Ein wenig Zeit braucht es immer, bis sich nach dem Bestaunen und Beschauen des Wie was tut bei wichtigen Bauten, bis sich - manchmal - auch Widerstand regt. Das Beschauen des derzeitigen "Was" beim geplanten Freiheits- und Einheitsdenkmal für Leipzig hat nun auch das Stadtforum Leipzig hinter sich gebracht. Und es kommt zu einem offenen Brief an den OBM und der Erkenntnis: Alles noch mal auf Anfang.

Denn man ist unzufrieden, mit dem, was da nun so bunt, fröhlich und auch etwas belanglos auf den Platz gebracht werden könnte. Und für die Leipziger sieht man es auch nicht gedacht. So Wolfram Günther, Sprecher des Stadtforum Leipzig, heute: “Erstens sind die bisherigen Siegerentwürfe aus Sicht des Stadtforums nicht geeignet, der Bedeutung der weltpolitischen Ereignisse des 9. Oktober 1989 in würdiger Form gerecht zu werden. Das neue Denkmal richtet sich weniger an die Leipziger, sondern an ihre nationalen und internationalen Gäste, die mit diesem Datum im Regelfall leider nicht viel anfangen können.”
Passt, wackelt und hat Luft bis hier. Denn wo einmal jährlich die wilden Mauerbekletterungen, sich öffnende Schranken und unvorteilhaft gekleidete Menschen an Kameras in Berliner Straßen vorüberjubeln, ist die zündende Leipziger Demonstration vom 9. Oktober 1989 aus medialer Sicht etwas grau und schlicht. Und dennoch ungleich mutiger. Nimmt man dies ernst, kann man getrost weiterlesen in der Wortmeldung des Stadtforums.

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“Hier die notwendige Aufmerksamkeit zu erzeugen, kann keiner der Siegerentwürfe leisten.” Doch auch baustrategisch sieht man gravierende Mängel, auf welche man bereits in einem Brief vom 14.10.2011, also vor Beginn des Wettbewerbs gegenüber Baudezernent Martin zur Nedden hingewiesen hatte: “Zweitens würde mit ihrer Realisierung zudem ohne Not die Chance vertan, den Wilhelm-Leuschner-Platz in seinen historischen Raumkanten wiederherstellen zu können. Dies ist aber die Voraussetzung dafür, hier zwischen Innenstadt und Südvorstadt eine Verbindung mit wirklich urbanem Charakter wiederentstehen zu lassen”, so Wolfram Günther.

Im offenen Brief an Oberbürgermeister Burkhard Jung hat das Stadtforum Leipzig noch einmal alle Argumente zusammengetragen, welche sich gegen die derzeitigen Treppchenplätze im laufenden Wettbewerb richten. Bis hin zur Uraltfrage im Disput: Braucht Leipzig dieses Denkmal wirklich? Eine Frage, der Mancher müde lächelnd mit dem Satz begegnet – das Geld ist geschenkt, darf nur dazu benutzt werden, also baut halt was hin.

Dem vorhandenen Unmut der Leipziger, welche sich mit dem Thema seit Wochen beschäftigen, dürfte dies allerdings kaum die Wucht nehmen.

Stadtforum Leipzig: www.stadtforum-leipzig.de
Der Offene Brief zum Nachlesen als PDF zum download.

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