Im März wunderte sich die FDP-Fraktion über die frisch vorgelegte Kreation der Wort-Bild-Marke zum 1.000jährigen Jubiläum der Ersterwähnung Leipzig mit dem Slogan "Wir sind die Stadt". Den Bildentwurf hat die Agentur MinneMedia gemacht, der Slogan stammt von der Leipziger Agentur Brandung und wurde recht ordentlich bezahlt, wie das Dezernat Finanzen jetzt der FDP-Fraktion ausführlich erläuterte.

Die Antwort des Dezernats Finanzen auf die sechs Fragen der FDP-Fraktion hier in vollem Wortlaut:

1. Im Impressum der offenbar in einer Auflage von 255.000 Exemplaren produzierten Wahlkampfzeitschrift von Burkhard Jung “LEIPZIG – UNSERE STADT” wurde für die
Gestaltung die Internetseite der Agentur Brandung angegeben. Handelt es sich bei dieser Agentur um die gleiche Agentur, die in der Pressemitteilung der Stadt Leipzig zur Wort-Bild-Marke genannt wurde?

Ja.

2. Wenn Frage 1 mit Ja beantwortet wurde: Wie hoch ist die Vergütung, die die Agentur Brandung für den Auftrag zum Festjahr erhalten hat bzw. erhalten wird?

Im Jahr 2013 erhielt/erhält die Agentur Brandung für die bisher erbrachten Leistungen der Entwicklung einer Wort-Bild-Marke zum Festjahr 2015 ein Honorar von 12.195 Euro und 12 Cent, inklusive Mehrwertsteuer.

3. Wenn Frage 1 mit Ja beantwortet wurde: In welchem Umfang erhielt die Agentur in den Jahren 2011 und 2012 insgesamt Aufträge von der Stadt Leipzig?

Alle Dezernate und Eigenbetriebe der Stadt Leipzig erteilen für den angefragten Zeitraum eine Fehlmeldung.

4. Aus welchem Grund wurde die Farbe GRÜN, die bekanntlich keine Farbe der Stadt Leipzig ist, für die Gestaltung der Wort-Bild-Marke genutzt?

In der Farbenlehre von Johann Wolfgang von Goethe, dessen Studienbeginn in Leipzig sich im Jahr 2015 in Leipzig zum 250. male jährt, wird die Farbe Grün wie folgt beschrieben, Zitat: “Wenn man Gelb und Blau, welche wir als die ersten und einfachsten Farben ansehen, gleich bei ihrem ersten Erscheinen, auf der ersten Stufe ihrer Wirkung zusammenbringt, so entsteht diejenige Farbe, welche wir Grün nennen”.

Die Verwendung der Farbe Grün für die Gestaltung der Wort-Bild-Marke weist einen engen Bezug zu unserer Stadt auf und lässt sich bei einer positiven Aufgeschlossenheit gegenüber dem Festjahr mit Leipzig verbinden.

Drei Beispiele:

– Mit seinen zahlreichen Stadtparks, der Auenwaldlandschaft und den Kleingartenanlagen zählt Leipzig zu den grünsten Großstädten Deutschlands. Insgesamt gelten 16,7 Prozent des zur Stadt gehörenden Territoriums als Erholungs- und Waldfläche.
– Grün ist Bestandteil der sächsischen Flagge.
– Grün wird im Allgemeinen als Farbe der Hoffnung angesehen und steht somit für eine weitere, hoffentlich erfolgreiche Entwicklung unserer Stadt.5. Gab es Überlegungen, über einen Marktforschungstest hinaus, die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Leipzig über die Markenentwürfe entscheiden zu lassen – bspw. im Rahmen einer Online-Umfrage? Wenn ja: Warum wurden diese verworfen? Wenn nein: Warum nicht?

