Es ist schon erstaunlich: Leipzig diskutiert herzhaft über sein Freiheits- und Einheitsdenkmal und viele Leipziger halten es auch einer Diskussion für wert, was derzeit im Partnerland des Lichtfestes 2012, in Ungarn, an Einschnitten in demokratische Grundwerte passiert und ob ein ungarischer Minister beim Lichtfest auftreten soll. Und die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) lädt ihn am 9. Oktober sogar ein, um über "Freiheit in Ungarn" zu diskutieren.
Und zwar parallel zu Friedensgebet und Rede zur Demokratie, die in diesem Jahr der in Deutschland lebende kritische Autor György Dalos halten wird.
“Wir werden nie vergessen, dass es die Ungarn waren, die den ‘Eisernen Vorhang’ öffneten, damit das Ende des Kalten Krieges einläuteten und die Wiedervereinigung unseres Vaterlandes mit ermöglichten. Entschlossen schlugen die Ungarn den Weg zur Demokratie und nach Europa ein, getragen von einem Selbstverständnis, das tief in der europäischen Tradition und Kultur verwurzelt ist. So waren und sind die Ungarn für die Völker Europas Vorbild und Vorreiter zugleich”, schreibt Dr. Joachim Klose, Landesbeauftragter der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung für den Freistaat Sachsen in seiner Einladung für die Veranstaltung, die die KAS am 9. Oktober um 17 Uhr in der Alten Börse auf dem Naschmarkt organisiert hat.
Diskussionsteilnehmer sollen Frank Spengler, Leiter des KAS Auslandsbüros Ungarn, Dr. Thomas Feist, Bundestagsabgeordneter der CDU, Arnold Vaatz, ebenfalls Bundestagsabgeordneter der CDU, der FAZ-Journalist Dr. Georg Paul Hefty und der Professor Dr. Matthias Cornils von der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz sein. Und natürlich Ungarns Minister Zoltán Balog, der zur Eröffnung der Veranstaltung am Abend auf dem Augustusplatz eine kurze Rede halten soll.
“Umso verwunderlicher erscheint der aktuelle Vorwurf, dass Ungarn sich vom europäischen Wertefundament entferne. Sind wir in der Lage, die Vorgänge realistisch einzuschätzen? Werden sie in den Medien richtig dargestellt?”, fragt Klose.
Dass die Konrad-Adenauer-Stiftung die Diskussion nun ausgerechnet parallel zum Friedensgebet um 17 Uhr in der Nikolaikirche angesetzt hat, findet die Grünen-Bundestagsabgeordnete Monika Lazar taktlos.
“Die Veranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) stellt eine Taktlosigkeit dar, die nur als plumpe Provokation zu werten ist. Statt die offene Diskussion zum Thema in den Veranstaltungen des Lichtfestes zu suchen, wird eine Konkurrenzveranstaltung aufgebaut”, kommentiert sie den Vorgang. “Seit Jahren finden Friedensgebet und die Rede zur Demokratie zur gleichen Zeit statt. Das dürfte der KAS nicht verborgen geblieben sein. Deshalb kann ich mir nicht vorstellen, dass die zeitliche Überschneidung Zufall sondern Absicht war. Es wäre gut gewesen, wenn Minister Balog in der Nikolaikirche die Rede zur Demokratie von György Dalos hätte hören können.”
Zu einer Demokratie gehören Diskussionen und Debatten zu unterschiedlichen Positionen dazu. In diesem Sinne sei auch die Rolle des ungarischen Ministers Balog zu diskutieren, so Lazar. “Dass Ungarn aber immer noch ein Vorbild für die Völker Europas sein soll, wie im Text der Einladung der Konrad-Adenauer-Stiftung steht, werden nicht einmal mehr Konservative behaupten können. Ein Land, wie Ungarn, das aktuell weder den Schutz von Minderheiten garantiert noch die demokratischen Institutionen wie die Pressefreiheit wirksam schützt, unterhöhlt die Demokratie und fügt diesen Schaden zu.”
Darüber kann man diskutieren, muss man sogar. Aber, so Lazar: “Dass der ungarische Minister als Teilnehmer der Veranstaltung der KAS mit Sicherheit auch die Rede von György Dalos verpassen wird, passt ins Bild und ist wahrscheinlich gewollt. Man kann vermuten, dass es in der Veranstaltung offenbar nicht um den kritischen Austausch und die Diskussion geht sondern um die Verteidigung der aktuellen Politik in Ungarn.
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Ich bitte meine Bundestagskollegen von der CDU kritisch zu prüfen, ob diese Bloßstellung des Friedensgebetes und der anschließenden Rede zur Demokratie wirklich gewollt ist und an der Veranstaltung der KAS zu diesem Zeitpunkt nicht teilzunehmen.”
Andererseits schreibt Dr. Joachim Klose in seiner Einladung für die Diskussion in der Alten Börse auch: “Sie sind herzlich eingeladen, mit den Referenten über die Freiheit in Ungarn ins Gespräch zu kommen.”
Die Leipziger haben also die Wahl – entweder in der Nikolaikirche einer ganz bestimmt engagierten und klugen Rede zur Demokratie zu lauschen oder in der Alten Börse Zoltán Balog, den ungarischen Minister of Human Resources, selbst zu fragen.
Das Friedensgebet “Mut zur Alternative” in der Nikolaikirche beginnt um 17:00 Uhr. Ihm folgt im Anschluss die Rede zur Demokratie mit György Dalos, ungarischer Schriftsteller und Historiker, ab 18:30 Uhr. Der Einlass in die Nikolaikirche beginnt um 16:15 Uhr. Das Lichtfest auf dem Augustusplatz – mit Grußworte von Burkhard Jung, Oberbürgermeister der Stadt Leipzig, und Zoltán Balog beginnt um 20 Uhr.
Die Einladung der KAS:
www.kas.de/dresden/de/events/52438/
Die Website ds Ministeriums von Zoltán Balog:
www.kormany.hu/en/ministry-of-human-resources
Zum Lichtfest:
www.herbst89.de
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