Mehr als 300.000 Tonnen Pestizide werden jährlich in Deutschland ausgebracht - über 15.000 Tonnen davon entfallen auf Sachsen. Auch in Leipzig wird viel Gift gegen Unkraut und Schadinsekten verspritzt. Direkte Folgen sind tödliche Auswirkungen auf vermeintliche Schädlinge - aber auch "Kollateralschäden" an anderen Tieren und Pflanzen. Dabei kann man auf das Gift in unserer Umwelt verzichten, finden die Grünen. Und haben einen entsprechenden Antrag formuliert.

Pestizide zerstören die Bodenfruchtbarkeit, sind schädlich für Wasserorganismen und haben negative Auswirkungen auf Bienen und andere Insekten sowie Vögel und Säugetiere. Sie sind auch mitverantwortlich für das zunehmende Artensterben.

Um den Pestizideinsatz in Leipzig auf nur das fachlich Gebotene einzugrenzen, sei Überzeugungsarbeit in der Bevölkerung erforderlich, stellen die Grünen fest. Von ihrem “Schönheitsideal” für den Pflegezustand des Straßen begleitenden Grüns, von Wegen und Plätzen sowie Kleingärten hänge auch ab, welche Anforderungen nach öffentlicher Ordnung gestellt werden. Es wäre deswegen wünschenswert, wenn sich Leipzig am Beispiel München orientiere und ein Material zur Verfügung stelle, welches neben den öffentlichen Stellen auch in Gartenmärkten und Kleingartenvereinen verteilt werden könnte.

Grundsätzlich wird beim kommunalen Pestizideinsatz zwischen zwei Arten von öffentlichen Flächen unterschieden: Kulturland und Nicht-Kulturland.

Auf Kulturland (Parks, Gärten, Forst) ist die Verwendung von Pestiziden grundsätzlich möglich, sie müssen aber nicht zum Einsatz kommen.

Auf Nicht-Kulturland dürfen Pestizide nur mit Ausnahmegenehmigung eingesetzt werden. Das sind unter anderem Straßen, Wege aller Art, Plätze, Parkplätze, Böschungen, Gleisanlagen, Hafenanlagen und Flughäfen, aber auch Grünflächen wie Naturschutz-Ausgleichsflächen, Spiel- und Liegewiesen, Spielplätze, Schulen, Kindergärten und Schwimmbäder. Ausnahmen sind genehmigungsfähig, wenn der angestrebte Zweck vordringlich ist und mit zumutbarem Aufwand auf andere Art nicht erzielt werden kann und überwiegende öffentliche Interessen, insbesondere des Schutzes der Gesundheit von Mensch und Tier oder des Naturhaushaltes, nicht entgegen stehen. Die Pflichten der Kommune müssen beim Verzicht auf Pestizide nicht vernachlässigt werden. Dies zeigen Kommunen wie Münster, Saarbrücken, Tübingen und andere, die seit vielen Jahren ohne Pestizide arbeiten. Die Stadt Saarbrücken etwa geht diesen Weg und kommt seit über 20 Jahren ohne Pestizide aus.

Es ist also möglich. Trotzdem greifen einige Leipziger – auch ohne Genehmigung – immer wieder zur Giftspritze und nehmen dabei auch wenig Rücksicht auf die Nachbarn.

“Besorgte Bürger berichten vom zunehmenden Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auf Nicht-Kulturland”, merkt der Grünen-Fraktionsvorsitzende Norman Volger an. “Insbesondere das wachsende Bewusstsein für naturnahes Gärtnern im Kleingarten und der Wunsch der Pächter, dort gesunde, pestizidfreie Pflanzen ziehen zu können, müssen berücksichtigt werden. Daher ist auch die Aufklärung der Kleingartenvereine über die gesundheits- und umweltschädigenden Auswirkungen beim Einsatz von Pestiziden und die natürlichen Alternativen ein wichtiger Teil der Öffentlichkeitsarbeit zur Sensibilisierung und Aufklärung der Bevölkerung. Dazu sollte auch eine Prüfstelle für Boden- und Wasserqualität für Kleingartenpächter beworben werden.”

Der weitverbreitete Einsatz von handelsüblichen Breitband-Anwendungen wie Round-up der Firma Monsanto mit dem Wirkstoff Glyphosat sei ein gefährliches Unterfangen. Als unspezifisches Herbizid sei es im landwirtschaftlichen Großflächeneinsatz inzwischen sehr umstritten, da Ziel-Schädlinge schon Resistenzen entwickelt haben und sich nun als Super-Unkräuter unbeherrschbar verbreiten und Ernten vernichten.

