Der neue Leipziger Quartalsbericht ist da. Am Montag, 8. September, legte ihn das Amt für Statistik und Wahlen vor. Quasi als Pausenfüller, bis sich die Mitarbeiter des Amtes gleich wieder in den nächsten Wahlakt stürzen müssen. Noch ist offen, ob nun am 12. Oktober gewählt wird oder nicht. Und die verstörendste Frage dabei ist: Wer wählt eigentlich?
Denn Leipzig hat sich ja seit Mai 2014 verändert. Ist zum Beispiel weiter gewachsen in eben dem Tempo, mit dem die Stadt nun seit drei Jahren an Bevölkerung dazu gewinnt – 2 Prozent jedes Jahr. Damit ist Leipzig auch deutschlandweit einzig. Was natürlich bergeweise Probleme mit sich bringt, denn das Geld, das Leipzig zur Verfügung hat, um seine Infrastrukturen entsprechend anzupassen, stagniert seit Jahren. Ob nun neue Kindertagesstätten oder neue Schulen – die Gelder müssen in einem Haushalt gefunden werden, der schon für eine 500.000-Einwohner-Stadt zu knapp bemessen war. Was nicht unbedingt an der Wirtschaft liegt – die mausert sich, auch das zeigt die Statistik. Nur landen die neu erwirtschafteten Steuern nur zu einem geringen Teil in Leipzig. Und die Umverteilungsmechanismen in der Bundesrepublik und im Freistaat funktionieren schon lange nicht mehr, wie sie müssten.
Ein eigenes Thema, sicher.
Doch es ist auffällig genug, dass Leipzigs Einnahmen eben nicht parallel ansteigen mit der Bevölkerungszahl. 531.562 ist nun die offizielle, vom Landesamt für Statistik gemeldete Einwohnerzahl für Leipzig zum 31. Dezember 2013. Das waren 10.724 Einwohner mehr als ein Jahr zuvor.
Damit hat Leipzig auch Dresden wieder hinter sich gelassen. Und wächst munter weiter.
Das Landesamt braucht immer recht lange, bis es offizielle neue Bevölkerungszahlen auf der Berechnungsbasis des Zensus 2011 herausgibt.
Deswegen arbeitet das Amt für Statistik und Wahlen der Stadt Leipzig in den Quartalsberichten schon seit geraumer Zeit mit einer anderen Zahlenbasis: den Zahlen aus dem Einwohnermelderegister. Die unterscheiden sich von denen der offiziellen Fortschreibung. Bis 2011 lagen sie in der Regel um einige 1.000 Personen unter der amtlichen Bevölkerungszahl. Seit Veröffentlichung der Zensus-Ergebnisse ist es nun andersherum, stehen im Einwohnermelderegister ungefähr 8.000 Leipziger mehr als in der amtlichen Statistik.
Woran es liegt, kann niemand sagen. Dass sich im Einwohnermelderegister Fehler ansammeln, weil Bürger sich nicht abmelden oder aus anderen bürokratischen Gründen falsch in der Datei stehen, ist bekannt. Dafür gibt es in größeren Jahresabständen Registerbereinigungen, bei denen die Meldekarten jener Personen aussortiert werden, die ganz bestimmt nicht mehr in Leipzig wohnen.Schwieriger ist es nun mit der amtlichen Zensus-Zahl, die eine Hochrechnung ist. Da wirkt die Angst der 1980er Jahre nach, als die Bundesbürger noch auf die Straße gingen, um zu verhindern, dass der Staat all ihre Daten bekommt. Das war nicht nur das Zeitalter vor dem Internet, es war auch das vor den Social Media und den heutigen Datensammeleien auf digitaler Basis, gegen die der Bürger zwar murrt – aber nicht mehr auf die Straße geht.
So gibt es eine amtliche Einwohnerzahl, von der man nur hoffen kann, dass sie der Realität einigermaßen nah kommt. Mehr nicht.
Und man hat die Zahl aus dem Einwohnermelderegister. Für den 31. Dezember 2013 zum Beispiel waren das 539.348. Es darf gewürfelt werden, welche nun der möglichen richtigen Einwohnerzahl am nächsten kommt. Weil man das Einwohnermelderegister recht zeitnah auswerten kann, steht im neuen Quartalsbericht natürlich auch die neue Zahl für den Juni 2014. Da vermerkte das Leipziger Einwohnerregister schon mal 543.629 Einwohner. Das waren mal wieder 4.281 mehr als noch im Dezember. Und, so bestätigt Peter Dütthorn aus dem Amt für Statistik und Wahlen, das waren auch mehr, als im ersten Halbjahr 2013 dazu kamen. Leipzig behält also das forsche Wachstumstempo bei und steuert 2014 auf einen neuen Rekord zu.
Selbst wenn man die 4.281 neuen Einwohner zur amtlichen Zahl des Landesamtes im Dezember addiert, kommt man für Juni schon auf eine Einwohnerzahl von 535.843. Das hat Auswirkungen, natürlich auch auf die Geburtenrate. Im ersten Halbjahr 2014 wurden in Leipzig 2.968 Kinder geboren. Im selben Vorjahreszeitraum waren es 2.778. Was ja wohl heißt, dass in diesem Jahr die Zahl von 6.000 Geburten erreicht wird. Ruth Schmidt, Leiterin des Amts für Statistik und Wahlen, meint zwar, das könne man mit einem lachenden und einem weinenden Auge betrachten.
Neues aus dem Quartalsbericht (2): Jetzt zieht es auch die jungen Familien in die Metropole
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Aber das weinende Auge gilt im Grunde nur einer Politik, die nun seit fünf Jahren mit aller Macht die Realität in Sachsen ignoriert, Gelder falsch verteilt, verkniffen geknausert hat, wo schlicht in Kinder, Zukunft und Bildung hätte investiert werden müssen. Was übrigens auch Wirtschaftsinvestitionen sind.
Da geht es nicht nur um lächerliche Umwegrenditen wie bei Katholikentagen oder Tourismuskampagnen. Aber bis diese Erkenntnis die Regierungsebene erreicht, muss wohl erst ein Finanzminister verabschiedet werden.
Denn eins ist Fakt: Die Wanderbewegung aus den ländlichen Regionen in die Großstädte hält weiter an. Die letzte sächsische Regierung hat sogar das Kunststück fertig gebracht, diesen Trend zu verstärken. Was jetzt zusätzlich ein neues Phänomen in der Leipziger Zuzugsbewegung erzeugt: Es sind nicht mehr nur die jungen Leute, die zu Ausbildung und Studium nach Leipzig kommen, die Leipzig wachsen lassen.
Aber dazu morgen mehr an dieser Stelle.
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