Es ist letztlich das alte Henne-Ei-Spiel in einem komplexen System eines innerstädtischen Verkehrsmixes. Nutzen mehr Menschen die öffentlichen Angebote von Bus und Bimmel, wenn diese in den Taktzeiten attraktiver gemacht werden. Oder sollte man warten, bis sich mehr Fahrgäste entschieden haben, beispielsweise in den Bus einzusteigen, um dann die Taktfrequenzen zu erhöhen.

Den Stadträten William Grosser und Jens Herrmann-Kambach (Linkspartei) hat es diesmal die Linie 87 zwischen dem Autohaus Wiederitzsch-Nord und Martinshöhe angetan. Hier sollte von Montag bis Freitag öfter als einmal in der Stunde ein Bus kommen. Im 20-Minuten-Takt am liebsten.

Geht es nach Grosser und Herrmann-Kambach soll der Oberbürgermeister bis 1. Dezember 2014 dazu eine Beschlussvorlage zur Änderung des Nahverkehrsplanes vorlegen und ab dem 1. Dezember 2015 soll dann der Bus der Linie 87 zwischen Autohaus Wiederitzsch-Nord und Martinshöhe montags bis freitags im 20-Minuten-Takt, ansonsten im 30-Minuten-Takt, verkehren.

In der Begründung heißt es, der Ortsteil Wiederitzsch sei zwar “durch die Linie 16 hervorragend im 10-Minuten-Takt an die Innenstadt angebunden.” Doch die Wohnquartiere wie Martinshöhe oder Kleinwiederitzsch (Thymianweg) seien “… nur zu Fuß oder aller 60 Minuten mit dem Bus zu erreichen. Dies widerspricht den Grundsätzen der Erschließung von Wohngebieten entsprechend Nahverkehrsplan der Stadt Leipzig. Aufgrund der Entwicklung dieser beiden Wohngebiete (Neubau, Bevölkerungszuwachs) sowie im Vergleich mit anderen Ortsteilen der Stadt Leipzig in vergleichbarer Größe bedarf es einer attraktiveren Anbindung an den ÖPNV.”

Erneut also die Frage: Wie wirkt sich das Angebot auf das Nutzerverhalten aus? Die Stadtverwaltung hatte in ihrem Standpunkt im Vorfeld der Ratssitzung zweierlei getan. Zugestimmt und abgelehnt. Zugestimmt in er Frage, dass es immer schön wäre, ein attraktiveres Angebot im ÖPNV zu unterbreiten und dass es sich bei den benannten Gebieten tatsächlich um schlecht erschlossene handelt.

Abgelehnt hatte die Verwaltung den Vorschlag, weil sich der Sinn einer Taktverdichtung für die Verwaltung anders darstellt. So lägen ” … weite Teile der Gebiete außerhalb eines Fußweges von 300 m zu den Bushaltestellen” und die Haltestellen der Stadtbahnlinie 16 bzw. die Endstelle der Straßenbahnlinie 4 würden durch viele Fahrgäste trotz eines längeren Fußweges direkt genutzt werden. Zudem gäbe es hier funktionierende “Bike & Ride”-Angebote. Letztlich bezweifelt die Verwaltung, dass reine Takterhöhungen auf der Linie 87 ein probates Mittel seien.

Auch der drohende Finger des Kassenwartes fehlt natürlich nicht: “Gewünschte Mehrleistungen gemäß dem Beschlussvorschlag müssten zusätzlich durch die Stadt Leipzig finanziert oder durch Leistungsminderungen an anderer Stelle kompensiert werden.” Noch so ein bekanntes Spiel – grundsätzlich müsste man etwas tun, aber Geld hat es eben keines.
Es wird empfohlen, den Antrag abzulehnen.

Begründung: Im aktuell gültigen Nahverkehrsplan (NVP) sind die Mindestbedienungsstandards bezogen auf das gesamte Stadtgebiet unterschieden nach Kernzone und Außenzone festgelegt. Da eine positive Einwohnerentwicklung nicht nur in Wiederitzsch, sondern auch in vielen anderen Stadtteilen zu verzeichnen ist, können erst im Rahmen der anstehenden Fortschreibung des NVP die festgelegten Standards stadtweit überprüft und aktualisiert sowie der weitere Umgang mit den als schlecht erschlossen definierten Gebieten entschieden werden.

Grundsätzlich sind die im Antrag genannten Gebiete (Kleinwiederitzsch und Martinshöhe) im aktuellen NVP als schlecht erschlossene Gebiete definiert. Dazu wurde im Nahverkehrsplan festgelegt, dass in den Teilflächen, in denen die Mindeststandards im Fahrplan 2006/2007 noch nicht eingehalten werden, weiterhin davon abgewichen werden kann. Natürlich wäre es wünschenswert, Verbesserungsmöglichkeiten zu finden.

Ausschließlich eine Taktverdichtung vorzunehmen, ist hier allerdings nicht zielführend, weil: weite Teile der Gebiete außerhalb eines Fußweges von 300 m zu den Bushaltestellen liegen, die Haltestellen der Stadtbahnlinie 16 bzw. die Endstelle der Straßenbahnlinie 4 für viele Fahrgäste trotz eines längeren Fußweges direkt genutzt werden und Bike & Ride sich guter Nachfrage erfreut.

Schlussfolgernd müssen für eine Verbesserung der ÖPNV-Erschließung neben einer Taktverdichtung die Themen Linienführung, Haltestellenlage und Nachfrage mit betrachtet werden. Hinzu kommt, dass zur Erschließung der noch bestehenden schlecht erschlossenen Gebiete keine finanziellen Mittel bei der Stadt Leipzig zu Verfügung stehen. Gewünschte Mehrleistungen gemäß dem Beschlussvorschlag müssten zusätzlich durch die Stadt Leipzig finanziert oder durch Leistungsminderungen an anderer Stelle kompensiert werden.

Jens Herrmann-Kambach wies in der Sitzung nochmals darauf hin, dass es in Leipzig keinen einzigen Bus gäbe, der nur aller 60 Minuten fahren würde. Mit den im Verwaltungsstandpunkt genannten Gründen könne man solche Maßnahmen auf den Sankt Nimmerleins-Tag verschieben.

Es nützte nichts. Nahezu allein votierte die Linksfraktion für die Planung zur Takterhöhung. Gegen den Rest des Stadtrates, welcher den Antrag mehrheitlich ablehnte.

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