Der Besuch der NPD am 1. November in der Wahrener Pittlerstraße hat zur Lösung des Themas der zukünftigen Unterbringung Asylsuchender in Leipzig sicher wenig beizutragen. Mit platten Formeln und aggressiven Parolen sind die Fragen menschenwürdiger Behandlung von Menschen, die ihr Land verlassen mussten nicht zu lösen. Mit klugen, tragfähigen Ideen, Dialog durchaus. Doch so richtig scheint die Debatte nicht in Gang zu kommen, auch knapp drei Monate nach der Stadtratssitzung vom 17. Juli hat sich nicht viel bewegt. Das zumindest beklagt die Bürgerinitiative Wahren.
Unschöne Videobilder aus Wahrener Bürgerversammlungen machten im Sommer die Runde, eine Melange aus Ressentiments und Abwehrhaltungen traten zum Vorschein. Eine Menge Fragen blieben offen. Scheinbar auch seitens der Stadt, wie die Bürgerinitiative Leipzig Wahren nicht müde wurde zu betonen. Offene Briefe erreichten das Rathaus, Antworten scheinen noch nicht erfolgt zu sein. Ein reger Schriftverkehr zwischen der L-IZ.de und der Bürgerinitiative entstand und daraus nachfolgendes Interview mit Frau Hädicke, Sprecherin der Bürgerinitiative Leipzig Wahren.
Im Rahmen der bisherigen Debatten um die Einrichtung eines neuen zu Hauses für Asylbewerber in der Pittlerstraße haben Sie oft formuliert, dass es keinen Dialog zwischen der Stadt Leipzig und Ihnen zu geben scheint. Wie ist die Situation derzeit?
Die Situation ist unverändert. Noch immer erhalten die Bürger der Stadt Leipzig OT Wahren keine Antworten auf die offenen Fragen. Beispielsweise bleiben die Fragen nach dem Sicherheitskonzept, nach den Prämissen für die zukünftigen Betreiber der Asylbewerberheime und nach der Einbeziehung der Wahrener in das Konzept offen.
Jenseits von Willensbekundungen der Stadt gibt es nichts Konkretes.
In einem derzeit versandten offenen Brief sprechen Sie bezüglich der Einwohnerstruktur in Wahren von einer “homogenen Struktur” und bei den sozialen Standards von einer “historisch gewachsene Eigenheimsiedlung mit dörflichem Charakter”. Könnte eine offenbar starke Wahrener Bürgerschaft nicht gerade in der Lage sein, Asylsuchenden mit Dialog und vielleicht sogar Hilfe entgegenzutreten?
Um es noch einmal klarzustellen: Wir lehnen die Aufnahme von Asylbewerbern in Wahren als solche nicht ab, wir glauben nur, dass die von der Stadt geplante Art der Unterbringung (als Gemeinschaftsunterkunft) der Sache nicht förderlich ist, weil Gemeinschaftsunterkünfte nun einmal gewisse Probleme aufwerfen und uns auch noch keiner sagen konnte, wie genau die Betreuung der Flüchtlinge aussehen würde.
Im Übrigen würde auch jede andere Art der Umwidmung in eine gewerbliche Unterbringungseinrichtung, z. Bsp. einem Hotel, dem Charakter einer Eigenheimsiedlung und Wohnanlage widersprechen.
In Ihrer bisherigen Argumentation ist bislang nur bekannt geworden, was sie bezüglich der Zustände im bisherigen Asylbewerberheim (Massenunterkunft) in der Torgauer Straße aber auch bei sich in Wahren nicht wollen. Auch die offensichtlich überhöhten Mieten im LWB-Gebäude standen, da von der Stadt zu tragen, in der Kritik. Was genau sind Ihre Vorschläge zur Unterbringung der Asylsuchenden in Leipzig?
Wie bereits mehrfach genannt, unterstützen wir das Konzept “dezentrales Wohnen”, wenn es dabei um eine echte Verteilung der Betroffenen auf freie Wohnungen geht, die es in der Stadt Leipzig ja reichlich gibt, auch hier im Nordwesten.
Wir denken auch, dass dadurch keine Mehrkosten entstehen, weil die Stadt bei den jetzt beschlossenen Objekten auch schon mit recht üppigen Mieten von bis zu 10 Euro – wohlgemerkt kalt – kalkuliert, das geht auf dem freien Markt billiger. Um zu verhindern, dass es in den neuen Standorten Zustände wie in der Torgauer Straße gibt, müsste zudem der Betreuungsaufwand erheblich gesteigert werden.
