Die Deutsche Umwelthilfe wurde sehr deutlich am Montag, 29. April, bei ihrer in Berlin anberaumten Pressekonferenz zu den deutschen Umweltzonen und der Kontrolle, die dort stattfindet - oder eben nicht: "Zwei Drittel der Städte verweigern wirksame Kontrollen von Umweltzonen und erhalten von der DUH die 'Rote Karte' - Nur sechs von 55 Städten kontrollieren angemessen, dafür gibt es die 'Grüne Karte'". Und die DUH setzt noch einen drauf: Sie will eine wirksame Kontrolle auf dem Klageweg durchsetzen.

Seit mehr als fünf Jahren gibt es Umweltzonen in Deutschland. Die DUH hat von Januar bis März 2013 die Kontrollergebnisse aus den 55 Städten abgefragt, wo es mittlerweile Umweltzonen gibt. Und Leipzig, wo im März 2011 die Umweltzone eingeführt wurde, gehört zu jenen sechs Kommunen, denen die DUH eine “Grüne Karte” vergab.

Nur diese sechs Städte, also 11 Prozent, überprüfen regelmäßig parkende und fahrende Fahrzeuge auf ihre Zufahrtberechtigung in die Umweltzonen und ahnden dabei erkannte Verstöße angemessen. Gegenüber einer Vorläuferuntersuchung der DUH im Vorjahr hat sich die Zahl der konsequent durchgesetzten Umweltzonen von vier auf sechs erhöht. Neben Leipzig gehören Berlin, Bremen, Frankfurt /M., Herne und Krefeld zu diese Gruppe. Und ein simples “Ja, wir kontrollieren.” aus den Ordnungsämtern genügte nicht, um das Kreuzchen in den Bewertungen zum ruhenden und fließenden Verkehr zu bekommen.

So war ein Mindestmaß an Bußgeldbescheiden notwendig, um eine positive Wertung zu bekommen. Was dann natürlich auch Aussagen darüber zulässt, dass in Leipzig 2012 mindestens 100 Bußgeldbescheide im ruhenden Verkehr für die fehlende Umweltplakette verteilt wurden, mindestens 50 im fließenden Verkehr – womit also auch die Polizei ihren Teil zur Kontrolle beiträgt. Die Effizienz der Kontrolle wird mit der Zahl von festgestellten Verstößen auf 1.000 Einwohner erfasst – in diesem Fall mindestens 5. Und bei der Ahnung der Verstöße werden die Bußgeldbescheide erfasst. Im ruhenden Verkehr mindestens 2 auf 1.000 Einwohner, im fließenden Verkehr mindestens 0,5.

Die große Gruppe der Städte, die von der DUH die “Gelbe Karte” bekamen, konnte zwar ausreichende Kontrollen vorweisen – aber hier hielt man sich mit Bußgeldbescheiden augenscheinlich zurück. Was sicher Sinn macht, wenn man so ein Projekt beginnt und die Bürger mitnehmen will. Aber wenn man so auch vier und fünf Jahre nach Einführung der Umweltzone handelt, nehmen die Betroffenen das Instrument natürlich nicht ernst. Dann kann man natürlich fragen: Warum haben es diese Städte dann überhaupt eingeführt?

Eine Frage, die sich erst recht stellt, wenn gar nicht erst ernsthaft kontrolliert wird. Die DUH wird da in der Wortwahl recht drastisch: “Dagegen wird in 35 Gemeinden die Wirksamkeit der Umweltzonen von den jeweiligen Landes- bzw. Stadtregierungen regelrecht sabotiert. Sie erhalten von der Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation dafür die ‘Rote Karte’. Die Ergebnisse der DUH-Umfrage sind umso weniger nachvollziehbar als wissenschaftliche Untersuchungen mittlerweile hinreichend belegen, dass die Aussperrung ungefilterter Diesel-Fahrzeuge aus den Kernzonen der großen Ballungsräume zu den effektivsten Instrumenten der Luftreinhaltepolitik zählt – vorausgesetzt, die Zufahrtbeschränkung wird konsequent umgesetzt und überwacht.”
Die EU-Kommission drohe deshalb nach Überzeugung der DUH 33 deutschen Städten zu Recht mit Strafzahlungen, weil sie einen wirkungsvollen Schutz ihrer Bürgerinnen und Bürger vor verkehrsbedingten Luftschadstoffen verweigern.

“Die innerstädtische Luftbelastung mit Dieselruß und Stickoxiden führt im Vergleich zu den unmittelbaren Verkehrstoten in Deutschland zu einem Vielfachen an vorzeitigen Todesfällen. Nach wie vor haben wir es hier mit dem mit Abstand gravierendsten Luftreinhalteproblem in unserem Land zu tun”, sagt DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Obwohl sich die Zahl der Kommunen mit vorbildlichem Kontrollverhalten erhöht habe, werde den Bürgern das ?Recht auf saubere Luft’ weiter in viel zu vielen Städten verweigert.

Resch kündigte an, dass die DUH die Verschärfung und die wirksame Kontrolle der Umweltzonen-Regelungen weiter mit Musterklagen gerichtlich durchsetzen will.

Leider hätten, so die DUH, viele Verantwortliche in Städten und Kommunen den Zusammenhang zwischen der Wirksamkeit von und der Kontrollintensität in Umweltzonen noch nicht verstanden. In Berlin, wo seit Einführung der Umweltzone im Jahr 2008 und der ?Scharfstellung’ auf grüne Plaketten 2010 auch regelmäßig Kontrollen durchgeführt werden, konnte etwa die verkehrsbedingte Rußbelastung um fast 60 Prozent gesenkt werden.

