Die Zahlen bedeuten keine Entspannung, auch wenn die Berechnungen nach dem Zensus 2022 nun für Leipzig 20.000 Einwohner weniger bedeuten, als zuvor amtlich ausgewiesen. Denn dadurch wird noch deutlicher, welch schlechte Performance der Wohnungsbau in Leipzig tatsächlich seit Jahren hinlegt. Denn mit diesem jetzt amtlich gestrichenen Einwohnern wäre die Wohnungsnot in Leipzig noch eine ganze Stufe schlimmer.
Auch für ganz Deutschland ermittelten die Statistiker jetzt nach dem Zensus 2020 deutlich weniger Einwohner als zuvor noch vermutet. Nach den jetzt vorliegenden Ergebnissen des Zensus 2022 lebten am 15. Mai 2022 rund 82,7 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner in Deutschland.
„Gegenüber der bisher gültigen Bevölkerungszahl aus der amtlichen Bevölkerungsfortschreibung lebten damit am Zensus-Stichtag in Deutschland rund 1,4 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner weniger als bislang angenommen“, sagte Ruth Brand, Präsidentin des Statistischen Bundesamtes (Destatis), am Dienstag, dem 25. Juni, bei der Vorstellung der Zahlen.
Wie die Statistischen Ämter des Bundes und der Länder weiter mitteilten, ist die Bevölkerung Deutschlands zwischen dem Zensus 2011 und dem Zensus 2022 um rund 2,5 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner gewachsen. Dieses Bevölkerungswachstum war allerdings nicht so stark wie durch die Bevölkerungsfortschreibung ausgewiesen.
„Die bundesweiten Abweichungen zur Bevölkerungsfortschreibung bei den Bevölkerungszahlen betreffen vor allem die ausländische Bevölkerung“, versucht das Statistische Bundesamt eine Erklärung für die Differenz. „Nach dem Zensus 2022 lebten zum Stichtag 15. Mai 2022 in Deutschland rund 10,9 Millionen Ausländerinnen und Ausländer. Das sind nahezu 1,0 Millionen weniger als durch die Bevölkerungsfortschreibung bisher amtlich ausgewiesen. (…)
Gründe hierfür sind vermutlich einerseits die Einflüsse von Fluchtbewegungen auf die melderechtliche Erfassung von ausländischen Einwohnerinnen und Einwohnern. So können Personen, die beim Zuzug nach Deutschland melderechtlich erfasst wurden, bereits wieder weggezogen sein, beispielsweise in ihre Herkunftsländer, ohne dass dies melderechtlich erfasst worden ist.“
Auch Leipzig „schrumpft“
Nach den Ergebnissen des Zensus 2022 hat Leipzig zum Stichtag 15. Mai 2022 insgesamt 598.899 Einwohner. Hochgerechnet auf Juni 2024 bedeutet dies auf Basis des Zensus eine aktuelle Bevölkerungszahl von 607.000. Damit leben laut Zensus in Leipzig rund 20.000 Menschen weniger, als das Melderegister ausweist, teilt das Amt für Statistik und Wahlen der Stadt mit.
Die Differenz beruht vor allem auf Abweichungen in den Hochrechnungen seit dem letzten offiziellen Zensus von 2011. Im Laufe der Jahre wurden die Berechnungen immer ungenauer. Hinzu kommen auch in Leipzig fehlende oder nicht korrekte An- und Abmeldungen der Bürger, etwa bei Umzügen. Auch die Zensusdaten stellen lediglich eine Schätzung auf Basis einer Stichprobe dar.
Leipzig hat auch nach der neuen Berechnung mehr Einwohnerinnen und Einwohner als Dresden, mit zum Stichtag 2022 aktualisierten 557.782.
Mit einem Minus von 2,2 Prozent gehört Leipzig – ähnlich wie München – trotzdem zu den Großstädten mit dem geringsten Minus in der Statistik.
Was passierte im Zensus 2022?
Deutschlandweit wurden zum Stichtag 15. Mai 2022 registergestützt Volks-, Gebäude- und Wohnungsdaten erhoben und durch eine Haushaltsbefragung auf Stichprobenbasis sowie eine Gebäude- und Wohnungszählung ergänzt.
Die Daten zum Bevölkerungsbestand umfassen Angaben zur Altersstruktur, zum Schul- und Berufsabschluss, zum Erwerbsstatus und zur Religionszugehörigkeit, zum Familienstand der Einwohner sowie zur Familienstruktur der Haushalte. Derzeit ist noch keine Aussage dazu möglich, ob die neuen Zahlen Auswirkungen auf Fördermittelzuweisungen bei Städten und Gemeinden in Sachsen und der Bundesrepublik haben werden.
Zusätzlich sind beim Zensus Daten zum Bestand an Wohngebäuden und Wohnungen erhoben worden. Diese ermöglichen nun Aussagen zum Gebäudetyp, zum Baujahr, zur Eigentumsform und zur Heizungsart der Wohngebäude sowie zur Raumanzahl, zur Wohnfläche, zur Miete und zum Leerstand der Wohnungen.
Demnach verfügte Leipzig zum Stichtag über 354.898 Wohnungen mit einer durchschnittlichen Wohnfläche von 71,2 Quadratmeter und einer durchschnittlichen Nettokaltmiete von 6,50 Euro pro Quadratmeter. Der Anteil leerstehender Wohnungen betrug 5,4 Prozent. Genau die Hälfte der Wohngebäude sind Einfamilienhäuser mit einer Wohnung. Die gebräuchlichste Heizungsart ist Zentralheizung (66,9 Prozent der Gebäude mit Wohnungen), der meistgenutzte Energieträger ist Gas (60,8 Prozent).
Sachsen und Sachsen-Anhalt
Der Freistaat Sachsen „verlor“ nach den Zahlen des Zensus 2022 ebenfalls deutlich an Bevölkerung. Die Bevölkerungszahl sank (für 2022) von 4,08 Millionen auf 4,036 Millionen. Das traf dann im Einzelnen auch Städte wie Chemnitz (über 6.000 Einwohner weniger) oder Dresden (rund 3.000 Einwohner weniger).
Der Landkreis Leipzig „verlor“ knapp 1.000 Einwohner, der Landkreis Nordsachsen gewann rund 500 hinzu.
Aber auch Leipzigs Nachbarstadt Halle in Sachsen-Anhalt muss seine Bevölkerungszahl um rund 15.000 nach unten korrigieren. Sachsen-Anhalt insgesamt büßte fast 40.000 Einwohner/-innen ein.
Der Zensus 2011
Die letzte Zensus-Erhebung stammte aus dem Jahr 2011. Damals war die Einwohnerzahl Leipzigs um 21.450 nach unten korrigiert worden.
Durch das sogenannte „Volkszählungsurteil“ des Bundesverfassungsgerichts ist ein nachträglicher Abgleich der Melderegisterdaten mit den Ergebnissen des Zensus nicht zulässig, daher ergeben sich bereits zum Basiszeitpunkt der Bevölkerungsfortschreibung Unterschiede zwischen beiden Quellen.
Darüber hinaus bestehen methodische Unterschiede zwischen statistischer Bevölkerungsfortschreibung und der Führung der Melderegister.
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