Es soll zwar erst zur Ratsversammlung im Oktober Thema werden, aber es sieht ganz so aus, dass die Kritiker der jüngsten Leipziger Privatisierungsinitiative recht behalten. Und zwar beide Seiten - die Antiprivatisierungsinitiative mit dem Wort "Salamitaktik" und FDP-Stadtrat Reik Hesselbarth mit seiner Prophezeiung, dass 49 Prozent Privatisierung Unfug sind. Es geht ums Leipziger Bestattungswesen.

Seit 2011 versucht die Leipziger Stadtverwaltung mal wieder, ein Prozedere hinzubekommen, mit dem man die ungeliebte städtische Einrichtung los wird. Kurzzeitig war sie in die roten Zahlen gerutscht, was normalerweise in diesen Zeiten der hohen Überalterung nicht passieren kann. Doch in Leipzig tummeln sich mittlerweile mehr private Bestattungsunternehmen als in jeder anderen Großstadt ringsum. Und vor allem die Friedhofsgärtnerei hat ordentlich Geld gekostet.

Doch mittlerweile scheint das Unternehmen wieder in den schwarzen Zahlen zu sein. Jetzt will der OBM den Geschäftsführervertrag von Ronald Klette bis 2016 verlängern. Ganz so, als ob er mit einem auf keinen Fall mehr rechnet: Dass er das städtische Unternehmen zu 49 Prozent verkaufen kann.

Das hat auch bei den letzten Privatisierungen der Stadtwerke-Töchter HL komm und Perdata nicht geklappt. Solche Angebote sind für private Investoren einfach nicht lukrativ. So lange die Kommune Mehrheitseigner ist, hat die Kommune auch im Wesentlichen das Sagen. Deswegen hatte Reik Hesselbarth auch schon 2012, als über den Verkauf des Städtischen Bestattungswesens entschieden wurde, darauf hingewiesen, dass es so wieder nichts werde. Er hatte für den Komplettverkauf votiert.Andererseits scheint Ronald Klette als Geschäftsführer die Zeit genutzt zu haben, um die Zahlen im Städtischen Bestattungsinstitut in Ordnung zu bringen. Er war auch schon vorher Betriebsleiter gewesen.

Die Landesdirektion Leipzig hatte die ganze Sache im Genehmigungsbescheid dann ganz ähnlich gesehen wie Reik Hesselbarth und als Auflage formuliert: “Wenn die ordentlichen Jahresergebnisse der Städtisches Bestattungswesen Leipzig GmbH für die Geschäftsjahre 2013 bis 2015 ohne Berücksichtigung außerordentlicher Ereignisse negativ sind, ist im Jahr 2016 eine Entscheidung über die vollständige Veräußerung des Unternehmens zu treffen.”

Das Geschäftsjahr 2012 könne als “Rumpfgeschäftsjahr” nicht bewertet werden, stellt jetzt die Vorlage des OBM fest, “da unterjährig die rückwirkende Ausgliederung in die GmbH erfolgte. Demnach ist dieses Geschäftsjahr nicht geeignet, um Rückschlüsse für die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung der Städtisches Bestattungswesen Leipzig GmbH zu ziehen. Der Jahresabschluss des Geschäftsjahres 2015 liegt voraussichtlich im ersten Quartal 2016 vor. Danach ist die abschließende Beurteilung über die wirtschaftliche Entwicklung der Jahre 2013 bis 2015 möglich.”

Aber das ist eigentlich nicht die wichtigste Aussage der Vorlage. Viel entscheidender ist die Passage, die zeigt, dass die Sanierungsbestrebungen der vergangenen Jahre Wirkung zeigen und dass das städtische Unternehmen mittlerweile schwarze Zahlen schreibt: “Da die vorliegenden Jahresergebnisse der Geschäftsjahre der Städtisches Bestattungswesen Leipzig GmbH 2012 und 2013 positiv sind und in 2014 planmäßig mit einem positiven Jahresergebnis zu rechnen ist, wird der Ratsversammlung vorgeschlagen, den derzeitigen Geschäftsführer, Herrn Ronald Klette, bis zum 30.06. 2016 wieder zu bestellen.”

Also sowohl das “Rumpfjahr” 2012 als auch 2013 haben mit einem positiven Ergebnis geendet, 2014 sieht es genauso aus.

Was nun augenscheinlich die Stadtverwaltung dazu bringt, über den Verkauf noch einmal nachzudenken. Dabei scheint man gar nicht einmal den 100-prozentigen Verkauf in Erwägung zu ziehen, sondern lieber die eigenen 49 Prozent in Frage zu stellen: “Im Ergebnis der Beurteilung der wirtschaftlichen Entwicklung der Städtisches Bestattungswesen Leipzig GmbH bis 2015, auch im Kontext der Auflage des Genehmigungsbescheides der Landesdirektion Sachsen, ist im Jahr 2016 eine grundsätzliche Entscheidung über die Notwendigkeit und den Umfang einer Anteilsveräußerung von bis zu 49 % durch die Ratsversammlung zu treffen.”

Was ja wohl – wenn sich da nicht jemand verformuliert hat – bedeutet, dass man auch gewillt ist, die Entscheidung über den Verkauf von 49 Prozent zurückzunehmen. Oder gar den Prozentsatz zu senken.

Am 1. Oktober soll das Papier im Verwaltungsausschuss behandelt werden, am 15. Oktober dann in der Ratsversammlung.

Zur Vorlage: https://ratsinfo.leipzig.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=1000299

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar