Es lohnt sich, immer mal wieder auch nach Dresden zu schauen. Denn bei einigen Themen ist Dresden Leipzig schon ein paar Jahre voraus. Zum Beispiel bei den Themen Wohnraumknappheit und Mietpreisentwicklung. Die Leipziger können eigentlich die ganze Zeit zuschauen und sehen, was passiert, wenn man keine handlungsfähige Wohnungsbaugesellschaft mehr hat und auch nicht genug Geld für sozialen Wohnungsbau da ist.

„Vergleicht man das Mietniveau in Dresden mit dem anderer Städte in Deutschland, können die Dresdner Mietwerte als moderat bezeichnet werden. Im Jahr 2016 erreichten die Nettokaltmieten laut Kommunaler Bürgerumfrage (KBU) im Dresdner Mittel ein Niveau von 5,96 Euro pro Quadratmeter (KBU 2016)“, teilte die Stadt Dresden dieser Tage mit. „Der Mittelwert der Mietspiegelmieten lag mit 6,09 Euro pro Quadratmeter (Dresdner Mietspiegel 2017) nur geringfügig darüber.“

Leipzig profitierte ungefähr bis 2015 davon, dass die Stadt früher mal größer war als Dresden und deshalb auch der in den 1990er Jahren aufgebaute Wohnungsleerstand länger „reichte“. Immerhin waren das in Spitzenzeiten um die 60.000 leerstehende Wohnungen. Aber diese Leerstandsreserve ist schon lange aufgebraucht. Den Zeitpunkt, den geförderten Wohnungsbau wieder in Gang zu bringen, hat der sächsische Innenminister 2014 gründlich verpennt. Oder ignoriert.

Es geht ja auch im Kopf eines Innenministers zu wie im Boxkampf. Meistens haben die Leute mit dem kleinen Geldbeutel dann einfach Pech – sie erscheinen dem großen Minister als nicht so wichtig und können auch nicht so gut boxen. Also gab’s kein Geld und auch die SPD in der Regierungskoalition musste lange kämpfen, bis wenigstens 2017 so ein Mini-Programm aufgelegt wurde, damit es ab 2019 tatsächlich wieder so etwas Ähnliches wie geförderten Wohnungsbau gibt.

Aber 6,50 Euro je Quadratmeter sind natürlich weder in Dresden noch in Leipzig eine soziale Miete. Das wissen zumindest die Stadtverwaltungen, die ja viel Fleiß auf die Bürgerumfragen verwenden. Die meisten Einwohner ihrer schönen und beliebten Städte verdienen nach wie vor so wenig Geld, dass alles jenseits von 5 Euro für sie nicht nur Luxusmieten sind, sondern schlicht unerschwinglich ist. Sie blättern in Leipzig schon heute 43 Prozent ihres Einkommens für die Miete hin. Jede Mietentwicklung Richtung 6 Euro wird für sie zur finanziellen Katastrophe.

Und da liegt Leipzig mit 5,39 Euro Grundmiete (Wert von 2016) noch deutlich unter der Dresdner Mietpreisentwicklung. 2010 lag der in der Bürgerumfrage ermittelte Wert bei 5,12 Euro. Das ist nur eine 5-prozentige Steigerung im selben Zeitraum, wie ihn Dresden erfasst hat. Bedingt auch dadurch, dass die Leipziger Einkommen auch noch deutlich unter den Dresdner Einkommen liegen.

Und Dresden: „Gegenüber 2010 sind die Nettokaltmieten der Kommunalen Bürgerumfrage um insgesamt 13,1 Prozent gestiegen. Das entspricht einer jährlichen Mietsteigerung von 2,1 Prozent. Die mittleren Nettokaltmieten des Dresdner Mietspiegels stiegen um 15,1 Prozent und somit 2,2 Prozent pro Jahr. Damit erhöhten sich die Dresdner Mieten etwas stärker als der deutschlandweite Mittelwert, der laut F+B-Mietspiegelindex im Zeitraum von 2010 bis 2016 im Mittel um 1,8 Prozent pro Jahr zunahm.“

Was natürlich daran liegt, dass auch Dresden keinen geförderten Wohnungsbau hatte. Und Bauträger sind nun einmal gezwungen, kostendeckend zu bauen. Und jeder Bauträger – egal, ob privat, genossenschaftlich oder kommunal – kann auf das ausufernde Regelwerk verweisen, mit dem die Bundesregierung in den letzten zehn Jahren das Bauen schweineteuer gemacht hat. Vor zehn Jahren konnte man noch so bauen, dass am Ende eine Quadratmetermiete von 5 Euro herauskam. Da erzählten Mieten von 10 Euro noch davon, dass es entweder eine exzellente (und teure) Lage war, drinnen luxussaniert wurde und/oder die Ausstattung besonders üppig ausgefallen war.

Heute können nicht einmal mehr Wohnungen ohne gehobenen Standard preiswerter gebaut werden.

„Durchschnittlich sind die Neubaumieten von 2012 bis 2017 von 7,30 Euro pro Quadratmeter auf 10,43 Euro pro Quadratmeter gestiegen, was einer Zunahme um 42,9 Prozent entspricht (empirica-Preisdatenbank)“, geht die Stadt Dresden auf das Triebmittel dieses Preisaufwuchses ein. „Die höchsten mittleren Neubaumieten von über 10,50 Euro/m² werden in der Altstadt sowie in den Stadtteilen Wilsdruffer Vorstadt/Seevorstadt-West, Friedrichstadt, Äußere Neustadt und Leipziger Vorstadt erreicht.“

Und natürlich macht sich hier auch bemerkbar, dass Dresden seit dem Verkauf der stadteigenen WOBA 2005 selbst nicht mehr regulierend eingreifen konnte auf dem eigenen Wohnungsmarkt. Die Leipziger LWB wirkt – zusammen mit den Wohnungsgenossenschaften – nach wie vor preisdämpfend auf den Wohnungsmarkt in Leipzig. Weshalb auch die Dresdner inzwischen wieder eine eigene Wohnungsbaugesellschaft gegründet haben und in den geförderten Wohnungsbau eingestiegen sind.

Linke-Stadträtin kritisiert den Verlust preiswerten Wohnraums in der Leipziger Südvorstadt

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