Die am 27. April verhängte Haushaltssperre in Leipzig ließ natürlich vermuten, dass da irgendetwas bei den Einnahmen und Ausgaben der Stadt aus dem Gleichgewicht geraten sein müsste. Aber das ist nach den Zahlen des Statistischen Landesamtes nicht der Fall. Danach hat die Stadt Leipzig 2017 sogar einen Überschuss von 38 Millionen Euro erwirtschaftet.

Leipzig wirtschaftet zwar so sparsam, dass die Stadt Vorbild für jeden Austeritätspakt sein könnte. Aber irgendwie scheint dann doch kein Geld auf dem Konto zu sein, wie Torsten Bonew bei Verhängung der Haushaltssperre am 27. April erklärte: „Insbesondere hinsichtlich der Liquidität, also der tatsächlich verfügbaren Finanzmittel, sehe ich keinerlei Spielräume mehr. Daran ändern auch Überschüsse im Ergebnishaushalt nichts, das ist die Krux der kommunalen Doppik.“

Augenscheinlich geht es Leipzig da wie seinen SGB-II-Empfängern: Alles Knapsen und Gürtelengerschnallen nutzt nichts. Es ist trotzdem kein Geld im Portemonnaie.

Ein Einbruch bei den Steuereinnahmen ist es nicht, der Leipzig in die Klemme bringt. Auch wenn die Steuereinnahmen viel zu langsam steigen im Angesicht der Tatsache, dass jedes Jahr über 6.000 neue Arbeitsplätze entstehen und Unternehmen wie Beschäftigte fleißig Steuern zahlen.

Nur augenscheinlich fällt Leipzig jetzt so richtig auf die Füße, dass die meisten Unternehmen in der Region kleine Unternehmen sind, die kaum Gewinne erwirtschaften. Und das macht sich direkt bei der Gewerbesteuer bemerkbar, die in anderen Städten dazu führt, dass die Kommune tatsächlich mehr Geld zum Ausgeben hat.

Noch im September sah es so aus, als würde Leipzig sein Ergebnis bei der Gewerbesteuer noch einmal steigern können – nach 243 Millionen Euro im Jahr 2015 und 295 Millionen Euro im Jahr 2016 schienen 300 Millionen Euro durchaus in Reichweite zu sein. Die Einnahmen aus den ersten neun Monaten deuteten in diese Richtung. Aber 2016 war gerade das vierte Quartal mit 88 Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen besonders stark gewesen.

Kleinteilige Wirtschaft und Dienstleistungsbereich

Das war 2017 nicht der Fall. Statt 88 Millionen Euro gab’s „nur“ 75 Millionen Euro, was für die eher kleinteilige Leipziger Wirtschaft trotzdem ein ordentliches Ergebnis ist. Also gab es nicht den lang erhofften Sprung über die 300 Millionen Euro, sondern nur 290 Millionen Euro.

Was natürlich durchaus deprimieren kann. Denn hier entstehen die Investitionsspielräume für eine Stadt wie Leipzig. Der Blick nach Dresden kann durchaus neidisch machen. Hier sprangen die Gewerbesteuereinnahmen von 264 Millionen Euro auf 348 Millionen. Davon kann Leipzig jetzt erst einmal nur träumen.

Zugelegt hat Leipzig 2017 vor allem beim Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer, der von 148 auf 157 Millionen Euro stieg (Dresden: 179 Millionen Euro) und beim Gemeindeanteil an den Umsatzsteuern, der von 37 auf 45 Millionen Euro stieg (Dresden 43 Millionen Euro). Hier sieht man den Effekt der steigenden Bevölkerungszahlen.

Leipzig wächst zwar deutlich stärker als Dresden und schafft auch deutlich mehr Arbeitsplätze, aber letztere entstehen nach wie vor im niedriger entlohnten Dienstleistungsbereich. Und diese Grundstruktur beeinflusst nun einmal nicht nur das Einkommensniveau in Leipzig, sondern auch die Steuereinnahmen der Stadt.

Leipzig konnte zwar seine Steuereinnahmen insgesamt sachte von 580 auf 594 Millionen Euro erhöhen. Aber auch hier ist der Blick nach Dresden ernüchternd, wo diese Einnahmen von 561 auf 664 Millionen Euro anstiegen.

Besonders deutlich wird es, wenn man diese recht kleine Steigerung bei den Leipziger Steuereinnahmen von 2,4 Prozent mit den Steigerungen bei allen sächsischen Kommunen vergleicht. Die Gesamtsteuereinnahmen nahmen mit 8,4 Prozent deutlich stärker zu und mit über 10 Prozent wuchsen sachsenweit allein die Gewerbesteuereinnahmen (von 1,48 auf 1,64 Milliarden Euro). Da gab es also ausgerechnet in der Boom-Stadt Leipzig einen gehörigen Dämpfer.

Wobei man auch berücksichtigen muss: Leipzig hat in seinem Doppelhaushalt wesentlich vorsichtiger geplant. Schon 2016 ging der Finanzbürgermeister nur von 255 Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen aus, 2017 dann von 260 Millionen. Da lag man also in beiden Jahren deutlich drüber. Bei der Einkommenssteuer plante Bürgermeister Torsten Bonew 2017 mit 155 Millionen Euro, bei der anteiligen Umsatzsteuer mit 46 Millionen.

Das Problem ist wohl eher, dass die realen Marktpreise beim Bau von Schulen, Straßen, Löhnen und Gehältern öffentlich Angestellter und vielem mehr der Stadt Leipzig davonlaufen und mehr Geld binden, als mit Steuereinnahmen zusätzlich eingenommen werden kann.

Die verhängte Haushaltssperre sorgt aus Sicht der Grünen für eine Lähmung der Stadt

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