Sachsens Wirtschaft schreit nach Fachkräften - aber die Arbeitslosenzahlen für Ausländer steigen. Auch in Leipzig. Ein Grund dafür sind auch die fehlenden Ansätze, die vielen jungen Menschen, die als Flüchtlinge nach Leipzig kommen, relativ schnell und barrierefrei in eine Erwerbstätigkeit zu vermitteln. Leipzig muss da viel aktiver werden, findet die SPD-Fraktion. Und beantragt entsprechende Projekte.

Denn die Zahl der Asylsuchenden in Sachsen und Leipzig wird weiter steigen. Gegen die gärenden Konflikte in Nordafrika, Osteuropa und dem Nahen Osten hat die westliche Staatengemeinschaft keine Rezepte. Auf Jahrzehnte hinaus sind ganze Regionen destabilisiert und gerade junge Menschen flüchten in Scharen nach Europa. Und während hartleibige Innenminister darüber nachdenken, sie wieder schnellstmöglich zurückzuschicken, sind Kommunen tatsächlich mit den Aufgaben zur Integration all dieser Menschen beschäftigt, müssen nicht nur humane Unterkünfte schaffen, sondern auch Bildungsangebote und vor allem die Möglichkeit, sich auch durch eigene Erwerbsmöglichkeiten eine eigene Existenz aufzubauen. Eine Aufgabe, die mit den Gesetzesänderungen von 2014 eigentlich leichter geworden sein sollte. Die Frage ist nur: Wer macht’s und wer bezahlt’s?

“Ende 2014 sind für Asylsuchende mit Aufenthaltsgestattung und Personen mit Duldung mehrere Erleichterungen beim Arbeitsmarktzugang in Kraft getreten”, stellt nun die SPD-Fraktion im Leipziger Stadtrat in einem Antrag fest, der das Thema zum Handlungsschwerpunkt der Verwaltung machen soll. “Die Wartefrist für die Arbeitserlaubnis verkürzt sich dadurch für beide Gruppen von bisher neun bzw. zwölf Monaten auf die ersten drei Monate des Aufenthalts. Danach besteht für beide Gruppen grundsätzlich ein nachrangiger Arbeitsmarktzugang, d. h. weiterhin muss für eine konkrete Beschäftigung eine Erlaubnis bei der Ausländerbehörde beantragt werden, dem jedoch auch die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung der Agentur für Arbeit zustimmen muss.”

Aber darauf scheint die Arbeitsvermittlung noch gar nicht eingerichtet zu sein.

“Da Personen mit Aufenthaltsgestattung und Duldung nunmehr deutlich früher am Arbeitsmarkt teilhaben können, sind sie auch frühzeitig von den bestehenden Regelsystemen zur Arbeitsmarktintegration zu erfassen. Um eine bessere Integration von Flüchtlingen zu erreichen und diesen neben einer sinnvollen Beschäftigung auch die damit verbundene Anerkennung der geleisteten Arbeit zu ermöglichen, ist es notwendig, dass die Stadt Leipzig die ihr zur Verfügung stehenden Mittel und Wege nutzt, um dieses Ziel zu erreichen”, wünscht sich deshalb die SPD-Fraktion. “Über das Jobcenter besteht die Möglichkeit, hier effektiv voranzukommen. Wir denken, dass vor allem direkte Ansprechpartner in den zuständigen Institutionen und neben den allgemeinen Deutschkursen auch berufsspezifische Deutschkurse für eine verbesserte Integration der Flüchtlinge wegweisend sein wird.”

Gebraucht werden all diese Menschen. Denn gerade in Sachsen macht sich in vielen Branchen schon ein spürbarer Fachkräftemangel bemerkbar. Und viele der Asylsuchenden sind gut ausgebildet, haben auch entsprechende Berufs- und Bildungsabschlüsse. Nur dass deutsche Behörden sich damit mehr als schwer tun. Auch wenn der Druck immer weiter wächst. Das konstatiert auch die SPD-Fraktion: “Wenn wir auf die aktuellen Daten zum Arbeitsmarkt in Leipzig schauen, sieht man, dass der hiesige Arbeitsmarkt weiter Wachstumspotenzial hat. Mit einer Verstärkung der arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen für Flüchtlinge kann nicht nur die Integration von Flüchtlingen besser gelingen, sondern auch der Wirtschaftsstandort Leipzig positiv beeinflusst werden.”