Mit der Beauftragung eines Marktforschungsinstitutes wurde der bewusste Weg einer neutralen Evaluierung gewählt. Die Ergebnisse sollten die Entscheidungsfindung der Jury nicht obsolet machen, sondern diese unterstützen. Mit der Durchführung eines computergestützten Studiotestes in den Städten Leipzig, Dresden und Hannover auf Basis eines strukturierten Fragebogens wurde das Niveau der Bewertung der Entwürfe deutlich über die für Online Votings oft typische Aussage: “gefällt mir/ gefällt mir nicht” gehoben.

Neben dem bloßen Gefallen wurden im Rahmen des Studiotests spontane Assoziationen und verschiedene Imageitems zu den Entwürfen sowie deren Wirkung innerhalb und außerhalb Leipzigs abgefragt, die letztendlich in das Gesamtergebnis einflossen. Die Entscheidung gegen eine Online-Befragung oder ein Online-Voting erfolgte u.a. aus folgenden Gründen

1.) Vermeidung von Mehrfachabstimmungen durch die gleiche Person als häufiges Problem bei offenen Online-Abstimmungen, um Befragungsergebnisse gezielt zu beeinflussen. Damit wurde eine Einflussnahme durch einzelne Interessengruppen (z.B. die beteiligten Agenturen oder politisch motivierte Interessengruppen) ausgeschlossen.

2.) Eine zugangsoffene Online-Befragung (Online-Voting) hätte auch zu einer öffentlichen Zurschaustellung der Entwürfe/ Wettbewerbsmaterialien geführt. Seitens der involvierten Agenturen wäre hierzu jeweils eine umfassende Freigabe notwendig gewesen. Durch Kenntnis des Abstimmungsverfahrens wäre in dem Fall eine unmittelbare Beeinflussbarkeit der Umfrage durch Beteiligte möglich gewesen

3.) Weiterhin hätte eine Vorab-Veröffentlichung sämtlicher Entwürfe im Rahmen einer zugangsoffenen Online-Befragung auch Auswirkungen auf die spätere “Werbe- und
Kommunikationswirkung” der Kampagne gehabt, da u.a. der “Neuigkeitseffekt” nicht mehr vorhanden wäre.

Die teilweise bedingte Aussagekraft von Online-Umfragen soll folgendes Beispiel verdeutlichen: Der Lokalsender Leipzig Fernsehen führte im Rahmen der Oberbürgermeisterwahl 2013 eine Online-Umfrage durch. Der Oberbürgermeisterkandidat der FDP erhielt eine Woche vor dem ersten Wahlgang in dieser Umfrage 9%, zum Wahltag am 27.01.2013 waren es aber nur 1,8%, also rund 5 mal weniger, wie in der Online-Umfrage prognostiziert.

6. Mit der Wort-Bild-Marke ist nunmehr eine weitere Wort-Bild-Marke für die Kommunikation der Stadt Leipzig geschaffen worden. Andere Beispiele sind: “Leipzig 2020”, “Leipzig weiter denken”, “ASW – Amt für Stadterneuerung und Wohnungsbauförderung”, “Verfügungsfonds”, “Familienfreundliches Leipzig”, “Familieninfobüro” etc. Da diese Marken gestalterisch ohne Verbindung zueinander nebeneinander genutzt werden, fragen wir: Wann wird die Stadt Leipzig ein eigenes Corporate Design erstellen lassen, in dem alle gestalterischen Angelegenheiten vom Wappen, Stadtlogo und Bürgerlogo über die Gestaltung von Wort-Bild-Marken bis hin zu Visitenkarten, Briefpapier, Präsentationen, Broschüren, Plakaten, Gestaltung von Internetauftritten und Messeständen etc. eindeutige Regelungen getroffen werden?

Die Antwort für Frage 6 liefert das Referat Kommunikation: Die Erstellung eines eigenen Corporate Designs, in dem für alle gestalterischen Angelegenheiten vom Wappen, Stadtlogo und Bürgerlogo über die Gestaltung von Wort-Bild-Marken bis hin zu Visitenkarten, Briefpapier, Präsentationen, Broschüren, Plakaten, Gestaltung von Internetauftritten und Messeständen etc. eindeutige Regelungen getroffen werden, ist derzeit durch die Stadt Leipzig nicht geplant.

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Redaktion über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar