Zu unserem Beitrag „Eine Studie für Thüringen zeigt, was das Fehlen junger Frauen für Folgen für die Demokratie hat“ brachte Leser „Olaf“ mal wieder einen seiner gepfefferten Kommentare. Diesmal spitzte er sich in der Frage zu: „Ist es nicht vielmehr so, dass vorwiegend junge Männer hierher kommen? Hat da jemand Probleme mit dem wirklichen Leben?“ Zwei sehr suggestive Fragen. Aber die Antwort lautet in beiden Fällen: Nein. Auf zu den Fakten.

Dass in Leipzig alles ein bisschen anders ist, ist bekannt. Leipzig lebt von Zuwanderung. Und zwar bei beiden Geschlechtern. 2018 kamen auf 17.614 männliche Zuwanderer 16.272 weibliche. Da sind Geflüchtete genauso dabei wie Studienanfänger oder Menschen, die hier eine Arbeit gefunden haben. Übrigens auch in den so lax abgefertigten Startups, von denen einige nicht nur wettbewerbsstarke Player auf nationalem und internationalem Niveau sind, sondern auch entsprechend gute Löhne zahlen.

Aber das nur am Rande.

Im selben Jahr zogen auch wieder 13.835 männliche Leipziger weg, genauso wie 13.077 weibliche. Die meisten davon übrigens – 16.011 – direkt nach Sachsen oder in eins der anderen ostdeutschen Bundesländer.

Man kann natürlich aus der Frage auch herauslesen, dass vielleicht nur die Zuzüge aus dem Ausland gemeint sein könnten. Einige rechte Politiker behaupten ja nur zu gern, da würden nur junge Männer kommen. Was bei ihnen zur Angstmache gehört.

Natürlich stimmt, dass sich zuallererst junge Männer auf den Weg machen, wenn es um die Flucht aus Kriegs- und Krisengebieten geht. Sie sind diejenigen, die am ehesten Chancen haben, die Strapazen der Flucht zu überleben und dann, wenn sie Asyl bekommen haben, Frauen und Kinder nachkommen lassen können. Was sich Familiennachzug nennt, ein Thema, bei dem die Rechtsradikalen im Land regelrecht giftig werden und die Bundesregierung bekanntlich eingeknickt ist – sie hat den Familiennachzug gedrosselt.

Was dann eben auch dazu führt, dass auch in Leipzig auf 31.877 männliche Ausländer nur 24.134 weibliche kommen.

Was sich aber eben nicht nur auf die Geflüchteten bezieht. Denn in einer Auswertung der Leipziger Statistiker zu EU-Ausländern für das Jahr 2017 wird auch deutlich, dass augenscheinlich viele Männer vor allem zum Arbeiten nach Leipzig kommen. Denn auf 10.799 männliche EU-Ausländer, die in Leipzig lebten, kamen nur 7.717 Frauen. Besonders deutlich waren die Abweichungen bei Rumänen (1.934 :1.227), Polen (1.686 : 1.175) und Italienern (910 : 619).

Aber genauso war das bei Briten, Ungarn und Tschechen zu beobachten. Augenscheinlich bietet Leipzig für EU-Ausländer eine Menge Arbeitsplätze – aber eben doch vor allem für Männer, weniger für Frauen.

Und wie sieht es in ganz Sachsen aus?

Ganz ähnlich. Auf 29.782 zuziehende männliche Ausländer wurden 2017 insgesamt 16.968 zuziehende Ausländerinnen registriert. Die meisten übrigens im Alter von 20 bis 25 Jahre, wo das Verhältnis 6.261 zu 4.103 betrug. Bei den Wegzügen kamen auf 22.760 wegziehende männliche Ausländer freilich nur 10.302 wegziehende Frauen. Was im Ergebnis für Sachsen bei männlichen Ausländern einen Zuwachs von 7.022 ergab und bei den Frauen einen von 6.666.

Auf Leipzig entfielen in diesem Jahr 8.240 männliche und 5.606 weibliche Zuzügler aus dem Ausland. Weggezogen sind 5.738 männliche und 3.380 weibliche Ausländer. Macht für Leipzig einen Wanderungsgewinn bei männlichen Ausländern von 2.502 und bei weiblichen von 2.226.

Was natürlich den eklatanten Frauenmangel in den ländlichen Regionen nicht ausgleicht. Was einen aber so nebenbei auf den gar nicht so fernliegenden Gedanken bringt, dass Sachsen sein demografisches Problem viel eher in den Griff bekommen würde, wenn es nicht so besessen von den Männerarbeitsplätzen in der Kohle wäre, sondern vor allem gut bezahlte Arbeitsplätze für Frauen schaffen würde.

Denn nicht die Männer sorgen für demografische Stabilität, sondern die Frauen.

Eine Studie für Thüringen zeigt, was das Fehlen junger Frauen für Folgen für die Demokratie hat

Eine Studie für Thüringen zeigt, was das Fehlen junger Frauen für Folgen für die Demokratie hat

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Es gibt 2 Kommentare

Lieber Olaf,

um sich auf eine gemeinsame Sprache zu einigen, stelle ich mal zwei Dinge fest. Nein, es geht eben nicht um “Asyl” allein, dies ist (leider) nur bislang der Hauptweg, sich in Deutschland irgendwie registrieren zu lassen. Und zu diesem ist im Text eine Begründung zu finden, warum es sich eher um junge Männer dreht – allerdings eben in dieser Gruppe.

Demnach ist festzustellen: Sie meinen Asyl, wir nicht, denn es geht um Ihre Behauptung „Ist es nicht vielmehr so, dass vorwiegend junge Männer hierher kommen? Hat da jemand Probleme mit dem wirklichen Leben?“. (den zweiten Satz halte ich übrigens für arrogant, da er auch behauptet, Sie hätten “das wirkliche Leben” im Blick – auch ein Frame übrigens, wie “das gesunde Volksempfinden”).

Weshalb Sie ja auch prompt auf eine „Asylbewerberstatistik“ verlinken, was Ihr Äpfelchen zeigt.

Was uns auch zur Definition 2 bringt, es gäbe keine „Zuwanderungsregeln“ (was Sie dann logisch nur aufs Asylgesetz schauen lässt). 2019 hat ein Prozess der Anpassung bei den Zuwanderungsregelungen gegeben. Bereits davor gab es Regeln (ua. Jobsuche für Studenten mit ausländischen Wurzeln nach einem Studienabschluss in Deutschland usw.). Es ist nur nach wie vor zu restriktiv, um wirklich eine positive Wirkung vor allem auch bei gut ausgebildeten Frauen zu entfalten.

Link: https://www.auswaertiges-amt.de/de/einreiseundaufenthalt/-/214112

Wissen nur viele nicht, weil alle wie hypnotisiert auf 2015 starren … Was dann wohl eben diese „AfD-Zentrierung“ beschreibt, welche Sie anführen.

Hier zudem zu einem Interview, welches sich um die Neuregelungen 2019 dreht und diese kritisch einordnet: https://www.l-iz.de/politik/brennpunkt/2019/07/Doppelinterview-Daniela-Kolbe-MdB-SPD-und-Irena-Rudolph-Kokot-SPD-zu-den-Auswirkungen-des-neuen-Zuwanderungsgesetzes-284494

Im dritten Teil beschreiben Sie übrigens den tatsächlichen Fakt, dass die meisten Flucht- und Wanderungsbewegungen immer als Binnenwanderung beginnen, sich in nachbarländer fortsetzen und erst, wenn dann tatsächlich keine Linderung eintritt (zu hause oder/und allgemein), weiter führt – Richtung Europa oder sonstwohin … nicht Neues also, nur natürlich kein Daerthema auf einer regionalen Zeitungssseite wie der L-IZ.de – zugegeben.

Somit ist aber „abgesehen von Nomaden und Glücksrittern wollen wohl die meisten in ihrer Heimat bleiben“, ist letztlich wieder falsch, wenn es um die Einordnung der Weiterziehenden geht. Es ist nahezu immer Perspektivlosigkeit, welche zu solchen letztlich überaus komplexen und risikoreichen Entscheidungen führt, bis nach Europa zu gehen.

Schwerer in jedem Fall als die sicher auch nie leichten Entscheidungen, welche gesamt wohl (Schätzungen) 1,7 Millionen Ostdeutsche getroffen haben, als sie nach 1989 von Ost nach West migrierten.

