“
Ein Text, der zumindest offenlässt, ob die Stadt zur bedarfsgerechten Bereitstellung der Plätze nicht auch die nötigen Grundstücke bereitstellen muss – auch privaten Bauherren.
Wehmanns Frage also: „Interpretiert die Verwaltung diesen vorgenannten Teil des Gesetzes so, dass dafür die Kommune ihre Grundstücke folglich den Freien Trägern – u. a. nach Zustimmung des Stadtrates zu den Vorlagen ‚Kita-Investitionen und Folgekosten‘ – verkaufen bzw. langfristig verpachten muss?”
Die Antwort aus dem Sozialdezernat lautet nun: „Nein. Um benötigte Kita-Plätze zu schaffen bzw. zu sichern, ist der Abschluss von Erbbaurechtsverträgen jedoch eine geeignete Variante. Damit verbleiben die Liegenschaften aufgrund der zeitlich begrenzten Laufzeiten langfristig im Bestand der Stadt Leipzig.“
Die Sorge von Steffen Wehmann war deutlich zu spüren. Denn wenn Leipzig auf diese Weise wertvolle eigene Grundstücke quasi weggeben muss, bleibt ja für den Berg weiterer sozialer Bauverpflichtungen immer weniger Platz – was ja mittlerweile Schulen, Sporthallen, Schwimmhallen und auch sozialen Wohnungsbau betrifft.
„Welche Grundstücke (und Gebäude) sollen danach in Zukunft an Freie Träger (ggf. auch an private Investoren) verkauft bzw. mit Erbbaupachtverträgen versehen werden?“, fragte Wehmann deshalb noch extra.
Aus der Antwort erfährt man, dass Leipzigs Verwaltung augenscheinlich emsig nach Grundstücken sucht, auf denen man noch Kindertagesstätten bauen könnte. In den dicht bebauten Ortsteilen sind diese Bauflächen kaum noch zu finden. Es wird so nebenbei eben doch wieder deutlich, wie langfristig die Wirkungen einer über Jahre gepflegten, überhaupt nicht strategisch angelegten Liegenschaftspolitik sind. Da, wo die Flächen jetzt dringend gebraucht werden – wie in der Südvorstadt – fehlen sie. Was dazu führt, dass viele soziale Einrichtungen jetzt in Stadtgebieten gebaut werden, wo schlicht noch Baugrund vorhanden ist, betroffene Eltern aber lange Touren durch die Stadt in Kauf nehmen müssen.
„Die Verwaltung prüft derzeit alle kommunalen Liegenschaften auf ihre Geeignetheit für den Bau einer Kindertageseinrichtung. Anschließend erfolgt eine Entscheidung, welche der Liegenschaften an freie Träger oder Investoren zur Errichtung einer Kita in Erbbaupacht übergeben werden sollen. Es ist noch nicht geklärt, welche weiteren kommunalen Bestandsgebäude für eine Sanierung oder Reaktivierung an Dritte übergeben werden“, gibt das Sozialdezernat einen Zwischenstand der Suche nach geeigneten Grundstücken.
Und Wehmann hatte auch nicht ohne Grund nach den privaten Investoren gefragt. Denn Leipzigs Verwaltung hat, um den Stau beim Bau neuer Kindertagesstätten überhaupt in den Griff zu bekommen, fast alle neuen Projekte von privaten Investoren bauen lassen. Aber das kommt die Stadt – wie Wehmann erst Anfang des Monats vorrechnete – bis zu drei Mal teurer, als wenn sie die Kita selber bauen würde. Die Kosten werden nur über die Anmietung in die Zukunft verschoben und kommen über die Nebenkosten als Kostenblog für Stadt und auch Eltern wieder zurück.
Bislang hat Leipzigs Verwaltung aber keine Vergleichsrechnung vorgelegt, die die tatsächlichen Kosten für Leipziger Kita-Bauten zeigen.
Da hätte Wehmann schon gern genaue Zahlen gehabt und fragte: „Weiterhin wurde der Änderungsantrag der Fraktion Die Linke, eine Vergleichsrechnung Eigeninvestition vs. Anmietung für die vier in der DS 3589 verankerten Projekte durchzuführen, von der Verwaltung nicht befürwortet und vom Stadtrat abgelehnt. Daher die 4. Frage: Bei welchen Investitionsmaßnahmen wird künftig in Anlehnung §12 (2) SächsKommHVO – Doppik die Verwaltung die Vergleichsrechnungen hinsichtlich Eigeninvestition vs. Anmietung (Ersatzmiete) durchführen?“
Aber so recht eindeutig war die Antwort dazu aus dem Sozialdezernat nicht: „Prüfschritte für solche Investitionsmaßnahmen werden derzeit bearbeitet.“
Was zumindest verwundert, denn auf die Diskussion im Stadtrat, als es darum ging, den Kita-Stau mit Hilfe privater Investoren abzubauen, hat sich Leipzigs Verwaltung ohne Zögern eingelassen. Und gerade aus der CDU-Fraktion kommen immer neue Forderungen, private Investoren noch stärker in den Bau sozialer Einrichtungen einzubeziehen – z. B. im Schulbau.
Im Grunde hätte man von einer finanzbewussten Verwaltung erwartet, dass sie die Kurz- und Langzeitkosten solcher Projekte berechnet und in Entscheidungsprozessen auch abwägt. Die letzte Antwort aber zeigt, dass man das augenscheinlich einfach unterlassen hat.
Man versteht, dass das den finanzpolitischen Sprecher der Linksfraktion sehr, sehr nervös macht.
Antwort auf Stefen Wehmanns (Die Linke) Nachfrage zu Kita-Grundstücken.
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