Eigentlich ist das nicht neu. Aber viele überhitzte Debatten in der jüngsten Zeit haben gezeigt, wie leicht sich eine Menge Menschen anstecken lassen von Angst und Panikmache, wenn diverse Politiker und manche Medien immer weiter das Bild einer zunehmend von Kriminalität geprägten Gesellschaft malen. Solche Bilder sorgen für Ängste, haben aber nichts mit der tatsächlichen Kriminalitätsentwicklung zu tun. Auch nicht in Leipzig.
Zwischen der Kriminalitätsfurcht der Leipzigerinnen und Leipziger und den in der polizeilichen Kriminalstatistik ausgewiesenen tatsächlichen Straftaten besteht eine deutliche Diskrepanz. Dies geht jetzt auch aus der Umfrage „Sicherheit in Leipzig 2023“ hervor, deren Ergebnisse am Freitag, dem 6. Dezember, von Ordnungsbürgermeister Heiko Rosenthal (Die Linke) und Leipzigs Polizeipräsident René Demmler vorgestellt wurden.
In der repräsentativen Befragung hatten die Leipzigerinnen und Leipziger zu sicherheitsrelevanten Themen, dem individuellen Sicherheitsempfinden sowie zur Betroffenheit von Straftaten geantwortet.
„Die Sicherheitsbefragung liefert uns wichtige Erkenntnisse über das gegenwärtige Sicherheitsempfinden in Leipzig“, erläutert Heiko Rosenthal. „Sie ergänzt die amtliche Kriminalitätsstatistik und dient als Grundlage zur Ermittlung von Präventions- und Handlungsschwerpunkten. Durch die Umfrage erhalten wir Daten, die sich beispielsweise auf das allgemeine Sicherheitsgefühl und die Wahrnehmung störender Sachverhalte beziehen und nicht in die polizeiliche Statistik einfließen.“
Und Polizeipräsident René Demmler betonte: „Gerade weil das Sicherheitsgefühl von so vielen Faktoren beeinflusst wird, ist unsere behördenübergreifende Zusammenarbeit essenziell.“
Eine zentrale Erkenntnis der Studie ist die deutliche Diskrepanz zwischen der Kriminalitätsfurcht und dem tatsächlichen Straftatenaufkommen. So fühlen sich die Befragten vor allem in den zentrumsnahen Stadtteilen sicher, obwohl dort im Verhältnis zu den Bevölkerungszahlen die meisten Straftaten registriert werden. Auch Störungen der öffentlichen Ordnung, wie die Verschmutzung des öffentlichen Raumes oder Lärm durch rücksichtslose Personen beeinflussen das Sicherheitsgefühl.
Die Rolle der Medien
Der Bericht zeigt aber auch, welche bedeutende Rolle Medien mit ihrer Berichterstattung über tatsächliche oder auch nur gefühlte Kriminalität haben. Allen voran das Fernsehen. Im Bericht heißt es dazu: „Am häufigsten werden Berichte über Kriminalität in Zeitungen oder im Fernsehen konsumiert (vgl. Abb. 1–20). Jeweils knapp ein Drittel der befragten Leipzigerinnen und Leipziger nutzen dieses Medium (sehr) oft, um sich über begangene Straftaten zu informieren.
Weitere 24 Prozent verfolgen (sehr) oft im Radio Berichte über Kriminalität. Soziale Medien werden seltener als Informationsquelle für Kriminalitätsberichterstattung genutzt. Während mit 23 Prozent der Befragten fast genauso viele Personen (sehr) oft über soziale Medien Berichte über Kriminalität verfolgen wie über das Radio, geben mit 38 Prozent eine verhältnismäßig hohe Anzahl der Befragten an, soziale Medien nie als Informationsquelle zu nutzen.“
Und besonders stark sind es die Seniorinnen und Senioren, die diese Kriminalitätsberichterstattung im Fernsehen konsumieren. Der Bericht wird – was diesen Einfluss der Medien betrifft – sogar sehr deutlich: „Auf Grundlage der Daten der Sicherheitsbefragung aus dem Jahr 2011 untersuchte Mühler (2015) den Einfluss von Medienrezeption auf personale und soziale Kriminalitätsfurcht. Insgesamt konnte ein direkter Einfluss von medialer Kriminalberichterstattung auf die soziale Kriminalitätsfurcht bestätigt werden.“
Das erhöht zwar erst einmal nicht die Furcht, selbst zum Opfer von Kriminalität zu werden. Aber es prägt die Sicht der Befragten auf die vermeintliche Zunahme von Kriminalität in der Stadt.
Störgefühle
Spannend ist aber auch die Frage nach dem, was die Leipziger im öffentlichen Raum stört, und zwar aufgegliedert nach empfundener Stärke der Störung und nach tatsächlicher Wahrnehmung. Da verblüfft schon, dass sich die Befragten besonders von Erscheinungen des Drogenkonsums gestört fühlen – sie aber selbst im Alltag kaum wahrnehmen.
Da sind ganz andere Störungen – die auch als solche empfunden werden – viel öfter präsent: Hundekot auf Gehwegen, unerlaubt abgestellter Sperrmüll, Glasscherben, Zigarettenkippen … Also all die Zivilisations„abfälle“, welche die scheinbar ganz normalen braven Mitbürger hinterlassen, die irgendwie davon ausgehen, dass dann schon irgendein beauftragter Diener der Stadt hinterherkommt und ihren Müll beseitigt.
Fokus auf Hauptbahnhof und Ortschaften
Im Hinblick auf die Ergebnisse der Sicherheitsumfrage und die Kriminalstatistik kündigte Heiko Rosenthal bereits weitere Maßnahmen an. So sollen im kommenden Jahr der Leipziger Hauptbahnhof sowie die Ortschaften stärker in den Fokus genommen werden. Im inneren Leipziger Osten, wo die häufige Wahrnehmung von Störungen der öffentlichen Ordnung berichtet wurde, können ab 2025 unter anderem auch Projekte zur Erhöhung der Sauberkeit und des sozialen Zusammenhalts durch den Kommunalen Präventionsrat Leipzig (KPR) gefördert werden.
Der Ergebnisbericht zur Sicherheitsumfrage 2023 beinhaltet auf 128 Seiten Daten zu Sicherheitsempfinden und Betroffenheit von Kriminalität in der Bevölkerung. Er basiert auf einer repräsentativen Untersuchung und informiert zu verschiedenen Aspekten der Kriminalitätseinstellungen der Bevölkerung.
Zudem werden die Befunde mit Blick auf die Rahmenbedingungen in Leipzig eingeordnet und Zusammenhänge anhand kriminologischer Theorien erläutert. Zwischen April und Juni 2023 hatte das Amt für Statistik und Wahlen im Auftrag des KPR zum sechsten Mal eine Umfrage zur Sicherheit in Leipzig durchgeführt (1995, 1999, 2007, 2011, 2016). Befragt wurden 6.000 Leipzigerinnen und Leipziger im Alter zwischen 18 und 85 Jahren, die ihren Hauptwohnsitz in der Stadt haben.
An der Sicherheitsumfrage des KPR hatten das Ordnungsamt, das Amt für Statistik und Wahlen, die Polizeidirektion Leipzig, das Institut für Soziologie der Universität Leipzig sowie das KPR-Netzwerk mitgewirkt.
Weitere Informationen gibt es auf www.leipzig.de/sicherheitsumfrage
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