Deshalb vielleicht im Finale: Migration ist eher der Normalzustand, nicht die Ausnahme in der Menschheitsgeschichte. Und ja, der durch die derzeitige Wirtschaftslogik (bis hin zur Frage der Klimawanderungsbewegungen) verursachte Druck auf die Menschen ist ein Problem. Die noch immer fehlende Idee, wie Nationalstaaten und Europa sich zum Thema Migration stellen wollen, auch. Die erneut wachsende Kriegsgefahr eh – sie wird nichts bessern auf der Welt und ist “rechts”, neoliberal, brutal und gestrig.

Ein Anfang wäre gemacht, wenn man sich über dieselbe Sprache verständigen könnte. Spricht einer über Äpfel und der andere über Birnen wird Verständigung schwierig.
Was damit anfängt zu akzeptieren, daß es eine geltende Rechtsordnung gibt. Die kann man scheiße finden. Dann muß man sie ändern. Geht mir auch so. Willkür kenne ich aus DäDäRä-Zeiten und z. Bsp. im Umwelt- und Naturschutz heute.
Zuwanderung ist in Deutschland schlecht oder gar nicht geregelt. Asyl schon. Insofern geht es immer um Asyl.
Zuwanderung ist ein Teil von Migration. Beides ist kein Asyl.
Wie gesagt, kann man scheiße finden, muß man das Gesetz ändern.

Migration wird gemeinhin als Zuwanderung von außerhalb verstanden. Wanderungsbewegungen innerhalb eines Landes gehören m.E. nicht dazu. Jedenfalls bei den meisten, die den Begriff verwenden . Wobei es eine einheitliche Definition nicht gibt.

Es wird auch ein Zusammenhang hergestellt zwischen einer bestimmten Auffassung von Zuwanderung und Nationalismus und “rechtsextrem”. Diejenigen, die meinen, daß Zuwanderung junger ausländischer Männer zu hinterfragen sei, seien “rechts”. Aber das kann durch AfD-Zentriertheit begründet sein. Die fehlt mir.
Ich finde daß “rechts” ist, was Migration verursacht. Und das ist die neoliberale Wirtschafts- und Lebensweise mit ihren Folgen für Umwelt und Natur, Menschenrechte, Krieg und fehlender Rechtsstaat. Diese Folgen erleben wir hier (wenn man Ex-Jugoslawien einbeziehen möchte) wie dort.

Abgesehen von Nomaden und Glücksrittern wollen wohl die meisten in ihrer Heimat bleiben, respektive in diese zurückkehren, nachdem sie sich verwirklicht haben. Weshalb zum Beispiel Millionen Flüchtlinge im Libanon oder Jordanien ausharren. In der Hoffnung, in Bälde wieder in ihre Heimat zurückkehren zu können.
Dort wäre Hilfe angebracht. Bleibt aber aus oder wird gekürzt. Wird kaum drüber berichtet….

Mit Zuwanderung das Problem alleinstehender Männer lösen zu wollen, ist einfach gaga. Es ist weder theoretisch noch praktisch vorstellbar. Selbst wenn mehr Frauen als Männer zuziehen würden. Ich denke, das weiß auch der Autor, weshalb ich es ärgerlich finde, nicht den tatsächlichen Grund für die vermeintlich notwendige Zuwanderung zu bezeichnen. Das würde eine Diskussion nämlich versachlichen.
Ob Demographie ein Grund wäre, stelle ich in Zweifel. Weshalb ich auch den Frame “unerbittlich” schlicht lächerlich finde.

Am Rande: Wir bewegen uns alle in unseren Blasen. In meiner (zur Zeit in einem Gesundheitsunternehmen tätig) erlebe ich, schlecht bezahlte und beschissen behandelte Arbeitnehmer aus den unterschiedlichsten Jobs. Es ist sicher nicht auszuschließen, daß es gut zahlende StartUps gibt. Ich bezweifle aber, daß die ihre Gehaltslisten offen legen, weshalb die im Artikel geäußerte Vermutung eine solche ist.

Letztlich “kommen” (also ohne rechtliche Zuordnung) statistisch mehr Männer als Frauen nach Deutschland. Insbesondere in den jüngeren Jahrgängen.

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/452165/umfrage/asylbewerber-in-deutschland-nach-geschlecht-innerhalb-altersgruppen/

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Einwanderung

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