Der BUND definiert Pestizide als “chemisch-synthetische Stoffe und Stoffkombinationen, die giftig auf im jeweiligen Anwendungsbereich unerwünschte Organismen (Tiere oder Pflanzen) wirken. Sie töten, vertreiben, hemmen das Wachstum oder die Keimung. Der Begriff ‘Pestizide’ stammt vom englischen Wort ‘pests’ (Schädlinge). Diese Gifte können nach ‘Ziel-Organismen’ eingeteilt werden. So gibt es Insektizide (gegen Insekten), Herbizide (gegen Pflanzen), Fungizide (gegen Pilze) und weitere. Pestizide haben einen oder mehrere Wirkstoffe, die bestimmten Gruppen von Pestiziden zugeordnet werden können.”Die Grünen haben vier Antragspunkte formuliert, die damit beginnen, dass die Stadt selbst sich verpflichtet, keine Pestizide mehr einzusetzen:

1. Die Stadt Leipzig verzichtet schrittweise auf allen kommunalen Flächen, auf Kultur- sowie Nicht-Kulturland, auf den Einsatz von Pestiziden. Zu Beginn wird insbesondere auf bzw. in der Nähe, von Kinderspielplätzen, Schulen und Kindergärten auf den Einsatz von Pestiziden verzichtet. Alternativ kommt nur die im Biolandbau verwendete Schädlingsbekämpfung zum Einsatz.

2. Zur zeitlichen Umstellung der kommunalen Grünpflege ohne Pestizideinsatz erstellt die Stadtverwaltung einen Maßnahmeplan mit verpflichtenden zeitlichen Schritten.

3. Private Dienstleistungsunternehmen und städtische Unternehmen und Beteiligungen, die den Auftrag zur Pflege öffentlicher Flächen erhalten oder diese besitzen, sowie Pächter kommunaler Liegenschaften, werden seitens der Stadt Leipzig zum Pestizidverzicht aufgefordert. Alle Anwender von Schädlingsbekämpfungssubstanzen werden weitergebildet.

4. Mittels einer begleitenden Kampagne wird die Stadt Leipzig der Bevölkerung durch intensive Öffentlichkeitsarbeit die neuen Maßnahmen und mögliche Alternativen nahe bringen mit dem Ziel, auch auf Privatgrundstücken und in Gartenvereinen den Einsatz von Pestiziden aufzuhalten.Haupteinsatzgebiete in der Stadt, inklusive Kleingärten, sind vor allem Herbizide.

! Pestizide gefährden die menschliche Gesundheit.

Das häufig eingesetzte Herbizid Glyphosat wird mittlerweile mit chronischen Erkrankungen, Störungen des Hormonsystems, Geburtendefekten sowie Krebs und Parkinson in Verbindung gebracht. Weswegen der Einsatz von Pestiziden in Kindereinrichtungen und deren Umgebung unterbunden werden muss.

! Pestizide zerstören die Bodenfruchtbarkeit, sind schädlich für Wasserorganismen und haben negative Auswirkungen auf Bienen und andere Insekten sowie Vögel und Säugetiere.

Herbizide zerstören den Anfang der Nahrungskette. Im Ergebnis verhungern z. B. in Kleingärten ca. 1/3 bis die Hälfte der Jungvögel, weil ihnen die Insekten als Futter fehlen. Den Insekten wurde durch die Herbizide das Futter vergiftet. Dazu kommt der Massenmord an Regenwürmern und anderen Bodenlebewesen. Das führt zur Zerstörung des Bodens.

Auch der Einsatz gegen Blattläuse hat negative Folgen. Sie sind eine wertvolle Futterquelle für viele gern gesehene Gartentiere: Der vom Regen abgespülte Zuckersaft düngt die Bodenpilze. Die wiederum versorgen die Pflanzen mit Wasser und Nährstoffen. Die Ameisen, die den Zuckersaft ebenfalls schätzen und die Blattläuse dazu schützen und pflegen, vertilgen rundherum die Raupen und andere Pflanzenschädlinge. Saugen die Blattläuse zuviel, so dass die Pflanzen zu sehr geschwächt werden, transportieren die Ameisen sie zu anderen Pflanzen und Nahrungsmangel führt auch dazu, dass die Blattläuse wieder Flügel bilden und von selbst verschwinden. Nur sehr empfindliche Pflanzen, die mit Boden und Klima nur schwer zurecht kommen, leiden unter den Blattläusen, die anderen profitieren.

Der Einsatz gegen Ameisen im Außenbereich ist ein großer Fehler. Im Haus bzw. in der Laube ist das berechtigt. Draußen gehören Ameisen zu den nützlichsten Tieren überhaupt.

Zum Einsatz gegen Nacktschnecken sollte nur das Schneckengift zugelassen werden, das auch im Biolandbau zugelassen ist. Die Alternative wäre absammeln, aber das ist nur im Kleingarten machbar und sehr arbeitsintensiv.

! Pestizide sind mitverantwortlich für das zunehmende Artensterben.

Die natürliche Aussterberate ist um das 100- bis 1000-fache angestiegen, alleine zwischen 1970 und 2000 ist die Artenvielfalt um rund 40 Prozent zurückgegangen. In Sachsen stehen 40 % aller Arten auf der Roten Liste.

! Vorsicht: Die Werbung der Chemieindustrie verharmlost die Wirkung ihrer Produkte oft.

Glyphosat wird so z. B. teilweise als Bioprodukt beworben, weil das Zeug innerhalb einer Woche biologisch abgebaut werde (siehe z. B. Chrestensen im Internet).

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