Die Möglichkeiten dazu sind durch die hohen Mietkosten der neuen Objekte jedoch eingeschränkt. Die Stadt stellt das zwar in Abrede, ernsthafte Überzeugungsversuche gab es bislang aber nicht.
Da das Konzept seitens der Stadt nunmehr nach dem Gesichtspunkt der dezentraleren Unterbringung in freistehendem Wohnraum überarbeitet werden soll, könnte sich die Frage auch auf freistehende Wohnungen in Wahren richten. Wie würden Sie diese Art der Unterbringung von Asylsuchenden dann in Wahren bewerten?
Wir begrüßen die Überarbeitung des Konzeptes. Gibt es eine Bürgerbeteiligung?
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Danach haben wir die Stadt Leipzig nun ebenfalls befragt, die Antworten stehen noch aus. Wie hoch würden Sie die bereitstehenden räumlichen Möglichkeiten in privater Anmietung in Wahren realistisch einschätzen? Gibt es konkrete Objekte oder Möglichkeiten, welche Sie sich in diesem Bereich statt des angesprochenen Gebäudes Pittlerstraße 3 vorstellen könnten?
Die Pittlerstr. 3 wurde aus dem Konzept genommen, dort sind 3 Wonungen vermietet und diese Mieter werden nicht ausziehen. Die dortigen Mieter durften erleben, wie die LWB sie vergessen hat. Grundsätzlich schätzen wir die Mietsituation in Wahren gut ein, die Asylbewerber die in Wahren eine dezentrale Wohnung suchen, werden hier auch was finden. Die konkret gemachten Vorschläge vom Stadtbezirksbeirat Nord-West und von der Bürgerinitiative, hatten allerdings bei der Stadtverwaltung keinen Erfolg.
Im Vorfeld der NPD-Demonstration ist uns bekannt, dass seitens der Initiative “Leipzig nimmt Platz” keine Demonstration in Wahren geplant ist. Eine der NPD hingegen schon. Wie wird die Wahrener Bürgerschaft also selbst mit den Vereinnahmungsversuchen von rechts am 1. November 2012 umgehen? Sind Aktionen oder Veranstaltungen geplant?
Wie der Pressemitteilung vom 19.10.2012 zu entnehmen ist, verwahren wir uns gegen eine Vereinnahmung durch rechte Kräfte. Wir vertreten keine politischen Interessen und werden uns daher auch an keinen politischen Veranstaltungen – wie auch immer diese geartet sind – beteiligen.
Was die eigenen Aktivitäten ja nicht beschreibt. Planen die Wahrener oder die Wahrener Bürgerinitiative eigene Aktionen am 1. November 2012, um ihrem Wunsch nach Nichtvereinnahmung durch die NPD Ausdruck zu verleihen?
Die Bürgerinitiative wird ihre Ablehnung der NPD gegenüber deutlich zum Ausdruck bringen, über die Details reden wir noch.
Die offenkundige Nähe Ihrer BI zur CDU lässt die Antwort gänzlich “unpolitisch” zu sein, etwas unglaubwürdig erscheinen. Erfahren Sie in Ihrem Anliegen noch von weiteren politischen Parteien Unterstützung?
Die Anwohner wollen mit der Bürgerinitiative ihre Interessen vertreten, diese sind nicht politisch motiviert. Die Kontaktversuche zu den verschiedenen Parteien sind leider nicht alle erfolgreich gewesen. Die CDU hat sich bisher die Zeit genommen mit uns Gespräche zu führen, bei anderen Parteien soll uns das noch gelingen.
Vorrangig hatten wir versucht mit Herrn Fabian ein Gesprächstermin zu bekommen (zuletzt am 19.10.12), dies war bisher auch noch nicht erfolgreich, wurde aber in Aussicht gestellt.
Vielen Dank für Ihre Antworten.
Zum derzeit bekannten Konzept der Stadt Leipzig
http://notes.leipzig.de/appl/laura/wp5/kais02.nsf/docid/0B185DEEF2854883C125795A002E9AC1/$FILE/V-ds-1904-nf-text.pdf
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