Nicht nur in den großen Kulturbetrieben der Stadt stößt der jüngste Vorstoß der CDU-Fraktion auf wenig Gegenliebe - auch andere Fraktionen wie die Linke halten nichts von der verwaltungstechnischen Zusammenlegung der Theaterhäuser. Linke-Stadträtin Skadi Jennicke befürchtet einen Qualitätsverlust. Und auch die Stadt lehnt den Vorstoß ab - und erinnert daran, dass man längst mitten in der Arbeit ist.

Im Grunde versucht die CDU-Fraktion mit ihrem Antrag, die Diskussion aus dem Actori-Prozess noch einmal zu öffnen. 2012 hatte die Untersuchung der Leipziger Kulturbetriebe durch die Actori-GmbH mehrere Dinge ergeben. Der wichtigste Tatbestand war natürlich die perspektivisch aufklaffende Finanzierungslücke von über 5 Millionen Euro jährlich. Diese hat nichts mit der verschwenderischen Arbeit von Oper, Gewandhaus, Muko, Schauspiel und Theater der Jungen Welt zu tun. Deren Arbeit wurde im Gutachten sogar schon als recht schlank und effizient eingeschätzt. Die Einsparpotenziale wurden eher als recht geringfügig gewertet.

Einzige Ausnahme – und das hatte das Gutachten auch als Brutal-Variante zumindest benannt – wäre die Schließung ganzer Sparten gewesen. Was dann auch zwei Stadtratsfraktionen als einzige Lösung des Finanzproblems vorschlugen.

Nur hätte das – genausowenig wie die Kappung des Personals, die Ausdünnung der Spielpläne oder die Senkung der Künstlerbudgets – langfristig nicht geholfen. Denn die Kosten in den Eigenbetrieben Kultur steigen vor allem deshalb, weil die Vergütungen des Personals ganz adaquät zu den Lohnentwicklungen in der sonstigen Wirtschaft steigen.

Auch der Vorschlag, die Verwaltungen der Häuser zusammenzulegen, wurde im Actori-Gutachten diskutiert und brachte unter den nicht so rabiaten Maßnahmen zwar den größten Einspareffekt, löste aber das Problem der trotzdem wachsenden Personalkosten nicht wirklich, sondern verschob – wie alle anderen Kürzungsvorschläge – das Thema nur in die Zukunft.

Die Vorschläge aus den einzelnen Fraktionen gingen 2014 so weit auseinander, dass sich auch die gebildete Arbeitsgruppe am Ende trennte, ohne sich auf eine gemeinsame Lösung verständigen zu können. Ein echtes Patt, das im Grunde auch politisch klar machte, dass Leipzig mit jeder der diskutierten Kürzungen zwar kurzfristig eine Atempause bei den steigenden Kulturausgaben bekommen könnte – schon mittelfristig aber wieder vor dem selben Problem stünde.

Für OBM Burkhard Jung war das alles keine Lösung. Er sah sich im Gegenteil auch durch die Diskussion um Actori bestätigt in der Ansicht, dass Leipzig, wenn es denn ein für die Stadt attraktives Kulturangebot bewahren wolle, die steigenden Finanzmittel für die Hochkultur aufbringen müsse. Parallel dazu bekamen die Häuser ein Sparprogramm, mit dem noch vorhandene Möglichkeiten, die Kosten zu drücken, umgesetzt wurden. Und die wichtigsten Sanierungen für die Gebäude wurden angeschoben, denn die künstlerische Arbeit leidet natürlich auch, wenn die Häuser desolat sind.

Zwar präsentierte Burkhard Jung diesen Weg 2014 erst einmal nur als Informationsvorlage, versprach auch, 2015 ein entsprechend ausgearbeitetes Konzept vorzulegen. Die Mehrheit des Stadtrates will diesen Weg bislang auch mitgehen. Außer der CDU.

Die jetzt von Kulturbürgermeister Michael Faber die klare Ansage der Stadtverwaltung bekommt: “Die Verwaltung lehnt eine Strukturreform gemäß des vorliegenden Antrages ab.”

Der Optimierungsprozess laufe noch. Und was die CDU nun wiederholt vorschlage, löse das Problem nun einmal nicht: “Die im Rahmen des vorliegenden Antrages vorgeschlagenen Maßnahmen lösen aus Sicht der Verwaltung die finanziellen Probleme der Eigenbetriebe Kultur in der Mittelfristperspektive nicht.”

Die Begründung in vollem Wortlaut

“Die Kultureigenbetriebe stellen ein hohes und wertvolles Gut der Stadt Leipzig dar. Ihr Leistungsangebot und ihre Leistungsvielfalt sind historisch tief verwurzelt. Sie stellen Leipzig nicht nur ein hervorragendes Zeugnis der Stadtidentität aus, sondern tragen ebenso positiv zur wirtschaftlichen Entwicklung bei.

