Die Wellen schlugen hoch nach dem fast militärisch organisierten Einsatz der Leipziger Polizei am Wochenende in Connewitz. Und so mancher Beobachter fühlte sich an die Vorgänge in Dresden im Februar 2011 erinnert, als ebenfalls ein scheinbar chaotisch ablaufender Polizeieinsatz die Reaktionen erzwingen sollte, die den rabiaten Einsatz dann rechtfertigten. Um vier Drogenbesitzer festzunehmen, war der Einsatz völlig überzogen.

Die Staatsanwaltschaft Leipzig lobte das Ergebnis im Anschluss zwar. Man war den Männern, die da mit Cannabis und Marihuana zu tun hatten, wohl schon länger auf der Spur. Aber für gewöhnlich laufen auch solche Verhaftungsaktionen geregelter, geordneter und ruhiger ab. Auch für die Polizei gilt dann meistens: Aufsehen vermeiden.

Denn der Job der Polizei ist nicht, die Öffentlichkeit mit lautstarken Aktionen zu beeindrucken. Ihr Job ist die Aufklärung von Straftaten und das Dingsfestmachen der Täter. Mehr nicht.

Doch was sich da am Freitag, 12. Oktober, um die Stockartstraße in Connewitz herum abspielte, war eine Machtdemonstration. Und auch wenn die Polizeidirektion dementiert und auch der beurlaubte Polizeipräsident Horst Wawrzynski via LVZ abwiegelt, ähnelte der Vorgang viel zu sehr dem Dresdner Säbelrasseln. Und er beleuchtet die seltsame Rochade des sächsischen Polizeipräsidenten Bernd Merbitz auf den Präsidentenstuhl von Leipzig. Eigentlich ein frustrierender Job, denn die Direktion ist nach wie vor personell unterbesetzt. Und mit der “Polizeireform 2020” wird sich das Problem noch verschärfen.

Da kann ein Polizeipräsident nicht wirklich fundierte Arbeit leisten. Und damit es keiner merkt, stichelt man seit geraumer Zeit gegen die Stadt Leipzig und ihre Drogenpolitik. Darüber hat die L-IZ mehrfach geschrieben. Immer mit dem Anspruch, das Bild einer Polizei zu erzeugen, die ihren Part im Griff hat – und es genüge schon, wenn die Stadt den harten Kurs der Polizei akzeptiere, schon wäre das Problem gelöst.

Man sitzt mittlerweile ganz offiziell mit im Drogenbeirat der Stadt. Aber wo will man wirklich hin?
Für Leipzigs SPD-Chef Michael Clobes ist das ganze martialische Getöse auf Steuerzahlerkosten nichts als ein Akt im anstehenden OBM-Wahlkampf.

“Selbstverständlich sind Razzien zur Drogenbekämpfung notwendig und richtig. Wir begrüßen ausdrücklich, dass der Polizei ein Schlag gegen die Drogenkriminalität gelungen ist, aber solche Einsätze dürfen nicht unbeteiligte Kinder in Mitleidenschaft ziehen. Es kann mir niemand erzählen, dass es erforderlich war, die Kinder in Rambo-Manier zu erschrecken”, erklärt Clobes mit Bezug auf das Eindringen der Polizisten in das Freigelände der angrenzenden Kindertagesstätte.

Besonders bedauerlich sei, dass auch der Polizeipräsident Wawrzynski kein Wort des Bedauerns für das unverhältnismäßige Auftreten und die Ängste der Kinder gefunden habe. Das zeige, dass der Polizeichef zwar trotz schlechter Aufklärungsquote insgesamt auf einzelne kriminalistische Erfolge verweisen könne, ihm aber das Gespür für die Befindlichkeiten in der Bevölkerung komplett fehle. Für einen Oberbürgermeisterkandidaten weise er damit erschreckende Defizite auf, so Clobes.

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Wie mit dem Amtswechsel bei der Leipziger Polizei neue Unsicherheit in Leipzig einzieht, zeichnet Kerstin Köditz, Obfrau der Linksfraktion im Innenausschuss, nach. “Diese höchst dubiose Polizeiaktion zeigt zunächst, dass zwei Polizeipräsidenten in einer Stadt nicht mehr Sicherheit für die Bürger bedeuten, sondern dass das Resultat darin besteht, dass der noch amtierende Präsident dem schon amtierenden Präsidenten seine künftige Arbeit gehörig erschwert. Verantwortlich ist dafür ist letztlich Innenminister Ulbigs verfehlte Personalpolitik”, sagt sie. “Die heutigen Rechtfertigungsversuche Wawrzynskis, besonders in Bezug auf die betroffene Kindertagesstätte, sind in höchstem Maße unglaubwürdig.”

Jeder, der sich auch nur ein wenig mit Polizeiarbeit auskenne, wisse, dass die Begründungen an den Haaren herbeigezogen seien. “Der Einsatz ist so geplant worden, dass er möglichst viel mediale Aufmerksamkeit erfahren und von so viel Menschen wie denkbar gesehen werden konnte”, kritisiert Köditz. “Letztlich handelte es sich um eine reine Wahlkampfaktion Wawrzynskis und nicht um eine durchdachte Polizeiaktion. Wenn aber dieses martialische Vorgehen eher auf einer Wahlkampfstrategie als auf Polizeistrategie beruhte, dann möge der Oberbürgermeisterkandidat der CDU im Polizeidienst das auch aus eigener Tasche bezahlen und sich nicht durch den CDU-Innenminister auf Kosten der Steuerzahler finanzieren lassen.”

Sie erwartet jetzt eine umgehende Entschuldigung des Innenministers besonders bei den Kindern und Eltern der Kita, aber auch bei den Anwohnern der Stockartstraße. “Horst Wawrzynski selbst hat offenkundig noch nicht einmal dafür den notwendigen Anstand”, stellt Köditz fest. “Ich fordere Herrn Ulbig zudem auf, gemeinsam mit seinem Parteifreund Wawrzynski in der nächsten Sitzung des Innenausschusses Stellung zu diesem fatalen Einsatz und seinen Folgewirkungen zu nehmen. Außerdem werde ich heute noch eine Kleine Anfrage zu den materiellen Kosten der Aktion stellen. Der gravierende politische Preis für diese Rambo-Mentalität ist ohnehin unkalkulierbar.”

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