Zur aktuellen Debatte um das Ausschöpfen und die Zweckentfremdungen von Wohnungsbaufördermitteln, die vom Bund über die Länder bereit gestellt werden, erklärt Ingo Sasama, Mitglied des Aufsichtsrates der Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft mbH und Stadtrat der Grünen: "Noch haben wir in Leipzig einen scheinbar entspannten Wohnungsmarkt. Kein Wunder, dass in den letzten mindestens 10 Jahren keine Sozialwohnungen mehr gebaut wurden."

Auch gäbe es noch vorhandene große Leerstände von rund 30.000 Wohnungen, billige Mieten von durchschnittlich etwas über 5,15 Euro im Bestand und 5,34 Euro in der Neuvermietung und ein breites Wohnungsangebot, wie es die Erhebungen des Stadtplanungsamtes und die Bürgerumfrage aus dem Jahr 2012 belegen. Doch auch die Leipziger sollten sich nicht in zu großer Sicherheit wiegen.

“Erste Anzeichen in bestimmten Wohngebieten wie Schleußig, dem Musik- oder dem Waldstraßenviertel weisen unzweifelhaft auf eine beginnende Segregation hin”, stellt Ingo Sasama fest. Das Wort Gentrifizierung vermeidet er noch. Die Absonderung (Segregation) bestimmter Bevölkerungsgruppen erfolgt in Leipzig noch in einem relativ geruhsamen, aber trotzdem nachhaltigen Prozess. Vor allem wurden und werden auch ursprünglich von Besserbetuchten bewohnte attraktive Stadtquartiere auch in Leipzig wieder attraktiver für besserbetuchte Mieter. Häuser werden aufwändiger saniert und teurer vermietet. Die Mieten steigen punktuell stärker.Da sich gerade diese Sanierungen und auch der Bau neuer Häuser in diesem Segment besonders lohnen, kommt der Wohnungsbau für die finanziell schlechter gestellten Leipziger derzeit ins Hintertreffen.

“Zudem fehlen nicht nur in diesen Bereichen bestimmte bezahlbare Wohnungsgrößen von zum Beispiel 4-Zimmerwohnungen für junge Familien”, stellt Sasama fest. “Diesen Tendenzen muss jetzt und nicht erst dann entgegen gewirkt werden, wenn der höchst erfreuliche Zuzug, die erweiterte Wohnungsgrößennachfrage bei Familienzuwächsen und eine steigende Bevölkerungszahl, die insgesamt zu einer weiter wachsenden Nachfrage führen wird.

Hier sei natürlich in erster Linie die kommunale Wohnungsbaugesellschaft LWB mbH gefordert, aktiv zu werden. “Dabei sollten besonders die Grundstücke kostengünstig aktiviert werden, die sich in diesen Gebieten noch im Besitz der Gesellschaft oder der Stadt Leipzig befinden”, betont Sasama. In den letzten Jahren hat sich die stadteigene LWB durch den Verkauf auch von größeren Wohnungspaketen so weit entschuldet, dass sie jetzt erstmals wieder an den Neubau einer eigenen Firmenzentrale denken kann. Erster Wohnungsneubau in Regie der LWB ist ab 2015 geplant.

Sasama dazu: “Die neuen finanziellen Spielräume, nach drei Jahren finanziell positiven Wirtschaftsergebnis der LWB mbH, müssen dafür genutzt werden, wieder in den sozialen Wohnungsbau besonders und gezielt in den Gebieten einzusteigen, die offenkundig von Segregation bedroht sind.”

Die Änderung des Mietrechts durch die Bundesregierung sieht er durchaus auch als eine Gefahr für viele Leipziger, die bei den möglichen Mietsteigerungen künftig nicht mehr mithalten können. Sasama: “Nachdem es die schwarz-gelbe Landesregierung vor der Sommerpause verweigert hat, bestimmte Schutzmechanismen, wie die Kappung von Mietpreissteigerungen in von Segregation bedrohten Stadtgebieten zuzulassen, wie es unsere Landtagsfraktion in einem Antrag vorgeschlagen hatte, können wir nur über gezielten Wohnungsbau diesen Prozess eindämmen.”

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