Insgesamt erreichen auf der von der DUH angewendeten “Konsequenz-Skala”, auf der Null bis fünf Punkte vergeben werden können, nur sechs Städte die Höchstpunktzahl. Darunter Leipzig.

Weitere 14 Städte erreichen vier oder drei Punkte und bekommen hierfür die “Gelbe Karte”. Diese Gemeinden könnten sich nach Überzeugung der DUH bei etwas konsequenteren Kontrollen im kommenden Jahr für die “Grüne Karte” qualifizieren. Als “großes Ärgernis” bezeichnete Resch die Teil- und Totalverweigerer einer wirkungsvollen Luftreinhaltepolitik: 35 der 55 befragten Städte kontrollieren die Einhaltung der Regeln in ihren Umweltzonen äußerst lax. Einzelne Städte wie Tübingen melden gar “Null Kontrolle und null Bußgeldbescheide”.

Erstmals bewertete die DUH in ihrer Untersuchung auch das Abschneiden der Bundesländer mit einer Punkteskala. Während Berlin, Bremen, Hessen und Sachsen die maximal möglichen fünf Punkte erhalten, markiert Baden-Württemberg mit nur einem Punkt das Ende der Skala. Nur unwesentlich besser schneiden mit zwei Punkten Nordrhein-Westfalen, Thüringen und Sachsen-Anhalt ab.

Wobei hier betont werden muss: In Sachsen hat nur Leipzig eine Umweltzone. Es ist also das Ergebnis einer einzigen Stadt, das hier in die Wertung fällt. Auch im benachbarten Thüringen ist es nur eine Stadt: Erfurt. Und das hat seine Umweltzone gerade erst im Oktober 2012 eingeführt. Da kann man nicht gleich auf die geforderte Zahl Kontrollen kommen. Aber immerhin zeigen die Erfurter mit ausgestellten Bußgeldbescheiden, dass sie die Sache ernst nehmen.

Was in gewisser Weise auch auf die beiden sachsen-anhaltinischen Städte Halle und Magdeburg zutrifft, die ihre Umweltzonen im September 2011 eingeführt haben. Die Kontrollen sind nach DUH-Maßstäben viel zu zurückhaltend, die Ahndung von Verstößen aber bekommt das DUH-Kreuzchen. Was in allen drei Städten die Punktzahl 2 und die “Rote Karte” ergibt.

Die Kritik der DUH: “Insbesondere eine Überprüfung der geparkten Fahrzeuge findet nach den Ergebnissen der Umfrage in vielen Kommunen vor allem in Baden-Württemberg, aber auch in Erfurt, Köln, Halle und Magdeburg überhaupt nicht statt. Insgesamt verfuhr bis zum Ende des Erhebungszeitraums im März jede vierte Stadt so. Grund sei eine angebliche Rechtsunsicherheit, entschuldigten sich regelmäßig die befragten Städte. Tatsächlich kontrollieren jedoch alle Städte in Deutschland nach denselben bundesrechtlichen Regelungen. Seit April 2013 gilt zudem eine novellierte Straßenverkehrsordnung (StVO), die dem Verweis auf die angebliche Rechtsunsicherheit endgültig die Grundlage entzieht. Dennoch haben Freiburg, Halle und Magdeburg bereits angekündigt, ihre Praxis nicht ändern zu wollen. Trotz der Klarstellung der Rechtslage sollen Fahrzeuge in diesen drei Städten also weiter ohne Zufahrtberechtigung in der Umweltzone parken können, ohne dass ein Bußgeld fällig wird.”

Mit einer Nacherhebung unter den Kontrollverweigerern werde die DUH im Herbst dieses Jahres klären, ob dann in allen Umweltzonen auch parkende Fahrzeuge kontrolliert werden, kündigte Resch an.

“Der politische Widerstand der Verantwortlichen in zahlreichen Städten und Kommunen darf nicht zulasten der Gesundheit ihrer Bürger gehen”, sagt Amrei Münster, Projektmanagerin Verkehr und Luftreinhaltung bei der DUH und Verantwortliche für die Untersuchung. Als “besonders zäh” beschreibt sie die Auskunftsbereitschaft der städtischen Behörden in diesem Jahr. Als einzige der befragten Städte habe Ulm auch nach vier Monaten die erbetenen Daten nicht geliefert – genau wie schon im vergangenen Jahr.

Ohne zusätzliche Maßnahmen zur Reduzierung der Luftschadstoffe in Ballungszonen, etwa durch eine Verschärfung der Umweltzonen, drohen 33 Städten und Kommunen drastische Strafzahlungen an die EU. Im aktuellen “Jahr der Luft” prüft die EU-Kommission besonders intensiv, ob Kommunen und Bundesländer alle geeigneten Maßnahmen ergreifen, um die EU-Luftreinhalterichtlinie ordnungsgemäß umzusetzen und die Grenzwerte einzuhalten. Die DUH drängt deshalb darauf, auch die noch geltenden Ausnahmen für ungefilterte Dieselbusse, Baumaschinen und -fahrzeuge schnellstmöglich zu streichen.

Die DUH werde weiter regelmäßig auch öffentlich für die Einhaltung der EU-Luftqualitätswerte streiten und nicht davor zurückschrecken, der EU-Kommission Verstöße gegen die Luftreinhalterichtlinie zu melden, kündigte Resch an.

Das Ergebnis der DUH-Untersuchung: www.duh.de/pressemitteilung.html?&tx_ttnews[tt_news]=3093

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