Die Grünen fanden es zwar überzogen, dass die FDP-Fraktion im Leipziger Stadtrat zum Ende der Wahlperiode noch ihr Herz fürs städtische Personal entdeckte und so umfassend nach Überlastungsanzeigen fragte. Aber die Antwort, die die FDP-Fraktion nun bekam, zeigt zumindest, dass augenscheinlich tatsächlich Handlungsbedarf besteht. Vielleicht nicht beim Personal selbst, sondern noch eher bei der Informationspolitik der Verwaltung.

Denn in jeder Haushaltsdiskussion diskutiert und entscheidet der Stadtrat auch über neue Personalstellen – oder deren Einsparung. Man erinnere sich nur an die massiven Personaleinsparungen in den Bürgerämtern, die dann zur Schließung einiger dieser Einrichtungen führte. In den letzten Jahren wurde auch immer wieder ein Einstellungsstopp für die Verwaltung verhängt. Einige Ämter sind deutlich unterbesetzt, wie das oft genug vom Ordnungsamt beklagt wird und den fehlenden Politessen im Stadtraum.

Doch schon die erste Antwort von Verwaltungsbürgermeister Andreas Müller (SPD) auf die FDP-Anfrage zeigt, dass das Thema auf der Königsebene der Verwaltung nicht angekommen ist. Es gibt keine Zahlen zu Überlastungsanzeigen in den Jahren 2011, 2012 und 2013. Andreas Müller: “Es erfolgt keine statistische Erfassung von Überlastungsanzeigen.”

Was dann auch die Frage 2 aus dem Rennen kegelt. Wenn man keine Überlastungsanzeigen zentral sammelt, weiß auch keiner, in welchem Amt die Personalnot am größten ist.

Aber wer kümmert sich dann? Andreas Müller: “Der Umgang mit Überlastungsanzeigen obliegt vorrangig den Amts- bzw. Referatsleitern. Diese sind gehalten, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen – Umverteilung von Aufgaben, Neuorganisation von Abläufen usw. Soweit die Überlastung auf einer Häufung von Personalausfällen beruht, wird in Abhängigkeit von der konkreten Situation ein personeller Ausgleich angestrebt, beispielsweise durch befristete Einstellung bei längerem Krankheitsausfall. Vorrangig ist also der Grund einer möglichen Überlastung festzustellen. Diese Aufgabe ist als Führungsaufgabe zu begreifen. Ist innerhalb eines Amtes eine Lösung nicht möglich, liegt die Verantwortung bei dem zuständigen Dezernenten, um innerhalb des Dezernates die Belastung auszugleichen. Letzter Schritt ist die Überprüfung des Stellenbedarfs. Dies erfolgt innerhalb des Prozesses der Stellenanmeldungen und/oder gekoppelt an eine Organisationsuntersuchung.”Was einmal mehr erhellt, wieviel Entscheidungsmacht sich in Leipzigs Verwaltung auf Ämterebene bündelt. Ist Personalpolitik nicht eigentlich ein wichtiges Steuerelement? Auf Bürgermeisterebene?

Irgendwie erst, wenn eine Situation erst so richtig am Rauchen ist. Oder mit der Frage der FDP-Fraktion formuliert: “Wie geht die Stadt Leipzig mit gehäuftem Auftreten von Überlastungsanzeigen in bestimmten Bereichen (Ämter, Sachgebiete etc.) um?”

Bürgermeister Andreas Müller: “Es gelten die Ausführungen zu Punkt 3 mit der Maßgabe, dass die Prozesse des Personalersatzes bzw. der Organisationsuntersuchung beschleunigt werden.”

Ja, aber von wem, wann und wo? Vielleicht vom Verwaltungsbürgermeister?

“Welche Maßnahmen hat die Stadt Leipzig in den letzten Jahren unternommen, um die Zahl der Überlastungsanzeigen zu reduzieren?”, hatte die FDP-Fraktion noch gefragt.

“Die Antwort ergibt sich aus den Antworten zu 3. und 4”, erwiderte Andreas Müller nun. “Dabei darf nicht verkannt werden, dass vermehrter Aufwand immer entstehen kann. Da das analog für zurückgehenden Aufwand gilt, wird die Notwendigkeit des unter 2. beschriebenen Prozesses deutlich. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund der sparsamen Stellenbewirtschaftung, die eine Folge der Haushaltssituation ist und sich an den Vorgaben den Freistaates Sachsen zur Stellenzahl pro 1.000 Einwohner orientieren muss.”

Womit man eigentlich wieder am Anfang wäre, bei der Frage, die sich nicht nur die FDP-Fraktion stellt: Wie soll ein Stadtrat beim Personalbudget steuern, wenn es keine Rückmeldungen aus dem Verwaltungsapparat gibt? Soll er warten, bis die verantwortlichen Ämter in den Fraktionen anrufen? Oder soll er einfach darauf vertrauen, dass die Ämter alle realistische Stellenbedarfe angemeldet haben und man das dann einfach so abnickt?

Und noch bunter wird es, wenn eine Fraktion versucht, vergleichbare Daten zu anderen Stadtverwaltungen zu bekommen. In der Formulierung der FDP-Fraktion: “Erfolgt ein Vergleich von Überlastungsanzeigen in einzelnen Tätigkeitsbereichen mit anderen Städten? Wenn nein: Warum nicht?”

Andreas Müller: “Ein Vergleich erfolgt nicht. Zum einen sind die Organisationsformen in der Regel nicht vergleichbar, entsprechend auch die Größe der Aufgabenbereiche, zum anderen werden solche inneren Angelegenheiten nicht unbedingt offengelegt. Unter dem Gesichtspunkt schwieriger Vergleichbarkeit ist dies auch nachvollziehbar.”

Ergebnis: Die Leipziger Verwaltung ist und bleibt eine Black Box. Weil sie so unvergleichlich ist.

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