Die Verwaltung hat im Rahmen Ihrer Informationsvorlage (DS V/3530) den Stadtrat am 12.02.2014 über die wesentlichen Ergebnisse des Actori-Verfahrens informiert. Im Rahmen dieser Informationsvorlage wurden ebenfalls Strukturveränderungen vorgestellt, die von Actori untersucht worden sind. Actori bewertete diese (z.B. Verwaltungsfusionen) zum Zeitpunkt der Untersuchung mit entsprechenden finanziellen Effekten. Weiterhin benannte Actori die Risiken, z.B. negative Auswirkungen auf Prozessabläufe, Abstimmungs- und Reaktionszeiten und damit auch auf die Flexibilität und Qualität der künstlerischen Produktion. Damit sind bei Strukturveränderungen auch die Vielfalt und Breite des künstlerischen Angebotes betroffen. Die mit einer Strukturreform verbundenen Anlaufkosten sowie die sich aus der Strukturänderung ergebenden dauerhaften Kosten wurden jedoch durch Actori nicht beziffert.

Actori kam abschließend zu dem Ergebnis, dass die Kultureigenbetriebe zum Zeitpunkt der Untersuchung bereits äußerst effizient aufgestellt waren. Finanzielle Synergien in Größenordnungen könnten mittel- bis langfristig nur dann erzielt werden, wenn das künstlerische Angebot abgebaut und damit nicht mehr angeboten wird.

Maßgeblich verantwortlich für die sich ab 2017 ff. ergebende finanzielle Budgetunterdeckung der Eigenbetriebe Kultur sind die prognostizierten tariflichen Entwicklungen. Die Verwaltung bereitet zum gegenwärtigen Zeitpunkt daher eine Vorlage zur Finanzierungsvereinbarung vor. Die im Rahmen des vorliegenden Antrages vorgeschlagenen Maßnahmen lösen aus Sicht der Verwaltung die finanziellen Probleme der Eigenbetriebe Kultur in der Mittelfristperspektive nicht.

Die Optimierung der Struktur der Eigenbetriebe stellt, wie im Rahmen der Informationsvorlage DS V/3530 berichtet, nach wie vor einen laufenden Prozess dar, der eng zwischen den Betriebsleitungen der Häuser und der Verwaltung vorangetrieben wird. Der Betriebsausschuss Kulturstätten wird regelmäßig über den Erfüllungsgrad der mit der Bildung der Actori-Arbeitsgruppen verfolgten Zielstellungen informiert. Darüber hinaus hat der Stadtrat vor dem Hintergrund des Actori-Verfahrens bereits Einsparmaßnahmen beschlossen (vgl. RB-V-1295/12), die vollzogen worden sind.”

Der Antrag der CDU-Fraktion.

Stellungnahme des Kulturdezernats.

Ratsbeschluss von 2012.

Information des OBM von 2014.

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Actori kam abschließend zu dem Ergebnis, dass die Kultureigenbetriebe zum Zeitpunkt der Untersuchung bereits äußerst effizient aufgestellt waren. Finanzielle Synergien in Größenordnungen könnten mittel- bis langfristig nur dann erzielt werden, wenn das künstlerische Angebot abgebaut und damit nicht mehr angeboten wird.

Ganz so ist und war es nicht. Es ist für mich immer wieder erstaunlich, wie sich das Volk (hier der Stadtrat) bei dieser Thematik über den Tisch ziehen lässt. Aber auch das hat Gründe.

Das mit dem Abbau des künstlerischen Angebots ist eine Formulierung, die schwer nachprüfbar, aber auch schwer beweisbar (!) ist. Vielleicht stellt die L-IZ einmal an Herrn Faber die Frage, was mit erheblichen Größenordnungen gemeint ist, denn Kleinvieh macht bekanntlich auch Mist. Über Angaben zum damit verbundenen Abbau der künstlerischen Qualität wäre sicher nicht nur ich sehr gespannt. Äußerst gespannt!

Ich habe mich bemüht in zwei Kommentaren nachdrücklich darauf hinzuweisen, dass es künstlerischer und wirtschaftlicher Unsinn wäre, das Theater der Jungen Welt in diese Hochkultur einzubeziehen. Wenn ich dazu einen kleinen Betrag geleistet habe, bin ich zufrieden.

Solange die heilige Kuh “Gewandhaus zu Leipzig” außen vor gelassen wird, ist die gesamte Diskussion nach meinen Kenntnissen (die diesbezüglich nicht gering sind) mehr als fragwürdig. Selbstverständlich gäbe es Einsparungen, wenn eine gemeinsame Verwaltung für Gewandhaus, Oper und Schauspiel gebildet würde, die sich sehen lassen könnten.

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