Die Sitzung verlief so, wie es zu erwarten war: Sandra Schenck ist nicht mehr Sprecherin der Grünen Jugend Sachsen. Die Nachwuchsorganisation der Grünen hat wegen des Abwahlantrags gegen sie am Sonntag, 16. Februar 2014, eine Sonderversammlung gehalten. Gekommen waren 17 Mitglieder. Normalerweise sind es um die zehn. Der Abwahlantrag hatte bereits im Vorfeld für mediale Aufmerksamkeit gesorgt, denn Sandra Schenk ist Gründungsmitglied des Bündnis Leipzig.
Aus der Partei Bündnis 90/Die Grünen ist sie bereits seit längerem ausgetreten. “Ich habe den Eindruck, dass man in Sachsen auf eine Schwarz-Grüne-Koalition hinarbeiten will. Ein Zugehen auf die CDU kann ich aber nicht vertreten”, so Schenck über ihre Beweggründe. Um sie abwählen zu können, waren die fünf weiteren Vorstandsmitglieder allesamt zurückgetreten.
Die Aussprache am Sonntag beginnt ruhig, steigert sich dann aber doch ins Emotionale. Vier Einzelmitglieder hatten den Antrag gegen Schenck gestellt. Alle Anwesenden scheinen ihn jedoch mitzutragen. “Dein Werben für das Bündnis beißt sich mit der Position als Sprecherin der Grünen Jugend”, sagt Simon Kupferer, der selbst für die Stadtratswahl kandidieren will. “Für andere zur Wahl aufzurufen, das kann man machen. Ich finde es nicht in Ordnung”, so Kupferer.
Knackpunkt Nummer zwei: Schenk hatte vorher keine Rücksprache gehalten und viele ihrer Äußerungen erfuhren die Mitglieder erst aus der Presse, vornehmlich aus der L-IZ. Oder über Facebook. “Fangen wir jetzt an, über diese Medien Debatten zu führen?”, fragt Matthias Jobke aus Chemnitz. Und weist darauf hin, dass Schenck sich in eine Zwickmühle gebracht hat: “Was, wenn du dich zum selben Thema äußern musst? Sprichst du dann erst für uns und dann für das Bündnis?” Und wie sollte das gehen, wenn die Meinungen auseinander gehen?
“Man muss sich entscheiden. Beides geht nicht.”
Schenck antwortet, dass das Bündnis schließlich keine Partei ist: “Es muss doch auch für andere möglich sein, am politischen Prozess mitzuwirken, als nur Parteien.” Und sie wird sofort gekontert: “Jeder kann sich auf kommunaler Ebene zur Wahl stellen”, so ihr alter Sprecher-Kollege Sebastian Walter. Dass Schenck sagt, sie wolle lieber eine inhaltliche Debatte führen, reizt ihn noch mehr. “Die Möglichkeit dazu hattest du am 12. Januar zur Landesmitgliederversammlung. Über deine Presse-Äußerungen gab es zuvor keine Absprachen. Und dass man das Gegenteil dessen macht, was man elf Tage zuvor unter eigener Beteiligung einstimmig beschlossen hat, finde ich befremdlich”, so Walter.
Im Grunde ist Schenck an einem Kommunikationsproblem gescheitert. Offenbar hat sie zu viel und gedankenlos über ihre Basis geplaudert. Und dass schriftlich, im sozialen Netzwerk. “Als Sprecherin kannst du doch nicht alle paar Wochen über Facebook deine Basismitglieder eintiefen”, meint am Sonntag Anne Kämmerer dazu. Die unbeholfene Kommunikation war der Grund für die Abwahl und die Bündnisgründung der Anlass. Dass Schenck im Zuge der abgelehnten Privatisierungsbremse für das Bündnis Leipzig unterschrieb, wäre wohl kein Problem gewesen, wenn sie vorher bei der Grünen Jugend ihre Beweggründe erklärt hätte. “Ich war damals so sehr darüber aufgebracht, dass der Stadtrat und im Besonderen die Grüne Fraktion diesen Antrag abgelehnt haben, dass ich einfach unterschrieben habe”, sagt sie heute. Womöglich hegte sie keinen Gedanken daran, dass sie deshalb Probleme bekommen würde. Ihr Beispiel zeigt auch, dass die altgedienten Parteien schlecht auf neue politische Organisationen vorbereitet sind. Das Bündnis Leipzig ist keine Partei. Und nur deshalb schlossen sich die Mitgliedschaft dort und die bei der Grünen Jugend nicht aus. “Da haben wir wohl auch Nachholbedarf, was unsere Satzung anbelangt”, gibt Schatzmeister Martin Schmid zu.
Das Vorstands-Posten-Rad dreht sich weiter
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Doch dass das Bündnis in die Wahl eingreifen will, das war nach dem Scheitern der Privatisierungsbremse noch nicht abzusehen. Bei der Gründungsveranstaltung aber schon. Und so kommt es, dass sich die Grüne Jugend von Schenck schlecht vertreten fühlte. “Es geht um eine Wählervereinigung, die in Konkurrenz zu den Grünen steht. Man muss sich entscheiden. Beides geht nicht”, bringt Valentin Lippmann aus Dresden die Misere auf den Punkt. Schenck hätte sich die Abwahl ersparen und bei der Grünen Jugend hinwerfen können. Tat sie aber nicht. Womöglich ist auch Trotz im Spiel. “Die Begründung des Abwahlantrags kann ich nicht nachvollziehen. Darin steht ich hätte gegen den Beschluss der Basis verstoßen”, sagt sie. Dieser lautet, dass die Grüne Jugend ihre Kandidaten auf den Listen der Grünen unterstützt. Mehr nicht. Dennoch hätte Schenck damit rechnen müssen, ihre Basis zu vergraulen. “Wir fühlen uns von der Landessprecherin vor den Kopf gestoßen, wenn sie offensichtlich und medienwirksam das Bündnis Leipzig vertritt”, heißt es im Abwahlantrag.
Die Abwahl selbst ist schnell erledigt: 17 Stimmen wurden abgegeben, 16 für die Abwahl, eine Enthaltung. Und dann dreht sich das Vorstands-Posten-Rad weiter: Sebastian Walter wird wieder zu Sprecher gewählt. Lena Franke, die sich zuvor um frauen- und genderpolitische Fragen kümmerte, wird nicht nur darin bestätigt, sondern rückt zusätzlich zur Sprecherin auf. Martin Schmid ist erneut Schatzmeister geworden. “Es sind eh nur noch zwei Monate bis zur regulären Neuwahl und ich möchte einen geordneten Abschluss übergeben”, sagt er bei der Bewerbung um seinen alten Job. Torben Löding ist wieder als Beisitzer gewählt, Silvia Kunz als politische Geschäftsführerin. Ein neues Gesicht rückt nach: Clara Stelmecke aus Dresden. Die 20-Jährige ist neue Beisitzerin und so ist der Vorstand wieder komplett.
Sandra Schenck quittiert den Verlauf desillusioniert: “Das war zu erwarten.” Sie will nun eine politische Pause einlegen. “Basismitglied bei der Grünen Jugend will ich schon noch bleiben”, sagt sie. Und wie es mit dem Bündnis weiter geht, ist auch noch unklar. Seit Maren Müller, die auch zu den Gründern gehörte, für die Piraten kandidieren will, steht die Zukunft des Bündnisses in den Sternen. “Es finden sich eben nicht genug gute Leute dafür”, meint Schenck. Sie hat sich für das Bündnis eingesetzt. Und ihren Sprecherposten bei der Grünen Jugend dafür geopfert.
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