Jobcenter soll seine Projekte bündeln

Es ist also auch im elementaren Interesse der Stadt, die Integration der Asylsuchenden auch ins Erwerbsleben aus eigener Kraft so weit wie möglich zu erleichtern.

Und so heißt zwar die erste Adresse des Antrags OBM. Arbeiten aber muss der Bürgermeister für Wirtschaft und Arbeit: “Der Oberbürgermeister wird beauftragt, sicherzustellen, dass innerhalb der Zielvereinbarung 2016 zwischen Jobcenter und Stadt Leipzig Quoten für die Integration von Flüchtlingen in den ersten Arbeitsmarkt bzw. in Ausbildung definiert werden.”

Anträge werden prinzipiell immer an den OBM gerichtet. Aber die richtigen Integrationsinstrumente finden muss jetzt der Bürgermeister für Wirtschaft und Arbeit, Uwe Albrecht (CDU): “Das Dezernat für Wirtschaft und Arbeit wird beauftragt, gemeinsam mit der IHK, der Handwerkskammer, dem Jobcenter, der Arbeitsagentur, den zuständigen Landesbehörden sowie mit bereits im Bereich tätigen Initiativen, wie bspw. RESQUE PLUS der Caritas, Programme und Projekte zu entwickeln bzw. bestehende Programme und Projekte gezielt zu nutzen, um Flüchtlinge in Arbeit bzw. Ausbildung zu vermitteln. Die Fachausschüsse Wirtschaft und Arbeit sowie Jugend, Schule, Gesundheit und Soziales sind spätestens im November 2015 über geplante Maßnahmen für das Jahr 2016 zu informieren.”

Eine kleine, aber wichtige Hausaufgabe also über den Sommer. Denn Zeit hat Leipzig eigentlich keine. Die Zahlen der Arbeitsagentur zeigen, wie der Bedarf quasi monatlich steigt. Jetzt müssen die Ämter und Behörden, die mit dem Thema beschäftigt sind, zusammensammeln, was ihnen an Instrumenten überhaupt zur Verfügung steht. Und wo es an Strukturen fehlt, mit den Neuankömmlingen aus aller Welt zu kommunizieren, sollten diese geschaffen werden – am besten direkt im Jobcenter, damit erst keine großen Laufereien entstehen.

Mehr Angebot an Deutschkursen

Die SPD-Fraktion: “Die Stadt Leipzig führt mit dem Jobcenter Leipzig und der Bundesagentur für Arbeit, Dienststelle Leipzig, Gespräche mit dem Ziel, direkte Ansprechpartner für Flüchtlinge in beiden Einrichtungen zu haben.” Und: “Die Stadt Leipzig führt mit dem Jobcenter Leipzig und der Bundesagentur für Arbeit, Dienststelle Leipzig, Gespräche mit dem Ziel, berufsspezifische Deutschsprachkurse verstärkt anzubieten.”

Was sich dann mit einem Fragenpaket trifft, das die Linksfraktion in der Ratsversammlung am 9. Juli beantwortet haben möchte. Denn gerüchteweise reichen die angebotenen Deutschkurse für Asylsuchende nicht vorne und nicht hinten. Aber Gerüche sind das eine, klare Antworten der Verwaltung das andere.

“Die Stadt Leipzig finanziert freiwillig Sprachkurse im Umfang von 200 Stunden für Migrant_innen, die keinen Anspruch auf einen Integrationskurs, gefördert durch das BAMF, haben. Aufgrund der derzeitigen Prognosen wird sich die Zahl der Zuweisung von Flüchtlingen in 2015 vervierfachen”, stellt die Linksfraktion fest.

Und hat deshalb diesen Fragenkatalog formuliert, der am 9. Juli beantwortet werden soll:

“Wie viel Geld wurde im Haushalt 2015 und 2016 für diese Sprachkurse eingestellt  (im Vergleich zu 2014)?
Wie viele Kurse wurden 2013 und 2014 angeboten?
Wie viele Kurse werden in 2015 und 2016 angeboten?
Wie viele Personen haben in 2013 und 2014 an den Sprachkursen teilgenommen?
Können alle Asylsuchenden an den Sprachkursen teilnehmen? Gibt es Ausschlusskriterien?
Wie werden Asylsuchende über die Möglichkeit der Teilnahme an den Sprachkursen informiert?”

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