Es gibt – endlich – wieder Geld für sozialen Wohnungsbau. 20 Millionen Euro in diesem Jahr für Leipzig. Möglicherweise. Denn selbst Leipzigs Verwaltung stöhnt: Die bürokratischen Vorgaben sind so aufgeblasen, dass eigentlich niemand mit dem Geld sozialen Wohnraum bauen kann. Aber Leipzig steckt längst in der Sackgasse, stellt SPD-Stadtrat Matthias Weber fest.
Zur Februar-Ratsversammlung am 8. Februar will die SPD-Fraktion nun einen Antrag ins Verfahren bringen, durch den die Belange des sozialen Wohnungsbaus stärker berücksichtigt werden sollen.
Der Wohnungsleerstand in Leipzig ist so niedrig wie seit den Wendejahren nicht mehr, wo die Wohnungsknappheit für viele Leipziger spürbar war. Nur noch knapp 3 Prozent der Wohnungen gelten als leerstehend, haben Leipzigs Statistiker 2016 ermittelt. Wer genug Geld verdient, findet noch problemlos hochwertige Wohnungen in bester Lage.
Aber genau diejenigen, die auf diese absehbare Verknappung nicht reagieren können, die schauen jetzt in die Röhre und erleben, wie das ist, wenn man keine Alternative zum Umziehen mehr findet.
„Der Markt bei Einraumwohnungen und Wohnungen mit mindestens vier Räumen und größer ist nahezu leer gefegt. Das führt unter anderem dazu, dass Einpersonenhaushalte, die Sozialleistungen beziehen, in zu große Wohnungen ziehen und die Mehrkosten in den meisten Fällen selbst tragen müssen. Gruppen mit geringem Haushaltseinkommen, wie junge Familien, müssen mehr und mehr an den Stadtrand ausweichen“, benennt SPD-Stadtrat Mathias Weber, stellvertretender Vorsitzender des Fachausschusses Stadtentwicklung und Bau, einige der Folgen dieser Situation, die so nie hätte eintreten müssen.
Sachsen hat die vergangenen Jahre immer Geld vom Bund bekommen, um es für sozialen Wohnungsbau einzusetzen. Doch erst mit Eintritt der SPD in die Regierung wurde das Geld auch wieder zur Schaffung preisgebundenen Wohnraums zur Verfügung gestellt. Aber mit all den bürokratischen Vorgaben, die oben erwähnt wurden und die dazu führen, dass selbst Wohnungsgenossenschaften lieber die Finger von dem Programm lassen.
„Durch die Regierungsbeteiligung der SPD im Bund und im Freistaat stehen den Städten endlich wieder Gelder für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung. Erstmalig seit den 1990er Jahren erhalten damit die Städte Leipzig und Dresden für die Jahre 2017/2018 jährlich 20 Millionen Euro“, sagt Weber.
Was aber auch der Stadt neue Möglichkeiten verschafft. Denn damit besteht auch für die Kommune nun die Möglichkeit, in Bebauungsplänen Festlegungen für eine soziale Wohnraumförderung zu treffen.
„Aus Sicht der SPD-Ratsfraktion sollte sich die Förderung an den Kriterien zu Ausstattungsmerkmalen und Wohnungsgrößen für angemessenen Wohnraum orientieren und so den Vorgaben des Gesetzgebers folgen“, beschreibt Weber die Absicht des Antrags, den die SPD-Fraktion eingereicht hat. „Es geht darum, dass sich Menschen mit niedrigen Haushaltseinkommen das Wohnen in der Stadt wieder leisten können sollen. Darüber hinaus rufen wir Bund und Länder dazu auf, an den Plänen festzuhalten, diejenigen Bauherren steuerlich zu begünstigen, die von sich aus sozialen Wohnraum schaffen wollen.“
Der SPD-Antrag bezieht sich dabei auf Paragraph 9 des Baugesetzbuches, wo geregelt ist, was eine Kommune in Bebauungsplänen alles vorschreiben kann. Dazu gehören unter Punkt 7 auch: „die Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude, die mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung gefördert werden könnten, errichtet werden dürfen“. Die Stadt darf also per Bebauungsplan festlegen, wo sie sozialen Wohnungsbau haben möchte.
Das hätte zwar auch längst passiert sein können. Viel zu lange wurden wertvolle Flächen verkauft oder gar nicht erst gesichert, wurde das Thema Flächenbevorratung genauso wie die strategische Liegenschaftsplanung in der Verwaltung sträflichst vernachlässigt.
„Bei sämtlichen Bauleitplanungen mit geplanter Wohnbebauung“ soll die Stadt prüfen, inwiefern und in welcher Größenordnung sozialer Wohnraum geschaffen werden könne, so der Antrag. „Der Oberbürgermeister wird beauftragt, bei sämtlichen Bauanträgen zu Wohnungsbauvorhaben nach §34 BauGB zum Geschosswohnungsbau bei Bauherren darauf hinzuwirken, dass eine von drei geschaffenen Wohneinheiten im Sinne der Vorlage DS-0687/14 errichtet werden.“
Was zumindest ein Bewusstsein für das Problem schafft.
Das eigentliche Dilemma aber schafft auch dieser Antrag nicht aus der Welt, wie die SPD-Fraktion selbst feststellt: „Klar ist aber auch, dass eine Förderung durch die RL gMW auf das Leipziger KdU-Niveau – anders als in Dresden – nicht realistisch ist. Diese Diskrepanz kann dieser Antrag nicht auflösen.“
Denn noch liegt das Niveau der „Kosten der Unterkunft“ in Leipzig deutlich unter dem Wert, der mit der Landesförderung für sozialen Wohnraum erreicht werden könnte. Sie liegt rund 1,50 Euro drunter. Und sie liegt deshalb drunter, weil das Leipziger Mietpreisniveau auch das Leipziger Einkommensniveau spiegelt. Die Dresdner Gesetzgeber hatten augenscheinlich eine reichere Stadt mit höheren Einkommen und deutlich weniger Menschen im Niedriglohnbereich vor Augen.
Das kann man auch Realitätsverlust nennen.
Der SPD-Antrag „Sozialen Wohnungsbau unterstützen“.
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Das “wo” ist weniger bewegend als das “ob” und “wann”.
Die Frage nach dem “wo” ist ein verschleiernder Versuch Zeit zu schinden, nicht mehr und nicht weniger.
Also nur eine hohle Phrasen, die der Politik das Argument liefert, sich ja damit zu beschäftigen.